Hotel

Gegen den journalistischen Mainstream segeln

In Zürich läuft dieser Tage das Online-Magazin „Republik“ vom Stapel, das auf Qualität statt Klicks setzt; es wird getragen von 24 Engagierten und unterstützt von 15.000 Enthusiasten.

Schweizer Gemütlichkeit sieht anders aus: Im ehemaligen Stunden-Hotel „Rothaus“ – 500 km vom Mittelmeer und 3 km vom Züricher See entfernt – wird seit vier Jahren Schritt für Schritt an einem leicht manövrierbaren, schlagkräftigen Schiff eines unabhängigen Online-Magazins gebaut. Und das mit Enthusiasmus, Verstand, handwerklichem Können, frei nach dem Sprichwort der Wikinger:

Über den Wind können wir nicht bestimmen, aber wir können die Segel richten.

Hier hat sich eine inzwischen 24-köpfige Crew zusammengefunden, die nicht mehr zusehen will, wie in ihrem Metier an die Stelle journalistischer Neugierde zunehmend der Hunger nach Klicks tritt, gute Recherche und fundierte Meinungsbildung durch Häppchen-Boulevard-Angebote verdrängt werden.

Sie alle haben sich dem „Projekt R“ verschrieben. R wie „Republik“, der Name ist Programm. Es sind überwiegend Journalistinnen und Journalisten, die das Metier (und seine Schattenseiten) bei etablierten Zeitungen kennengelernt haben und nun auf dem Trockendock im „Rothaus“ an der „Republik“ werkeln. Am 15. Januar 2018 ist Stapellauf. 

 

Christof Moser (38) ist neben Constantin Seibt (51) verantwortlich für Redaktion und Konzeption: „Ich brauchte zwei bis drei Jahre, bevor ich mich damit angefreundet habe, dass unser Magazin digital ist“. Sie wollen die vielfältigen Möglichkeiten des Digitalen vom journalistischen Handwerk her neu denken

Einer ihrer Kapitäne, der Journalist Christof Moser, der in den Nullerjahren zu den ersten Online-Journalisten in der Schweiz zählte, beschreibt die aktuelle Situation der Medien so: „Die Verleger steigen aus dem Journalismus aus, es wird nur noch abgebaut, um das System zu halten. Investiert wird in Parkplatz-Apps oder in Modeportale. Oder aber es steigen Verleger aus und politisch motivierte Milliardäre ein“. In der Schweizer Medienlandschaft begann der harte Ruck nach rechts als 2001 der Schweizer Nationalrat und Politiker der rechtspopulistischen SVP, Roger Köppel, die ehemals linksliberale Weltwoche gekapert hat oder sich der Multimilliardär und ehemaligen SVP-Nationalrats Christoph Blocher in die Basler-Zeitung und in über 20 Gratis-Regional-Zeitungen einkaufte. Das ist nicht nur schlecht für den Journalismus, sondern auch für die Demokratie und Beides forderte zum Widerstand heraus.

Bei ihrem Widerstand wird die Crew der „Republik“ von mittlerweile 15.000 Menschen unterstützt, die mit einem Jahresbeitrag von 240 Franken zu Verlegerinnen und Verlegern der Zeitschrift aufgestiegen sind. Ihnen liegt die öffentliche Sache am Herzen und sie erwarten, dass für sie gestritten und um das beste Argument gerungen wird, Fakten aufgedeckt und eingeordnet werden, getreu dem Manifest, das sich das Projekt R gegeben hat: 

 

Die Verlegerinnen und Verleger sind immer präsent. Sie wünschen sich einen differenzierten Journalismus

„(…) Wer Journalismus macht, übernimmt Verantwortung für die Öffentlichkeit. Denn in der Demokratie gilt das Gleiche wie überall im Leben: Menschen brauchen vernünftige Informationen, um vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Guter Journalismus schickt Expeditionsteams in die Wirklichkeit.

Seine Aufgabe ist, den Bürgerinnen und Bürgern die Fakten und Zusammenhänge zu liefern, pur, unabhängig, nach bestem Gewissen, ohne Furcht vor niemandem als der Langweile.

Journalismus strebt nach Klarheit, er ist der Feind der uralten Angst vor dem Neuen. Journalismus braucht Leidenschaft, Können und Ernsthaftigkeit.

Und ein aufmerksames, neugieriges, furchtloses Publikum. Sie!“

Damit ist der Kurs der „Republik“ vorgegeben, wann sie ihm folgend ökonomisch sichere Ufer erreicht, müssen die kommenden Monate erweisen.
Ahoi!

Die Republik: https://www.republik.ch/

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