Alupulver zum Drucken
«Wahnsinn», findet Henning Fehrmann die Emissionseinsparungen durch 3D-Druck: «Im Vergleich zu konventionellen Technologien lässt sich der CO -Footprint um bis zu 80 Prozent reduzieren.» Um umweltschädlichere Produktionsverfahren zu ersetzen, entwickelt das Unternehmen Fehrmann Alloys High-Performance-Materialien für den 3D-Druck. Mit diesen Aluminiumlegierungen fertigt die Autoindustrie ressourcenschonende Leichtbaukomponenten. Ende 2019 kam das Aluminium-Metallpulver «AlMgty» auf den Markt, das für Prototypen und kleine Serien schon industriell eingesetzt wird. Dabei arbeitet Fehrmann Alloys mit dem Fraunhofer IAPT in Hamburg zusammen. Fehrmann sieht für Deutschland «eine historische Chance, die Produktionstechnologie der Zukunft zu entwickeln».
Gesundheitsgefährdende Stoffe austauschen
Nachhaltiges Wirtschaften hat Alexandra Knauer seit über zehn Jahren «auf dem Schirm». Ihr Unternehmen, das ihr Vater 1962 gründete, entwickelt und fertigt wissenschaftliche Hightech-Messgeräte für Labore. «Bei unseren Analysen und Gerätetests tauschen wir gesundheitsgefährdende und umweltbelastende Lösungsmittel so - wie Chemikalien möglichst aus», sagt sie. Wo immer es geht, verzichtet sie auf fossile Ausgangsstoffe zugunsten von Kreislaufmaterial, beispielsweise aus Abfall. Sehr viele Substanzen lassen sich mit Knauers Flüssigkeitschromatografie reinigen. Das Unternehmen engagiert sich im EU-finanzierten IMPRESS-Forschungsprojekt für eine nachhaltige Produktion chemischer Rohstoffe. Obwohl das «noch teuer und sehr aufwendig» sei, geht Knauer voran.
Nachhaltige Geldanlage ohne Kompromisse
«Wir sind in die Mitte der Gesellschaft gerückt», freut sich Andrew Murphy. Früher engagierte sich der Ire in der Anti-Atomkraft- und Friedensbewegung, 1982 wurde er in Kalkar weggetragen: «Da habe ich erlebt, wie Konzerne ihre Interessen brutal durchsetzen.» Deshalb macht die Bank Murphy&Spitz beim Geldanlage-Angebot keine Kompromisse und investiert ausschließlich in nachhaltige Branchen und Themen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin hatte noch vor sieben Jahren geraten, dieses Geschäftsmodell zu überdenken: Nachhaltigkeit könne nicht funktionieren. Inzwischen zählen nicht nur Privatanleger zu den Kunden, auch immer mehr Stiftungen, Städte und Kommunen. Murphy beobachtet «einen großen Gesinnungswandel, Geldströme in die richtige Richtung zu leiten».
Heizen für die Umwelt
«Jetzt machen wir mal was Verrücktes», beschloss Axel Zach, bevor er 2014 mit seinem Installateurbetrieb in einen energetisch sanierten Altbau umzog. Ein Eisspeicher als Wärmepumpe im Keller wurde mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach plus Solarthermie an der Außenwand verbunden.
Dieser Prototyp versorgt das Gebäude mit Wärme. Zachs Expertise ist bei Heiztechnikherstellern gefragt, sie lassen Innovationen von ihm testen. Als «Vaillant-Kompetenzpartner» berät er Kunden in Bestandsgebäuden zu ökologischen Produkten, die sich per App sparsam einstellen lassen. «Wärmepumpen wären das Optimum», sagt er. Die Technologie nutzt Umweltwärme und ist seit der Ölkrise 1973 bewährt. Seitdem es Zuschüsse für Wärmepumpen in Altbauten gibt, führt Zach mehr Infogespräche.
Sauber Verpacken mit Müll
Mehr Plastikmüll als Fische im Meer? Klaus Wohnig tut alles, damit dieses Horrorszenario nie Wirklichkeit wird. Mit APK unterstützt er die EU-Kunststoffstrategie, die bis 2025 eine Recyclingquote von 55 Prozent anstrebt.
Im Newcycling-Pilotwerk in Merseburg bereitet erfahrenes Personal aus dem mitteldeutschen Chemie-Dreieck jährlich 20.000 Tonnen Verpackungsabfälle zu sortenreinen Granulaten auf. «Daraus haben wir mit Henkel Standbodenbeutel für Spülmaschinentabs entwickelt», sagt Wohnig. Das Granulat wird nun in Serie produziert. Für «einen großen Markenartikler» arbeitet APK an der Markteinführung von Kosmetik-Verpackungen. Konkrete Pläne gibt es auch für ein deutlich größeres Werk: 2024 will APK «in Zentralosteuropa» 50.000 Tonnen Kunststoffabfälle aufbereiten.
