Schlaglichter

Green New Deal, Globalisierung, Genschere – wo tut sich was?

Anthropozän

Anthro … was? Nichts weniger als ein neues Erdzeitalter, folgt man dem Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen, der vor 20 Jahren das Anthropozän ausrief. Es löst das Holozän, die bisherige ­Klimaphase, ab. Seit dem Beginn des Industriezeitalters würde der Mensch (altgriechisch ánthropos) die natürliche Umwelt global grundlegend verändern und tendenziell irreversibel zerstören. Die Klimakrise gilt Crutzen als das zentrale Merkmal, dazu kommen weitere Entwicklungen wie das Ozonloch, Ressourcenknappheit, Ozeanversauerung und jetzt die Corona-Pandemie. Die These hat viel Aufmerksamkeit erhalten – wissenschaftlich abschließend anerkannt ist sie (noch) nicht. Manche Kritiker*innen fürchten zudem, dass sie die Debatte über Ursachen und Lösungen entpolitisiert. Die Verantwortung würde von Produktions- und Konsumweisen, globalen Eliten und Mittelklassen abgelenkt. Wenn schon eine Bezeichnung für ein neues Erdzeitalter, so der Soziologe Jason Moore, sollte es Kapitalozän heißen.

«We are living through the first economic crisis of the Anthropocene»

Adam Tooze am 7. Mai 2020 in The Guardian

 

China

China, China, China!

Während in fast allen Ökonomien der Welt 2020 das Brutto­sozialprodukt zurückging, konnte China ein deutliches Wachstum verzeichnen. Das Land machte damit in der globalen Machtkonkurrenz mit den USA einen großen Schritt nach vorn. Seit dem Amtsantritt von Xi Jinping sind frühere Hoffnungen zerstoben, dass sich das Land mit wachsender Prosperität an westliche Standards von Demokratie annähert. Stattdessen wurden demokratische Spiel­räume systematisch eingeschränkt, Menschenrechte werden mit Füßen getreten.

Wirtschaftskrieg: Als Investitionsstandort und Lieferant preiswerter Konsumgüter war China lange willkommen. Seit es zu einer führenden Wirtschafts- und High-Tech-Macht aufstieg, schlug US-Präsident Donald Trump mit Zöllen und anderen Maßnahmen zurück. Europa plant hingegen ein Investitionsabkommen mit China, das den jeweiligen Marktzugang absichern soll. Seine Ratifizierung steht 2022 an.

Hegemoniale Konkurrenz: Mit dem Infrastruktur- und Investitionsprogramm «Belt and Road Initiative» sichert sich Peking Rohstoff- und Absatzmärkte, und schmiedet neue politische ­Allianzen. Damit fordert es nicht nur den Führungsanspruch der USA heraus, sondern tritt auch Regionalmächten wie Japan oder Indien auf die Füße. Beobachter*innen sehen eine neue multipolare Weltordnung mit wechselnden Bündnissen und Kooperationen.

Militärisierung: Peking macht verstärkt seine territorialen Ansprüche geltend, zum Beispiel im südchinesischen Meer, im ­Himalaya oder auf Taiwan. Es scheut sich auch nicht, dabei dosierten militärischen Druck einzusetzen, etwa bei Scharmützeln mit ­Indien. Noch sind die USA überlegen, aber es hat ein neues Wettrüsten in Asien eingesetzt. Manche sprechen von einem neuen Kalten Krieg.

Systemische Rivalität: Chinas wirtschaftliche Erfolgsgeschichte, großzügige Kredite und das Prinzip der Nichteinmischung in ­innere Angelegenheiten macht Pekings Politik für Länder des Globalen ­Südens, verglichen mit westlichen Regierungen, attraktiv. Insbesondere autoritäre Regime können von der Trennung von Geschäft und politischen Anforderungen profitieren und ihre Position stärken. Seit 2019 sieht die Europäische Union, die lange auf Partnerschaft gesetzt hatte, eine grundlegende Rivalität zwischen Chinas wirtschaftlichem und politischem System und dem Konzept von Marktwirtschaft, demokratisch-liberalem Rechtsstaat und universellen Menschenrechten.

