Doch kein privates Schwimmbad auf Staatskosten - Präsident Zuma zahlt zurück

Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma
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Jacob Zuma (Archivbild)

Das südafrikanische Präsidialamt hat überraschend verkündet, dass Präsident Jacob Zuma nun doch Teile des luxuriösen Ausbaus seines Privatanwesens in Nkandla aus eigener Tasche finanziert und damit veruntreutes Staatsgeld zurückzahlt.

Bislang scheute Zuma vor keiner Taktik zurück, um den kritischen Untersuchungsbericht der Ombudsfrau Thuli Madonsela über den Ausbau anzufechten. Nach zwei Jahren der systematischen Leugnung, Ablenkungsmanöver und Gesetzesbeugungen kommt der Präsident nun aber doch zu dem Schluss, einen Teil des veruntreuten Staatsgeldes aus eigener Tasche zurück zu zahlen wie von Madonsela empfohlen – gerade rechtzeitig vor dem Beginn der Verhandlungen vor dem Verfassungsgericht am 9. Februar. Hier soll auf Initiative von Oppositionsparteien und der Ombudsfrau selbst endgültig geklärt werden, ob ihre Untersuchungsbefunde als verbindlich gelten.

Das  Ombudsamt (public protector) untersucht Beschwerden gegen Misswirtschaft in Regierungseinrichtungen. Zur Geburtsstunde der südafrikanischen Demokratie im Jahr 1994 eingerichtet, soll es zusammen mit anderen unabhängigen sog. Chapter 9-Institutionen die demokratische Verfasstheit des Landes schützen. Wegen der grassierenden Korruption in den eigenen Reihen ist die unerschrockene Anwältin Madonsela, die seit 2009 das wichtige Amt innehat, dem regierenden African National Congress (ANC) jedoch inzwischen ein Dorn im Auge.

200.000 Euro teures Schwimmbad als Löschteich

“Sicher im Komfort” lautet der ironische Titel der brisanten Untersuchung, die Madonsela im Jahr 2014 der Öffentlichkeit vorstellte. Sie belegte nicht nur, dass sogenannte „notwendige Sicherheitsausbauten“ in Zumas Privatresidenz inflationär hoch berechnet wurden, sondern auch dass seine Familie von den Ausbauten teilweise ungebührlich profitierte. Anstatt den Präsidenten zu befragen, wie es die Verfassung vorsieht, richtete das Parlament unter Federführung der ANC-Mehrheitsfraktion stattdessen ein Komitee ein, das den Bericht der Ombudsfrau ins Visier nahm. Gleichzeitig wurde Polizeiminister Nkosinathi Nhleko von Zuma damit beauftragt festzustellen, wie viel Geld er tatsächlich zurück zu zahlen habe. In einem wortakrobatischen Gegenbericht vom Mai 2015 kam Nhleko wenig überraschend zu dem Ergebnis, dass alle Ausbauten sicherheitstechnisch notwendig gewesen seien und daher zu dem Schluss, dass der Präsident dem Staat keinen Cent schulde. Unter anderem versuchte er der Öffentlichkeit ein 200.000 Euro teures Schwimmbad als Löschteich zu verkaufen, das angeblich der Feuerwehr im Notfall als Wasserreservoir dienen solle. Dies trat nicht nur einen satirischen Twittersturm los, sondern stellte erneut die Ernsthaftigkeit der Regierung in dieser Angelegenheit in Frage. Bereits im Jahr zuvor hatte die damalige Polizeikommissarin Riah Phiyega die gleiche Behauptung aufgestellt, allerdings damals noch eine grobe Abfuhr durch den ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe dafür erhalten.   

