Glossar zum Atomwaffensperrvertrag

NVV, INF, NPT und Austrian Pledge. Sie haben keine Ahnung, was das heißt? Das Glossar erklärt die wichtigsten Begriffe atomarer Abrüstung.

Atomwaffenstaaten

Im Nichtverbreitungsvertrag werden nur fünf der neun Staaten, die im Besitz von Atomwaffen sind, anerkannt: die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China. Diese sind die Staaten, die vor dem Abschluss des NVV bereits Atomwaffen getestet hatten. Seitdem haben Indien, Israel, Pakistan und Nordkorea Atomwaffen außerhalb des Vertrags entwickelt.

 

Austrian Pledge

Zum Schluss der Wiener Konferenz zu den humanitären Auswirkungen von Atomwaffen am 9. Dezember 2014 erklärte Österreich seine Absicht, sich dafür einzusetzen, die Rechtslücke im Völkerrecht zu schließen und Atomwaffen ächten zu lassen. Die Rechtslücke besteht darin, dass Atomwaffen als einzige Massenvernichtungswaffen keinem spezifischen völkerrechtlichen Verbot unterliegen. Österreich lud andere Staaten dazu ein, sich dieser Erklärung anzuschließen. Bisher sind rund 80 Staaten dieser Einladung gefolgt - genug, um Verhandlungen über einen neuen völkerrechtlichen Vertrag zu beginnen.

 

Humanitäre Initiative

Seit 2012 gibt es eine wachsende Gruppe von Staaten, die sich mit Hilfe der internationalen Zivilgesellschaft dafür einsetzt, die humanitären Folgen von Atomwaffen in das Zentrum der Debatte zu rücken. Mit sechs Statements und drei Staatenkonferenzen ist die Zahl der Staaten in dieser Initiative von 16 innerhalb von drei Jahren auf nun 160 angestiegen - das sind 80% der Staatengemeinschaft. Ziel der Initiative ist, Atomwaffen ähnlich wie andere inakzeptable Waffen zu betrachten, die nicht im Einklang mit humanitärem Völkerrecht eingesetzt werden können.

 

INF-Vertrag

1987 wurde den Vertrag zur Beseitigung aller Mittelstrecken (Intermediate Nuclear Forces, INF)  in Europa abgeschlossen. Damit wurde die wohl brisanteste Phase des Kalten Krieges mit der Eliminierung einer ganzen Klasse von Atomwaffen beendet, die ihren Besitzern eine Erstschlagskapazität verliehen hatte. Die Pershing-II-Raketen, bodengestützte Cruise Missiles und SS-20-Raketen wurden so beseitigt. Heute werfen sich Russland und die USA gegenseitig Verstöße gegen diesen Vertrag vor.

 

Nichtatomwaffenstaaten

Die Staaten, die keine Atomwaffen besitzen, werden negativ als Nichtatomwaffenstaaten bezeichnet. Diese Staaten haben sich im NVV verpflichtet, keine Atomwaffen zu erwerben oder zu entwickeln. Fünf der Nichtatomwaffenstaaten lagern dennoch Atomwaffen auf ihrem Territorium: Deutschland, Belgien, die Niederlande, Italien und die Türkei. Diese Staaten haben in Friedenszeiten keine Verfügungsgewalt über die Atomwaffen, ihre Piloten trainieren jedoch für den Ernstfall.

 

Nichtverbreitungsvertrag

seit 1970 in Kraft und von bisher 191 Staaten unterzeichnet, wurde mit dem Vertrag ein Deal zwischen den Unterzeichnerstaaten gemacht: Die fünf Atomwaffenstaaten werden ihre Atomwaffen abrüsten (der Vertrag sieht jedoch keinen Zeitplan vor), während alle weiteren Staaten keine Atomwaffen erwerben oder entwickeln dürfen. Als Anreiz zum Beitritt wurde darüber hinaus festgehalten, dass alle das Recht auf die zivile Nutzung der Atomenergie haben.

 

NVV, NPT

sind die Abkürzungen für die verschiedenen Namen des Nichtverbreitungsvertrages (NVV), auch Atomwaffensperrvertrags genannt. Offizieller Name des Vertrags ist Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons, kurz Non-Proliferation Treaty (NPT).

 

Safeguards

Gemäß dem Atomwaffensperrvertrag wacht die Internationalen Atomenergie Organisation darüber, dass Nichtatomwaffenstaaten keine Atomwaffen entwickeln. Hierzu sind sie verpflichtet, ein Abkommen mit der IAEO abzuschließen. Ein solches Safeguards-Abkommen erlaubt der IAEO, ihrer Kontrollarbeit nachzugehen, um sicherzustellen, dass zivile Anlagen nicht für militärische Zwecke missbraucht werden. Nach der Entdeckung des irakischen Atomprogramms Anfang der 1990er wurde eine Zusatzvereinbarung eingeführt (Additional Protocol), die tiefergehende (und unangekündigte) Inspektionen erlaubt.