 

Asian man wearing mask on the phone

Globalisierung auf dem Rückzug?

Die Engpässe bei der Lieferung medizinischer Güter in der Corona-­krise haben klar gemacht, welche Folgen die Abhängigkeit von langen Lieferketten und wenigen Produzenten haben kann. Bringt das Coronavirus, was manche Globalisierungskritiker seit Jahrzehnten fordern: eine wirtschaftliche Deglobalisierung, einen Rückbau in nationale oder regionale Räume?

Die empirischen Daten zu Handel und Lieferketten geben in dieser Hinsicht bisher noch nicht viel her. Doch schon vor Corona sprach die Zeitschrift The Economist vom «Rückzug des globalen Unternehmens ». Technologische Möglichkeiten wie Digitalisierung, lokale Energieerzeugung mit Sonne und Wind, steigende Kosten und lahmendes Wirtschaftswachstum drücken auf weltumspannende Warenströme und Investitionen.

Insbesondere der Machtkampf zwischen China und den USA fördert eine selektive Entflechtung («Decoupling») – zum Beispiel Silikon-Valley hier, Huawei dort. Der Historiker Adam ­Tooze spricht von einer «neu organisierten Globalisierung», dominiert durch ­starke regionale Mächte. Das bedeutet nicht unbedingt ­weniger Wirtschaftswachstum («Degrowth») oder gar einen Einstieg in eine sozialökologische Transformation. Für die Länder des Globalen ­Südens sieht der philippinische Globalisierungskritiker Walden ­Bello aber Hoffnung auf neue Entwicklungsspielräume, gerechtere Kooperationsformen – und er träumt sogar von einer «Exit-­Strategie» aus ihrer Abhängigkeit von der kapitalistischen Globalisierung.

 

Genschere – der Goldene Schnitt?

Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier sind Popstars der Wissenschaft. 2020 erhielten sie den Chemie-Nobelpreis für die «Genschere»: Die neue molekularbiologische Methode Crispr/Cas9 macht es möglich, durch gezielte Schnitte Gensequenzen im Erbgut von Pflanzen, Tieren und Menschen zu verändern. Utopien würden Wirklichkeit: eine ertragreichere Landwirtschaft, die Heilung von Krankheiten und anderes mehr.

Diese «Genom-Bearbeitung» ist einfach anzuwenden, schnell und effizient – und senkt damit Kosten langwieriger Züchtung. ­Industrie und Politik hoffen auf das Ende der leidigen Debatte um Gentechnik, weil keine fremden Gene eingebaut würden. Sie hoffen auch, dass sich damit die Konkurrenz zwischen industrieller und bäuerlicher Landwirtschaft erledigen würde, da beide ihre Produktion steigern könnten. Und sie setzen auf einen Schub für die Bioökonomie, die Nutzung pflanzlicher statt fossiler Rohstoffe. Die ­«Genom-Bearbeitung» scheint die ideale Lösung für globale Krisen wie Klima­wandel und Welthunger zu versprechen – und die Erfüllung des Traums von der Herrschaft über die Natur durch Technologie.

Literatur: Böll.Thema 19-2: Neue Gentechnik – Die große Versuchung

 

Skyline

Green New Deal

Die Wirtschafts- und Sozialreformen des «New Deal» waren die Antwort in den USA auf die Weltwirtschaftskrise in den 1930er ­Jahren. Angesichts der ökologischen und sozialen Krise soll der «Green New Deal», für den unter anderem die frischgebackene Kongressabgeordnete der Demokratischen Partei, Alexandria Ocasio-Cortez wirbt, durch den Übergang zu sauberen Energien eine Dekarbonisierung der Wirtschaft und den Abbau von Ungleichheit bringen, aber auch sozialökologische Veränderungen. Ocasio-Cortez ist eine Stimme des neuen, jungen und weiblichen Amerika nach Donald Trump.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verkündete unmittelbar nach ihrem Amtsantritt einen «Green Deal», um Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Die Forderungen nach einer umfassenden Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sind in der Mainstream-Politik angekommen – auch wenn sehr unterschiedliche Perspektiven formuliert werden. Die ­Frage: Geht es dabei um einen «grünen Kapitalismus», um eine neue Wachstumsstrategie mit weniger Umweltzerstörung? Oder um einen Systemwandel, um eine gesellschaftliche Transformation? Und was kann Ocasio-Cortez, was will Ursula von der Leyen umsetzen?

