Büro Rio de Janeiro - Brasilien

Die Heinrich-Böll-Stiftung engagiert sich in Brasilien für einen kritischen Dialog zu Klima-, Umwelt- und Ressourcenpolitik. Außerdem fördert sie Debatten und Analysen zu Sicherheits- und Geschlechterpolitik, sowie zur Krise der politischen Institutionen und den Herausforderungen einer digitalen Gesellschaft.

Teamfoto: Elf Menschen sitzen bzw. stehen zusammen vor einem Fenster

Die Heinrich-Böll-Stiftung in Brasilien unterstützt den nationalen und internationalen Austausch zu den von uns bearbeiteten Themen und die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen und Netzwerken am politischen Dialog zwischen Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Regierungsinstitutionen. Auch klassische Menschenrechtsarbeit, die Fortbildung von Medienschaffenden und die Stärkung von Frauenrechten werden gefördert.

In den Jahren der Bolsonaro-Regierung (2019-2022) war ein politischer Austausch mit Entscheidungsträger*innen für die kritische Zivilgesellschaft nicht möglich. Die Stiftung hat in diesen Jahren besonders stark auf die Verbreitung von Gegennarrativen zum rechtsextremen Diskurs der Regierung gesetzt. Sie  verstärkte die Öffentlichkeitsarbeit zivilgesellschaftlicher Netzwerke via Podcasts, in den sozialen Medien oder in der alternativen Presse (darunter Midia Ninja, O Joio e o Trigo, Revista Forum und das Observatório da Mineração). Diese Zusammenarbeit wird angesichts der Stärke der extremen Rechten fortgeführt, auch wenn es einen Regierungswechsel gegeben hat und der politische Dialog mit Entscheidungsträger*innen wiederaufgenommen wurde.

2023 wurde Lula da Silva zum dritten Mal als Präsident Brasiliens vereidigt. Seine Regierung steht vor enormen Herausforderungen. Unter der rechtsextremen Vorgängerregierung wurden zahlreiche demokratische Institutionen des Landes geschwächt oder sogar zerstört. Der Wiederaufbau wird nicht von heute auf morgen gelingen, aber die Zeit drängt. Völlig zerstört wurde z.B. die Umweltpolitik. Gleichzeitig ließ Bolsonaro Landräuber*innen und illegalen Goldsucher*innen v.a. in Amazonien völlig freie Hand. Die Zahlen zur Entwaldung wuchsen dramatisch und die durch die Goldsuche verursachten Vergiftungen der Flüsse haben lebensbedrohliche Auswirkungen für die lokale indigene Bevölkerung.

Der Wiederaufbau der Umweltschutzinstitutionen braucht seine Zeit und da es im Land überall an Mitteln fehlt ist gerade die internationale Zusammenarbeit hier sehr gefragt. Dabei gehen allerdings wichtige und wertvolle Ansätze mit zahlreichen falschen Versprechungen und mit Ansätzen zur Ausbeutung der Natur Hand in Hand. Die Stiftung fördert den Austausch zur neuen, aktiven Rolle Brasiliens in der internationalen Klimapolitik (z.B. über die Plataforma Cipó) und unterstützt zivilgesellschaftliche Partnerorganisationen, wie FASE und die Grupo Carta de Belém, die den Wiederaufbau der Umweltpolitik eng begleiten und z.B. die Versprechen der Grünen und der Bio-Ökonomie auf Greenwashing überprüfen.

Unter dem Blickwinkel der Förderung einer sozialökologischen Transformation auch in Brasilien werden die Entwicklungen im Energiesektor eng begleitet. Zum Beispeil werden die Für und Wider zum Thema Grüner Wasserstoff in Brasilien zusammengefasst und in die internationale und deutsche Debatte eingespeist. Fazit ist letztlich, dass es keine einfache Lösung für ein Weiter-so bei Wachstum und Entwicklung gibt.

Pandemie und Wirtschaftskrise, und vor allem der Umgang der Bolsonaro-Regierung damit, haben dazu geführt, dass Hunger wieder ein Thema in Brasilien geworden ist. Knapp 19 Prozent der Bevölkerung leiden Hunger, mehr als die Hälfte der Menschen hat nicht jeden Tag genug zu essen. Gleichzeitig ist der Agrarsektor die stärkste ökonomische Kraft des Landes. Ein beispielloser, unhinterfragter Einsatz von Agrargiften wird über kurz oder lang erhebliche Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung haben. Hier leistet die Stiftung Aufklärungsarbeit mit eigenen Materialien, unterstützt gezielt Initiativen, die sich für einen Umbau der Landwirtschaft hin zur Agrarökologie einsetzen und beleuchtet gleichzeitig die internationalen Dimensionen in der Nahrungsmittelproduktion.

Zur Stärkung von Frauenrechten arbeitet die Stiftung mit feministischen Bewegungen zusammen, die sich für ein Ende der Gewalt gegen Frauen und für die Gewährleistung ihrer sexuellen und reproduktiven Rechte einsetzen, darunter CFEMEA, SOS Corpo, Odara und Koinonia. Im Fokus steht auch die Analyse der zunehmenden religiösen Fundamentalismen und der verstärkte Einfluss von Religion auf Politik und Gesellschaft, der zum Teil auch aus einem Glaubwürdigkeitsverlust der Politik herrührt.

Zu den Angriffen der Vorgängerregierung auf die Demokratie gehörte die Tolerierung stark wachsender Milizen (besonders in Rio de Janeiro) sowie die Ausdehnung von Strukturen organisierter Kriminalität z.B. in der Amazonasregion. Partnerorganisationen wie GENI und Grupo Ilegalismos tragen hierzu wertvolle Daten, Fakten und Analysen zusammen, um auf die politische Dimension dieser Machtstrukturen hinzuweisen. Dieses Wissen wird gezielt auch an Entscheidungsträger*innen weitergegeben.

Und schließlich fördert die Stiftung in Brasilien unter dem Stichwort Technopolitik das Zusammenwirken von Politik und digitalen Rechten, sowie die Beratung zu rechtlichen Rahmen für das Internet, für den Umgang mit Fakenews und mit künstlicher Intelligenz. Brasilien ist ein Land, das technisch in vielem längst an Deutschland vorbeigezogen ist, in den rechtlichen Bereichen aber erst spät reagiert und selbst bei vorhandener und guter Gesetzeslage, nicht immer über die notwendigen Kontrollmöglichkeiten verfügt. Hier unterstützt die Stiftung die Bewusstseinsbildung, auch zur Notwendigkeit von weiterreichendem Datenschutz.

 

Büro Rio de Janeiro, Brasilien
Leitung: Regine Schönenberg

Kontakt:
Fundação Heinrich Böll
Rua da Glória 190, Ap. 701
2011180 Rio de Janeiro – Gloria
Brasilien

Fon: +55-21-3221 9900
E-Mail: br-info@br.boell.org

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