Nachhaltige Logistik in groß
Früher fuhr Frank Sturm zur See, jetzt steuert er einen «Nachhaltigkeits-Leuchtturm» an: Bis Mitte 2022 will er für BLG LOGISTICS das klimapositive Logistikzentrum «C3 Bremen» in Betrieb nehmen. Der Neubau im Güterverkehrszentrum bekommt eine Solarthermie für Heizung und Warmwasser sowie eine überdurchschnittlich isolierte Gebäudehülle. Auf 82.500 Quadratmeter Grundfläche werden Dienstleistungen für einen Autohersteller gebündelt. «Wir sparen täglich 60 Lkw-Umfuhren zwischen bisher getrennten Hallen», sagt Sturm. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach könnte auch den Energiebedarf von anderen BLG-Gebäuden wie dem Hochregallager für Tchibo abdecken. Bis 2030 will der Seehafen- und Logistikdienstleister mit weltweit über 11.700 Mitarbeitenden klimaneutral werden.
Katamaran mit Brennstoffzelle
Diesen Sommer will das Schleswiger Startup Unleash Future Boats auf der Schlei «ZeroOne» zu Wasser lassen. So heißt der Prototyp eines elektrischen Katamarans, der dank Brennstoffzelle auch grünen Wasserstoff tanken kann. «Das bringt eine größere Reichweite», erklärt die technische Leiterin Stefanie Engelhard. Die nachhaltige Fähre hat für Passagiere und Fahrräder einen «Hut» obendrauf. «Im Logistikbereich lassen wir den weg und machen Containern Platz», sagt sie. Der Duisburger Hafen zeige Interesse. 2023 soll ein 12 Meter langer und 6 Meter breiter Katamaran in Betrieb gehen, ein zweiter für autonomes Fahren weiterentwickelt werden. «Auf unseren Antrieb können auch andere Boote umrüsten», freut sich die Hobby-Seglerin.
Sauberes Wasser ohne Chemie
Heike Schneider-Jenchen wusste lange nicht, wie die Industrie auf Flüsse, Seen und Talsperren zugreift. Dann tauchte sie in den Wasserkreislauf ein, indem sie 2020 an der IHK-Nachfolgebörse Aquaenergy kaufte. Die Firma entwickelt seit 15 Jahren Technologien zur chemiefreien Wasseraufbereitung in der Industrie. Das verhindert nicht nur Korrosion, Kalk und Biofilm in den Anlagen, sondern spart auch Kosten. «In Deutschland hinterlässt jeder Mensch jährlich einen riesigen Wasserfußabdruck von 1.426 Kubikmetern», sagt die Unternehmerin. Für sie ist Aquaenergy wie ein Rettungsring für die knappen Süßwasser-Ressourcen. Weltweit sind in Kunststoff-, Lebensmittel- oder Autowerken fast 900 Anlagen installiert. Schneider-Jenchen fühlt sich verpflichtet zu «missionieren».
Wasserstoff für grünen Stahl
«Das hat eine Dimension wie die industrielle Revolution», sagt Stefan Dohler, Vorstandsvorsitzender bei EWE. In Niedersachsen und Brandenburg hat sich der Energieversorger und Infrastrukturbetreiber etabliert. Künftig will Dohler die Wertschöpfungskette der Wasserstoffwirtschaft bedienen – von der grünen Erzeugung über Speicherung und Transport bis zum Einsatz in Industrie und Mobilität. Wichtig ist ein hoher Reinheitsgrad nach der Untertagespeicherung. Den testet EWE mit DLR-Forschern in Rüdersdorf bei Berlin, wo eine Wasserstoffkaverne entsteht. Dohler hat vor, auch bestehende Gaskavernen für grünen Wasserstoff zu nutzen. Ein Ziel ist klimaneutrale Stahlherstellung: «Unser Partner ArcelorMittal hat in Eisenhüttenstadt ein Werk. Geographisch passt Rüdersdorf.»
Stefan Dohler, Jg. 1966, ist Diplom-Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik und Vorstandsvorsitzender der EWE AG in Oldenburg mit über 8.000 Beschäftigten. Bei der European Clean Hydrogen Alliance der Europäischen Kommission ist er Mitglied des Runden Tischs zur Einbindung von Wasserstoff in das Energiesystem.