 

Gutes Leben

Lange wurden alternative Lebensformen und Produktionsweisen als weltfremdes Nischenprodukt belächelt. Doch jetzt haben sie Zulauf, gelingt es den ‚Nischenpflanzen’ doch zunehmend, den ­Beton der marode gewordenen Verhältnisse aufzubrechen und sich zu ­etablieren. Weltweit werden unterschiedliche Vorstellungen von «Gutem ­Leben» oder von «Buen vivir», wie es in den Andenländern debattiert wird, formuliert. Ständiges Wirtschaftswachstum, übermäßiger Konsum und Automobilität werden abgelehnt, stattdessen stehen Gebrauchswerte und das Verhältnis zur Natur im Mittelpunkt. Als ­emanzipative Alternativen zu einer «imperialen Lebensweise», ­einem schönen ­Leben auf Kosten anderer Weltregionen und ungerechter Verhältnisse, aber auch zu gängigen ­Nachhaltigkeitskonzepten bieten sie ­gelebte Globalisierungs- und Kapitalismuskritik.

Literatur: Ulrich Brand/Markus Wissen, Imperiale Lebensweise, oekom-verlag

 

Protesting Youth

Kipppunkt

Wenn der Suppenteller über den Tischrand kippt, ist alles zu spät. Bei komplexen Systemen wie dem Klima ist das weniger eindeutig. Der Disput über Kipppunkte spielt daher eine zentrale Rolle: Sind Veränderungen einzelner «Kippelemente» wie das Verschwinden des arktischen Meereises, das Auftauen der Permafrostböden oder Veränderungen des Golfstroms Teil eines unaufhaltsamen, unumkehrbaren «Umkippens» des globalen Klimas? Die Mehrheit der Klimaforscher*innen hält das für sehr unwahrscheinlich. Ob und wann so etwas eintritt, ist unbekannt, der Schaden wäre jedoch katastrophal. Die einzig sinnvolle Option: Vorbeugen, denn im globalen Klimasystem gibt es keinen neuen Teller.

 

Schwarze Null

Plötzlich ist jede Menge Geld da! Regierungen stecken Billionen in die Bewältigung der Auswirkungen der Coronakrise. Jahrelang wurde im Namen der Haushaltssanierung gespart, vor allem im ­Sozialbereich, bei der Bildung und der Gesundheit. Das rächt sich jetzt. Vorübergehend sind die «Schwarze Null» und die «Schuldenbremse» aufgehoben. Bislang gibt es aber noch wenig Anzeichen, dass die Krise genutzt wird für einen Einstieg in den Umstieg – für den Klimaschutz, für bessere Arbeitsbedingungen oder für eine bessere Vorsorge angesichts einer möglichen nächsten Epidemie. Lufthansa bekommt eine Milliardenhilfe ohne Auflagen, Madrid gibt Millionen aus für ein Krankenhaus, aber nicht für Personal, die Börsen sind auf einem Höhenflug. Ob der neue Schuldenberg zum Argument wird für ein «Weiter so» oder ob aus der Coronakrise Lehren für einen ökologischen und sozialen Umbau gezogen werden, hängt von den weiteren Schritten ab: Stützen die Milliarden nur die alte fossile Wirtschaft oder auch zukunftsfähige Bereiche? Werden vorrangig private Investitionen gefördert oder öffentliche Güter und die «systemrelevanten Bereiche» der Gesellschaft? Und wer zahlt, wenn wieder auf die Schuldenbremse getreten wird?

 

Ökonomische Ungleichheit

Die Coronakrise hat zu einem Einbruch der gesellschaftlichen Wertschöpfung geführt. Viele Geschäfte mussten schließen, viele Menschen verloren ihre Arbeit oder hatten Einkommensverluste.

Doch für einige wenige wurde die Krise zur Bonanza: Die zehn reichsten Menschen weltweit, an ihrer Spitze Amazon-Chef Jeff Bezos, sind in der Krise um etwa 450 Milliarden Dollar reicher geworden.