Denselben Polizeiminister, der sich in braver Loyalität zum Gespött der Öffentlichkeit machen ließ, ließ Zuma nun kalt im Regen stehen: Der Anwalt Zumas gab vor dem Verfassungsgericht zu, dass Nhlekos Bericht keinerlei rechtliche Grundlage habe und dass der Präsident selbstverständlich vorhabe, sich an die Anordnungen der Ombudsfrau halten. Er habe lediglich etwas Zeit gebraucht, um das Gesetz zu verstehen, so die Erklärung. Geholfen im Lernprozess hat bestimmt der Ausgang eines Gerichtsverfahren zwischen der Oppositionspartei Democratic Alliance und der staatlichen Fernsehanstalt SABC. In diesem Präzedenzfall entschied das Gericht, dass den Feststellungen Madonselas Folge zu leisten sei. Die Ombudsfrau hatte in einem weiteren Bericht mehrere Amtsvergehen des SABC-Geschäftsleiters dokumentiert. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens hatte der Sender daraufhin verweigert.

Unmut in der schwarzen Mittelschicht

Warum die plötzliche Kehrwende? Es liegt auf der Hand, dass es den Anwälten Zumas klüger erschien, das präsidentiale Verhalten als „Fehler“ zu verschleiern und Zugeständnisse zu machen anstatt eine Gerichtsverhandlung zu verlieren. Denn sollten die Verfassungshüter zum Schluss kommen, dass sich Zuma wissentlich über Gesetze hinweggesetzt und die Verfassung verletzt habe, könnte ein Amtserhebungsverfahren drohen. Bei der gegenwärtigen Mehrheit des ANC im Parlament erscheint es zwar eher unwahrscheinlich, dass das Parlament eine solche Enthebung veranlassen würde. Die zu erwartende Legitimitätskrise würde aber den gegenwärtigen Vertrauensverlust in die Regierungspartei noch verschlimmern. Diese hat bereits mit einer schrumpfenden Wirtschaft, sozialen Protesten und Studentenrebellionen zu kämpfen.

Auch die für Mitte des Jahres angesetzten Kommunalwahlen dürften eine Rolle in der Entscheidung Zumas gespielt haben. Erstmals seit 1994 besteht das Risiko, dass der ANC  in mehreren der großen Ballungszentren seine Regierungsmehrheiten verliert. Hierzu gehören neben Port Elizabeth sogar Johannesburg und Pretoria. Gerade in den städtischen Gebieten ist der Unmut über das Nkandla-Debakel besonders groß. Dies gilt auch für Teile der ANC-Wählerschaft und insbesondere die schwarze Mittelschicht, die sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten herausgebildet hat. Dass die Regierungspartei deshalb Interesse daran hat, die Angelegenheit endlich aus der Welt schaffen, steht daher kaum in Frage. Die selbst eingeleitete Kehrtwende bietet dem ANC die Gelegenheit, Zuma als einen Mann darzustellen, der letztlich die richtigen Entscheidungen trifft. Dieser PR-Trick wurde bereits von der Partei benutzt, um dem Desaster um die überraschende Absetzung eines kompetenten, aber kritischen Finanzministers und die Ernennung eines unbekannten Funktionärs an seiner Stelle im vergangenen Dezember zu begegnen. Gesellschaftlicher und politischer Druck veranlasste Zuma damals, mit Pravin Gordhan den Finanzposten an jemanden zu übergeben, der das Vertrauen der Südafrikaner genießt.