 

Sicherheitsgarantien

Die Atomwaffenstaaten gewähren Nichtatomwaffenstaaten zwei Arten von Sicherheitsgarantien. Die so genannten negativen Sicherheitsgarantien (negative security assurances) sind ein Versprechen, atomwaffenfreie Staaten nicht mit Atomwaffen anzugreifen - oft wird dies auf solche Staaten eingeschränkt, die nach Lesart des jeweiligen Atomwaffenstaaten im Einklang mit ihren NVV-Verpflichtungen stehen. Positive Sicherheitsgarantien sind Zusagen an Bündnispartner, diese unter Einsatz von Atomwaffen zu verteidigen - etwa die erweiterte Abschreckung der NATO.

 

Überprüfungskonferenz

Alle fünf Jahre seit dem Inkrafttreten 1970 wird die Umsetzung des Nichtverbreitungsvertrages in einer Review Conference (RevCon) überprüft. Dies ist die neunte Überprüfungskonferenz. Dazwischen halten die Unterzeichnerstaaten jährlich Vorbereitungstreffen ab, die Preparatory Committee (PrepCom) heißen. 1995 wurde der Vertrag nicht nur überprüft, sondern auch unbefristet verlängert, da er ursprünglich für nur 25 Jahre galt. Am Ende jeder vierwöchigen Überprüfungskonferenz gibt es entweder eine Zusammenfassung durch den/die Konferenzvorsitzende(n) oder, sofern Konsens erlangt werden konnte, ein gemeinsames Abschlussdokument. Im Jahr 2000 wurde die 13 praktischen Schritte und 2010 der NVV-Aktionsplan vereinbart. Beide wurden wiederum nicht umgesetzt, mit Ausnahme des Atomteststoppvertrags, der jedoch seit 1996 immer noch nicht in Kraft getreten ist.

 

Universalität

Vier Staaten bleiben außerhalb des Atomwaffensperrvertrags, und sind im Besitz von Atomwaffen: Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea. Sie werden oft als „De-Facto“-Atomwaffenstaaten bezeichnet. Mit Universalität ist gemeint, dass sich auch diese Staaten dem Vertrag anschließen sollen. Allerdings können nur Staaten, die vor 1967 Atomtests durchgeführt haben, als Atomwaffenstaat anerkannt werden. Im Kern ist die Forderung nach Universalisierung daher eine Forderung nach einseitiger Abrüstung. Einige „De-Facto“-Atomwaffenstaaten sehen den NVV daher als diskriminierend und fordern einen neuen Vertrag, der alle Staaten gleich behandelt.

 

Verbotsvertrag

Die Mehrheit der atomwaffenfreien Staaten fordern die Ächtung aller Atomwaffen. Die Atomwaffenstaaten weigern sich, einen solchen Vertrag auszuhandeln. Daher besteht die Überlegung, diesen Vertrag zunächst ohne die Atomwaffenstaaten aushandeln. Unter dem Begriff Verbotsvertrag (Ban Treaty) versteht man das mit Landminen und Streumunition erprobte Konzept eines Vertrages, der zunächst von der Mehrheit der Staaten angenommen wird, und durch die Besitzerstaaten dann nach und nach als Norm akzeptiert wird. Die meisten geächteten Waffensysteme werden in aller Regel verboten, bevor sie abgeschafft werden können, nicht anders herum.

 

Weiterverbreitung

Die Weitergabe oder Proliferation von Atomwaffen ist im Atomwaffensperrvertrag verboten. In englischer Sprache spricht man von horizontal und vertical proliferation: Weiterverbreitung beschreibt die horizontale Proliferation. Vertikale Proliferation ist die Aufrüstung. Die Nichtverbreitung oder non-proliferation beschreibt die Bemühung, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Counterproliferation bedeutet Aktivitäten, um die Weiterverbreitung zu verhindern, z.B. militärische Intervention in Ländern unter Verdacht, ein Atomwaffenprogramm zu betreiben. Dass Atomwaffenstaaten und ihren Bündnispartner nukleare Abrüstung als zentral für ihre nationale Sicherheit darstellen, kann allerdings als Anreiz zur Weiterverbreitung angesehen werden, da Atomwaffen so als erstrebenswert und sinnvoll dargestellt werden.

 

Mehr Fachtermini und weitere Details finden sich unter www.atomwaffenA-Z.info