Ergebnisse der Dumawahlen 2003: Infografik + Parteienlandschaft

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Sitzverteilung in der Duma 2003-2007. © 2004 macondo/Elmer Lenzen

27. Februar 2004
„Einiges Russland“ (edinros.ru)

Die Putin-treue Partei gewann die Dumawahlen 2003 deutlich und besitzt nun eine 2/3 Mehrheit im russischen Parlament. Hauptwahlaussage von „Einiges Russland“ war: „Wir unterstützen Putin!“ Zu ihren im Wahlprogramm erklärten Zielen gehören unter anderem die Etablierung der „zivilisierten Marktwirtschaft“ in Russland, Bekämpfung der Korruption, Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung und die Schwächung der Rolle der Oligarchen in der russischen Politik und Wirtschaft. „Einiges Russland“ ist, was in Russland „Partei der Macht“ genannt wird: Gestaltet von denen an der Macht, zum Zweck der Machterhaltung.

Kommunistische Partei Russlands (KPRF) (kprf.ru)

Die Kommunisten sind, neben den demokratischen Parteien, die Verlierer der letzten Dumawahlen. Sie büßten einen großen Teil ihrer Sitze ein. Die Partei versteht sich als Anwalt der ärmeren Bevölkerungsschichten und vertritt heute eine Mischung aus kommunistischen und nationalistischen Ideen. Die KPRF und ihr Vorsitzender Gennadij Sjuganow beharren immer noch auf der Wiederherstellung der Sowjetunion und sprechen sich deutlich gegen den „russischen Kapitalismus“ aus. Ihre Niederlage war eines der erklärten Ziele des Kremls. Zu diesem Zweck wurde unter anderem der Wahlblock „Heimat“ gegründet.

Liberaldemokratische Partei Russlands (LDPR) (ldpr.ru)

Hinter dem positiv klingenden Parteinamen verbirgt sich die populistisch-nationalistische Partei Wladimir Schirinowskis. Programm der Partei ist der Parteichef und sein stets mediengerecht unterhaltsames Auftreten. Die LDPR nennt sich selbst eine Protestpartei und stimmt im Ernstfall immer mit den Interessen des Kremls überein. Protestpartei ist so zu verstehen, dass Schirinowskij einen großen Teil der Protestwähler für den Kreml einfängt.

Heimat“ („Rodina“) (rodina-nps.ru)

Der Wahlblock „Heimat“ wurde erst im September 2003 gegründet – als Plattform diverser links-nationalistischer und patriotischer Gruppen. Angeführt wird die Wahlliste vom Ex-Kommunisten Sergej Glasjew und dem nationalistischen Duma-Abgeordneten Dmitrij Rogosin. Ziel dieser im Kreml erdachten Gründung ist es, traditionelle Wähler der Kommunisten abzuwerben, die jedoch von der KP-Führung enttäuscht sind. Dies gelang jedoch vor allem dem populären Sergej Glasjew so gut, dass der Kreml versuchte, seine Präsidentschaftskandidatur zu verhindern. Glasjews Ambitionen und Rogosins Loyalität zu Putin brachten den Block bereits im Januar an den Rand einer Spaltung.

  • Nicht im Parlament vertreten:

Union Rechter Kräfte (SPS) (sps.ru)

Die wirtschaftsliberale „Union Rechter Kräfte” befindet sich seit ihrem erstmaligen Einzug in die Duma vor vier Jahren auf einer Gratwanderung zwischen Kremltreue und Opposition. Die Partei sieht sich als Interessenvertretung aller, die es im neuen Russland zu etwas gebracht haben. Ideologisches Hauptziel der Liberalen: Der Staat soll seine Bürger möglichst wenig beim Arbeiten stören. Die SPS unterstützt Putins Außenpolitik und zu Beginn auch den zweiten Tschetschenienkrieg, kritisiert jedoch die autoritären Züge des Präsidenten. Darüber hinaus tritt die Partei für die Schaffung einer Berufsarmee und die Stärkung demokratischer Institutionen ein. Nach den Dumawahlen gingen die drei Galionsfiguren Anatolij Tschubajs, Boris Nemzow und Irina Chakamada getrennte Wege. Tschubajs übernahm SPS und kündigte eine weitgehend kremltreue Politik an. Nemzow gründete mit anderen ein außerparlamentarisches „Komittee 2008“ zur Vorbereitung auf die nächsten Wahlen und Irina Chakamada kandidiert bei den Präsidentenwahlen Mitte März gegen den Willen und ohne Unterstützung der Partei.

Jabloko (yabloko.ru)

Die sozial-liberale Jabloko-Partei bekennt sich zu den Werten einer westlichen Zivilgesellschaft. Die Partei ist auf Grund ihrer ideologischen Ausrichtung ein beliebter Gesprächspartner bei westlichen Politikern. Ihr prominentester Kopf ist Grigorij Jawlinskij. Jabloko kritisiert die Einschränkung der Pressefreiheit und fordert als einzige wichtige politische Kraft einen deutlichen Kurswechsel in der Tschetschenien-Politik. Jabloko tritt dabei auch für eine effektive Kontrolle des mächtigen Geheimdienstes FSB und der anderen Sicherheitsorgane ein. Nach der Niederlage bei den Dumawahlen befindet sich Jabloko in einer tiefen Krise. An den Präsidentenwahlen nimmt Jabloko-Chef Jawlinskij nicht teil, weil diese Wahlen eine „Farce“ seien.

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