Ein Sieg für die Opposition

Es wird langsam enger für Zuma. Bis vor kurzem wurde der Präsident noch als unverwüstlicher Herrscher des ANC gehandelt. Seinen Führungsanspruch untermauert er mit der Hilfe seiner Fürsten in den ländlichen Provinzen des Landes, den Parteivorsitzenden in Free State, North West und Mpumalanga. Der Aufruhr um den Finanzminister hat dieses Image bereits stark angekratzt. Noch ist es so, dass  sich der ANC nach außen hin weiterhin fest um seinen Präsidenten schart. Ob dies angesichts der Tatsache, dass Zuma nun einige seiner schärfsten Verfechter  übergangen hat, in den kommenden Monaten und nach den Kommunalwahlen immer noch so sein wird, bleibt abzuwarten. Auch die ANC-Parlamentarier, die bisher bereit waren, jegliches Fehlverhalten an ihrer Spitze durchzuwinken, werden in Zukunft sicherlich etwas vorsichtiger sein und die Gesetze genauer studieren. In der „State of the Nation Address“, mit der Zuma am 11. Februar das Legislaturjahr im von Sicherheitsbeamten abgeschirmten Parlament eröffnete, während sich Demonstranten Straßenschlachten lieferten, wirkte der Präsident weniger selbstbewusst als in den Jahren zuvor. So sicherte er der Nation zu, dass man den in die öffentliche Kritik geratenen Plan eines Nuklearenergieabkommen mit Russland nur nach einer genauen Überprüfung der Kosten vorantreiben werde.

Die Oppositionsparteien verbuchen die neuesten Entwicklungen natürlich als einen klaren Sieg für sich. Allen voran versuchen die jungen und lautstarken Economic Freedom Fighters, angeführt von dem früheren Vorsitzenden der ANC-Jugendliga Julius Malema, ihren Triumph politisch für sich auszuschlachten. Ihre unerlässliche Aufforderung an Zuma und der Schlachtruf “Pay Back the Money!”, mit welchem sie das Parlament im vergangenen Jahr mehrmals lahmlegten, hat sich durchgesetzt. Allerdings will sich die Partei nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Stattdessen hat sie bereits eine neue Kampagne ins Leben gerufen, die auf die einflussreiche indische Gupta-Familie abzielt, welcher sie vorwirft durch Zuma im Hintergrund die politischen Strippen des Landes zu ziehen und den Staat zu unterhöhlen. Dies mag zwar an den tieferen und strukturellen Problemen des ANC und des Landes vorbeigehen, kommt aber bei manchen Wählern gut an. In der Vergangenheit hat die Gupta-Familie bereits für Aufruhr gesorgt, nachdem aufgedeckt wurde, dass bei einer Hochzeit die Gäste aus Indien an einem ansonsten für die Öffentlichkeit streng abgeriegelten Militärflughafen landen durften.

Gerichte als politische Schiedsrichter

Insgesamt hat der Nkandla-Skandal viel Schaden an der Demokratie in Südafrika angerichtet. Die Tatsache, dass es bis zu einem Verfahren vor dem Verfassungsgericht kommen musste, um den höchsten Amtsträger zu zwingen die Verfassung zu respektieren, ist ein trauriges Zeichen für die Moral der politischen Elite und insbesondere für das Parlament als Aufsichtsinstitution. Der politische Antagonismus zwischen den Parteien und die manchmal schwer nachvollziehbaren Verhaltens- und Denkmuster von Teilen des ANC drängte die südafrikanischen Gerichte in den vergangenen Jahren immer mehr in die Rolle eines politischen Schiedsrichters. Dies setzt die Judikative auf direkten Kollisionskurs mit der Exekutive und übt zunehmend Druck auf die Unabhängigkeit der Gerichte aus.

Gleichzeitig stehen nun die Gewalten des Ombudsamtes für jeden unumstößlich klar im Raum. Sollte sich Zuma nicht dazu entscheiden eine politische Marionette in das Amt zu nominieren, wenn Madonsela im Oktober ihre Stelle verlässt, ist das Nkandla-Urteil auch ein Sieg für Demokratie und politische Rechenschaftspflicht. Ob der ANC tatsächlich an Zustimmung eingebüßt hat und ob die Oppositionsparteien auch an der Wahlurne als Gewinner hervorgehen, wird sich erst am Wahltag zeigen. Durch die Reihen der Zivilgesellschaft ging in den vergangenen Wochen jedenfalls ein Aufatmen. Denn auch wenn der ANC weiterhin Mehrheiten bekommt, haben die jüngsten Ereignisse Grenzen aufgezeigt, die in Zukunft nicht mehr einfach überschritten werden können.