UN-Klimakonferenz: "Polen spielt eine sehr zweifelhafte Rolle"

Der Klimaaktivist und Grüne Artur Wieczorek begleitet als Teil der Stiftungsdelegation aktuell die UN-Klimakonferenz in Warschau. Im Interview spricht er von der zweifelhaften Rolle Polens als Gastgeber der Konferenz und erzählt vom Kampf der Klimaaktivisten gegen die mächtige Kohlelobby.

 

Welche Rolle spielt Polen als Gastgeberland der Klimakonferenz?

Polen spielt eine sehr zweifelhafte Rolle. Der für die Verhandlungen zuständige aktuelle Umweltminister war zuvor im Wirtschaftsministerium tätig; und davor war er Teil der Gruppe, die den Beitritt Polens zur EU verhandelt hat. Er ist also nicht unbedingt ein Klimaexperte. Im Gegenteil: Er ist klar der Wirtschaft zugewandt.

Die polnische Position in den Verhandlungen ist klar: Solange nicht alle mitmachen, wird auch Polen nicht mitmachen. Da spielt es keine Rolle, ob die Klimaverhandlungen hierzulande stattfinden. Als zusätzliches Argument führt die Regierung zudem ins Feld, dass Polen nur 1 Prozent der globalen Emissionen verursacht und gleichzeitig seine Emissionen seit 1988 bereits um ca. 30 Prozent gesenkt habe. Dagegen habe es großen Entwicklungsbedarf, der durch Klimaschutzziele nicht behindert werden dürfe.

Warum hat sich Polen überhaupt um die Klimakonferenz beworben?

Ehrlich gesagt weiß das keiner so wirklich. Grundsätzlich bringt die Ausrichtung einer solchen Konferenz natürlich internationales Prestige und gibt Warschau als Stadt auch die Möglichkeit, sich als Touristenattraktion zu etablieren. Zudem glaube ich, dass die Regierung den UNFCCC-Prozess dazu nutzen will, die mehr oder weniger ambitionierte Klimapolitik auf EU-Ebene weiter zu blockieren.

Gibt es eine polnische Klimabewegung und wie steht sie zur polnischen Position in Sachen Umwelt- und Klimapolitik?

Ja, die gibt es. Allerdings steht sie einer äußerst mächtigen Kohlelobby gegenüber, deren Ziel es ist die Vormachtstellung der Kohle zu sichern. Aktuell stammen mehr als 90 Prozent des in Polen produzierten Stroms aus Braun- und Steinkohle. Die meisten Energiekonzerne sind zudem zumindest teilweise in staatlichem Besitz.

Nichts desto trotz gibt es einige Organisationen, die den Kampf gegen diese Lobby aufgenommen haben, darunter beispielsweise die polnische Klimakoalition, diverse polnische Umwelt-NGOs, Bankwatch etc. Auch Greenpeace und der WWF arbeiten hier. Und es gibt lokale Bewegungen gegen die Atom- und Kohlekraft.

Für die Klimaaktivisten – wozu ich mich auch zähle – ist die es absurd, dass eine Klima- und Energiepolitik in Polen de facto gar nicht existiert. Die Geschichte, von den 30 Prozent-Emissions-Reduktionen, die uns die Regierung glauben machen will, haben nichts mit erfolgreicher Klimapolitik zu tun, sondern sind lediglich der Effekt des zusammengebrochenen Kommunismus und der damit verbundenen Transformation der Wirtschaft. Leider vergibt sich Polen mit seiner Fokussierung auf fossile Energieträger die Chance, vorne mit dabei zu sein, wenn es um klimarelevante Innovationen geht.

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Das Interview führte Ramona Simon. Mehr Informationen zur UN-Klimakonferenz in Warschau in unserem Schwerpunkt.