Justizskandal in der Türkei: Lebenslange Haft für Pinar Selek

Pinar Selek bei einer Pressekonferenz in Straßburg am 25.1.2013 - ein Tag nach dem Urteil. Foto: Claude TRUONG-NGOC Lizenz: CC-BY-SA Original: Wikimedia Commons

Stellungnahme

25. Januar 2013
Ulrike Dufner
Wir sind fassungslos über das Urteil gegen unsere Partnerin, die Feministin und Soziologin Pinar Selek.

Bei einer Explosion im Gewürzbasar, mitten im Herzen von Istanbul, starben vor 15 Jahren sieben Menschen, 127 wurden verletzt. Bis heute ist nicht geklärt, wie diese Explosion zustande kam, aufgrund einer defekten Gasflasche oder eines Attentates. Dennoch wurde mehrfach gegen Pinar Selek Anklage erhoben. Sie soll in das Attentat im ägyptischen Basar verwickelt sein. Alle drei Verfahren endeten mit Freispruch. Doch die Justiz ließ dennoch nicht von Pinar Selek ab und erhob erneut Anklage gegen sie. Der Richter, der Frau Selek in den vorangegangenen drei Verfahren freisprach, forderte nun lebenslange Haft. Am 24. Januar 2013 wurde dieses Urteil von der 12. Strafkammer in Istanbul bestätigt.

Ein Richter legte gestern sein Votum gegen dieses Urteil ein und forderte Freispruch. Seine Begründung macht Sinn: Für etwas, dessen Ursache von den Gutachtern nicht klar festgestellt werden konnte, kann niemand verurteilt werden.

Das Gericht jedoch stimmte mehrheitlich für lebenslange Haft und fordert einen Haftbefehl gegen Frau Selek, die derzeit an der Universität in Straßburg promoviert.

Das ganze Verfahren ist von Anfang an ein großer Justizskandal. Niemand versteht wirklich, warum die Justiz Frau Selek dennoch nach drei Freisprüchen und angesichts der Gutachten nicht in Ruhe lässt.

Das Urteil von gestern ist ein Skandal für die türkische Regierung und Justiz. Das Verfahren gegen Pinar Selek ist ein Lackmustest für die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei. Diesen Test hat die Justiz mit Pauken und Trompeten verloren. Die türkische Regierung hat sich international blamiert.

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