Wenn Jeff Bezos oder der Lidl-Eigentümer Dieter Schwarz seit Beginn der Pandemie um einige Milliarden reicher geworden sind – welchen Unterschied macht das schon? Lässt sich ultrareich steigern? Drei Argumente, warum das etwas ausmacht:

Erstens: Geld ist Macht. Über Lobbyismus, politische Spenden, Stiftungen und hochbezahlte Rechtsanwälte gelingt es Ultrareichen, ihre Interessen stärker zur Geltung zu bringen als Normalbürger*innen. Dadurch legen sie die Grundlage für weiteren Reichtum.

Zweitens: Viele Menschen sind in der Krise ärmer geworden, mussten sich erzwungenermaßen einschränken, sparen, betteln, Kredite aufnehmen, Insolvenz anmelden ...

Daraus folgt drittens: Die Ungleichheit wird größer. Und nach Meinungsumfragen ist die wachsende Ungerechtigkeit eine der wichtigsten Triebkräfte für Protestbewegungen, Revolten und Eruptionen des Volkszorns, kurz: für Staats- und Demokratieverdrossenheit, die seit einem Jahrzehnt in immer neuen Wellen über die Erde rollen.

Hatten wir alles auch schon vorher? Richtig! Aber irgendwo wird es doch einen Kipppunkt geben?

 

Teeplantation

Bewegungen

Freitag, 15. September 2020: Trotz Corona finden weltweit Demonstrationen von Fridays for Future (FFF) statt. Ihr Slogan «Wir sind bunt, wir sind laut …» kennzeichnet viele der neuen Demonstrationen und Bewegungen vorwiegend junger Menschen – sie protestieren gegen Diskriminierung und Polizeigewalt, gegen Korruption und staatliche Selbstherrlichkeit, für wirksame Klimapolitik und Frauenrechte, für Verfassungsreformen und für einen «Systemwechsel». In Chile, Belarus, Thailand, Peru, den USA und andernorts. ­Unter #Hashtags sammeln sich vielfältige, oft heterogene Gruppen und Anliegen. Sie bringen Politik wieder auf die Straßen und spiegeln die Antagonismen. Neben Forderungen nach materieller Umverteilung und Bürgerrechten sieht die Philosophin Eva von Redecker bei vielen «die eigentliche Grundlage in der Kategorie des Lebens». Corona hat ihnen vorübergehend die Aufmerksamkeit streitig gemacht, die Räume verengt und es Regierungen ermöglicht, Proteste einzudämmen. Trotzdem machen sie weiter, so wie FFF. Denn ihre Anliegen sind durch Corona eher noch dringlicher geworden.

«Wir beobachten gerade einen neuen Typus der Mobilisierung, in dem es zwar auch um materielle Umverteilung und Bürgerrechte geht, aber in dem die Kategorie des Lebens die eigentliche Grundlage bildet.»

Eva von Redecker am 13. Oktober 2020 in der literataz

 

Digitalisierung – und es hat Zoom gemacht

Inzwischen haben auch jene Menschen, die keine Digital Natives sind und denen das Tablet nicht in die Wiege gelegt wurde, lernen müssen, dass der größte Teil des Lebens online oder in der Cloud stattfindet. Unterricht, Konferenzen, Arbeit, Einkaufen, Partner­suche. Die Digitalisierung wurde in die 5G-Dimension gebeamt. Das ermöglichte die Fortsetzung mancher Aktivitäten trotz Pandemie. Manche verbinden damit auch eine dauerhafte Senkung von CO2-Emissionen, die im Flugverkehr 2020 stark abgenommen haben.

Damit verschwinden allerdings nicht die Probleme und Befürchtungen. Digitalisierung kann bei der Bekämpfung des Virus helfen – aber unter dem Vorwand, die Pandemie einzudämmen, können autoritäre Regime auch ihre Überwachung ausdehnen. Home Office und Industrie 4.0 stellen vertraute Arbeitswelten und Sicherheiten in Frage. Der Kampf zwischen China und den USA führt zu einer digitalen Spaltung der Welt – Adieu www. Allenthalben treibt das Fabel­wesen Künstliche Intelligenz sein verlockendes, bedrohliches Unwesen. Zumindest Roboter sind noch annähernd vertraute Kreaturen.

