Kommunalwahlen 2014 - Der Wettbewerb um Geschlechtergerechtigkeit ist wieder eröffnet

Es ist ein idealer Zeitpunkt, um ein neues Genderranking deutscher Großstädte zu veröffentlichen. Im kommenden Jahr finden in 11 Bundesländern Kommunalwahlen statt, außer in allen Ost-Ländern auch in den westlichen Flächenländern Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Damit haben sowohl die dort in den Kommunen antretenden Parteien als auch die Wähler/innen die Möglichkeit, die Gleichstellung bei kommunalen Mandaten voranzubringen. Und mehr Geschlechtergerechtigkeit in den Räten ist meist die Voraussetzung für ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis in kommunalen Führungspostionen. Der Wettbewerb um die Spitzenpostionen im Ranking ist also mit Erscheinen dieser Broschüre schon wieder eröffnet.

Dies ist das dritte Genderranking deutscher Großstädte, das die Heinrich-Böll-Stiftung bei Prof. Dr. Lars Holtkamp und Dr. Elke Wiechmann von der FernUni Hagen in Auftrag gegeben hat. Ich möchte an dieser Stelle den Wissenschaftler/innen herzlich für die engagierte und produktive Zusammenarbeit danken. Sie ermittelten erneut die Daten aus den 79 Großstädten über 100.000 Einwohner/innen und untersuchten den Anteil der Frauen an Ratsmandaten, Ausschussvorsitzen, Fraktionsvorsitzen, Dezernatsleitungen und dem Oberbürgermeisteramt. Die Daten wurden in einem Genderindex gewichtet. Das Ergebnis: Frauen sind auch 2013 gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil in den kommunalpolitischen Führungsämtern deutscher Großstädte unterrepräsentiert. Gegenüber den Vorgänger-Studien in den Jahren 2008 und 2010 sind allerdings leichte Fortschritte zu verzeichnen. So sind knapp 14% der Oberbürgermeisterämter sind von Frauen besetzt, 2010 waren es 12,7%. Leichte Steigerungen in dieser Größenordnung verzeichneten die Politikwissenschaftler/innen ebenfalls für die weiteren Positionen Dezernatsleitungen, Fraktionsvorsitze und Ausschussvorsitze – allerdings auf niedrigem Niveau. Lediglich in den Stadträten liegt der weibliche Anteil bei 33,4% (2010: 32,9%).

Der Blick auf die Städteliste birgt einige Überraschungen: Gewonnen hat dieses Mal die Stadt Trier, die in der ersten Studie von 2008 noch auf Platz 47 rangierte. Mittlerweile sind im Trierer Stadtrat 45,5% Frauen vertreten, was daran liegt, dass die Quotenparteien SPD und Grüne ihr Soll übererfüllen. Obwohl der Oberbürgermeister ein Mann ist, setzt sich ansonsten die Geschlechterparität bis in die Spitzenämter fort: 50% der Fraktionsvorsitze und zwei Drittel der Dezernate sind in weiblicher Hand. Die Mainmetropole Frankfurt, die die ersten beiden Städtevergleiche angeführt hat, hält sich zwar in der Spitzengruppe auf dem 2. Platz, aber die vorige Zweitplatzierte, die Landeshauptstadt Stuttgart, ist um 24 Plätze abgestürzt. Während Wolfsburg, Hildesheim und Pforzheim sich beachtlich verbessern, rutschen Chemnitz und Leipzig dramatisch ab. Das Schlusslicht bildet dieses Mal Magdeburg: Hier finden sich fast keine Frauen in den kommunalpolitischen Ämtern. Sogar der Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses ist ein Mann – was man unter anderen Vorzeichen ja positiv werten könnte. Wir sind überzeugt, dass das Genderranking 2013 wieder viel Stoff für Diskussionen über das Abschneiden von Frauen und Männern in der Politik vor Ort bietet – diese Diskussionen befürworten wir ausdrücklich und wünschen uns, dass sie produktiv genutzt werden können.

Schließlich zeigt die Studie zum wiederholten Male, dass der Parteienwettbewerb um Geschlechterparität in Kommunen gut ist – allerdings vornehmlich dort funktioniert, wo die Quotenparteien Grüne, SPD und Linke stark sind. Um auch die Quotenmuffel CDU und – falls in den Parlamenten präsent – die FDP an Bord zu holen, wäre eine verbindliche Quote für Parteien besser. Auch wenn in einigen Bundesländern, so z.B. Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, über gesetzliche Frauenquoten für Kommunalparlamente diskutiert und diese auch teilweise als weiche Regelungen umgesetzt wurden, bleibt hier einiges zu tun. Wenn nun schon eine Quotenregelung für die  Privatwirtschaft in greifbare Nähe rückt, darf die Politik, an die ja andere Ansprüche an Repräsentanz gelten, sich nicht mit einer unterdurchschnittlichen Performance zufrieden geben.