Sexarbeiterin
 Nadine Kopp alias 
«Bibi Drall», 35

Porträt Nadine Kopp

Köln, Deutschland

Als reisende Sexarbeiterin bin ich in ganz Deutschland unterwegs und arbeite jeweils einige Wochen in Terminwohnungen und Laufhäusern. Im August 2019 hatte ich jedoch einen schweren Autounfall und ­konnte mehrere Monate nicht wirklich arbeiten. Dann, im März 2020, wollte ich wieder richtig durchstarten – doch dann kam Corona. Die Gäste hatten Angst, irgendwann kamen nur noch so wenige, dass ich wieder nach Hause gefahren bin. Ich dachte: Zwei Wochen Pause und dann geht es weiter. Stattdessen konnte ich jetzt seit über sechs Monaten nicht arbeiten. Und aufgrund des Unfalls hatte ich keine Rücklagen. Zurzeit bin ich daher gezwungen,  in meinem früheren Beruf, der Pflege, zu arbeiten. Ich mache das, um beschäftigt zu sein. Und auch, weil mich das Amt unter Druck setzt. Die ­Arbeit ist körperlich und psychisch belastend, vor allem unter Corona-Bedingungen. Von der Vergütung und der Arbeitszeit ganz zu schweigen. Natürlich habe ich auch Angst mich anzustecken. In jedem Pflegebereich habe ich am Tag mit mindestens 50 Menschen zu tun. In der Sexarbeit treffe ich pro Woche vielleicht 20 Menschen. Da ist das Ansteckungsrisiko doch viel niedriger! In bestimmten Stellungen kann man Abstand halten, zusätzlich trägt man natürlich eine Maske. Außerdem würde ich bei Gästen die Temperatur messen. Am besten wären 
natürlich Schnelltests. Viele Frauen arbeiten derweil illegal weiter; aus Armutsgründen oder auch, weil sie die Situation nicht ernst nehmen. Durch diese Illegalität entstehen gerade Strukturen, die nach der Corona­krise zu viel mehr Zwang und Not in der Sex­arbeit führen werden. Das wird der ganzen Branche schaden.

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