 

Frau mit Pelzmantel

Verschwörungsideologien

«Verschwörungserzählungen speisen sich aus der Annahme, dass als mächtig wahrgenommene Einzelpersonen oder Gruppen wichtige Ereignisse in der Welt beeinflussen und dabei 
die Bevölkerung über ihre Ziele im Dunkeln 
lassen. Dieser Verschwörungsglaube ist ein seit Jahrhunderten weltweit verbreitetes Phänomen. Besondere Wirkungsmacht entfaltet er in gesellschaftlichen Krisenzeiten, so auch während der Coronavirus-Pandemie 2020.»

Infoaktuell «Verschwörungstheorien», Bundeszentrale für Politische Bildung

 

Artenschwund und Pandemien

«In den vergangenen Jahrzehnten haben zoonotische Infektionskrankheiten bei Menschen stark zugenommen, also Krankheiten, die sowohl Tier als auch Mensch befallen können. Und sie werden weiter zunehmen. Warum das 
so ist? Wir zerstören die Lebensräume der Tiere, die Infektionsgefahr unter ihnen nimmt deutlich zu und damit steigt das Risiko auch für den Menschen. Wir betreiben Massentierhaltung und schaffen so einen geradezu idealen
Nährboden für gefährliche Viren. Und wir handeln kommerziell mit Wildtieren, wodurch wir uns aktuell Covid 19 beschert haben. Die Wissenschaft weist auf diese Zusammenhänge  schon sehr lange hin. Vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, das endlich ernst zu nehmen.»       

Simone Sommer, Evolutionsbiologin. In Böll.Thema 20-4: Die Natur braucht Schutz

 

Riot at Capitol, D.C.

Klimawendejahr?

Das Jahr 2020 sah bemerkenswerte Entwicklungen im Kampf gegen die Klimakrise:

Im Zuge der Coronakrise sank die Nachfrage nach Öl dramatisch, bis hin zu temporär negativen Ölpreisen in Texas. Der Preis erholte sich zwar wieder etwas, aber die Erwartungen bleiben dauer­haft unter den Preisen der Vorjahre.

Die Divestment-Bewegung – Geldanlagen aus fossilen Energien abzuziehen – nahm 2020 weiter an Fahrt auf. Nach Kohle ist jetzt Öl im Visier. Zahlreiche Geldanleger beschlossen Divestment und erhöhten den Druck auf die fossilen Konzerne.

Europäische Öl- und Gaskonzerne wie BP, Shell und Total kündigten den langfristigen Umbau an – weg von fossilen Energien. In BPs Flaggschiff-Publikation «BP Energy Outlook», die Szenarien für die zukünftige Ölnachfrage enthält, ist erstmals nicht von einem Wachstum die Rede. Branchen­primus Exxon hingegen will unverändert weiter auf ­fossile Energien setzen. Er verlor 2020 seinen Platz im amerikanischen Dow-Jones-Leitindex.

In rascher Folge kündigten Regierungen im Herbst 2020 neue, ambitionierte und langfristige Klimaziele an. Über 100 Länder, darunter China, Japan, Südkorea, Kanada, die EU, Südafrika, Chile und das Vereinigte Königreich haben Netto-Null-Emissionen für 2050 (China: 2060) geplant oder gar in Gesetze gegossen. Sorge macht dabei, dass die kurzfristigen Ziele für 2030 und die aktuell beschlossenen Politiken nicht zu diesen langfristigen Zielen passen. Auch, dass mit Netto-Null-Emissionszielen viel Schindluder getrieben werden kann, indem auf hoch problematische Technologien zum Entzug von CO2 aus der Atmosphäre gesetzt wird, statt die Emissionen rasch herunterzufahren.

Grund zum Aufatmen? Noch nicht, aber doch eine Ermutigung für 2021.

 

Brennende Landschaft mit Feuerwehr

 


Uwe Hoering publiziert zu globalen Umwelt- und Entwicklungs­themen, unter anderem auf seinem Themendienst www.globe-spotting.de.

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