Über 50 Millionen Menschen suchen Schutz vor Verfolgung, Armut und Krieg

Syrische Kurd/innen fliehen in die Türkei.
Teaser Bild Untertitel
Syrische Kurd/innen fliehen in die Türkei. Aufnahme von September 2014

Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es auf der Welt über 50 Millionen Flüchtlinge. Wesentlicher Grund dafür ist der Krieg in Syrien, der 2,5 Millionen Menschen zur Flucht in die Nachbarstaaten zwang und 6,5 Millionen Menschen im Land selbst vertrieben hat. Hinzu kommt, dass gewaltsame Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent zugenommen haben.

51,2 Millionen  Schutzsuchende verzeichnet der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen  (UNHCR) in seinem Bericht für das Jahr 2013. 16,7 Millionen von ihnen gelten nach völkerrechtlicher Definition als Flüchtlinge. Den weit größeren Teil (33,3 Millionen) bilden jedoch sogenannte Binnenvertriebene (Internally Displaced Persons – IDP). Sie fliehen innerhalb ihres eigenen Landes, ohne dabei internationale Landesgrenzen zu überschreiten. 1,1 Millionen Menschen stellten einen Asylantrag – die Mehrzahl von ihnen in Industriestaaten.

2013 zwangen Krieg und Verfolgung laut UNHCR täglich 32.200 Menschen dazu, ihr Zuhause zu verlassen, um im eigenen Land oder über eine Landesgrenze hinweg Schutz zu suchen. Im Vergleich dazu waren es in den Vorjahren noch deutlich weniger: 23.400 im Jahr 2012 und 14.200 im Jahr 2011. Zahlen, die einzelne Schicksale leicht übersehen lassen. Sie geben jedoch Aufschluss über eine dramatische Entwicklung und die globalen Dimensionen einer Krise, die in Europa oft verkürzt wahrgenommen wird.

Die größten Flüchtlingsgruppen kommen aus Herkunftsländern, die durch langandauernde Konflikte, Krieg und Terror gekennzeichnet sind; 53 Prozent allein aus den drei Ländern Afghanistan, Syrien und Somalia. Die allermeisten Flüchtlinge bleiben in der Herkunftsregion; 86 Prozent in sogenannten Entwicklungsländern. Die 49 als die „am wenigsten entwickelten Staaten“ klassifizierten Länder beherbergten im Jahr 2013 allein 2,8 Millionen Flüchtlinge, zumeist aus Nachbarstaaten. Die Liste der „Top-Aufnahmeländer“: In Pakistan halten sich 1,6 Millionen Flüchtlinge auf, gefolgt vom Iran (857.400), dem Libanon (856.500), Jordanien und der Türkei.

Die Hälfte aller Flüchtlinge sind Kinder

Im Libanon ist heutzutage fast jeder fünfte Mensch ein Flüchtling (aus Syrien). In Jordanien kommen 88 Flüchtlinge auf 1.000 Einwohner und im Tschad 34 auf 1.000. Kinder machen weltweit etwa die Hälfte der Flüchtlinge aus; der höchste Anteil seit einer Dekade. Bei den weltweit gestellten Asylanträgen führte Deutschland im letzten Jahr erstmalig seit 1999 mit 109.600 Anträgen, gefolgt von den USA (84.400) und Südafrika (70.000).

Unter den Antragstellenden sind mehr als 25.000 unbegleitete Jugendliche vermerkt; zumeist aus Afghanistan, Südsudan oder Somalia. Das ist die höchste Zahl, seit der UNHCR die gesonderte Registrierung der Minderjährigen 2006 aufgenommen hat. Der größte Anstieg bei Asylanträgen nach Region wurde in den 38 europäischen Staaten verzeichnet. Insgesamt suchten in diesen Ländern rund ein Drittel mehr Menschen Asyl. In absoluten Zahlen waren das 484.600 Asylanträge.

Deutschland führt die europäische Liste, dahinter folgen Frankreich (60.100) und Schweden (54.300). In Italien wurden 27.800 Asylanträge entgegengenommen. Die Türkei, die bereits 640.889 syrische Flüchtlinge registriert und somit die meisten Flüchtlinge in Europa aufgenommen hat, verzeichnete zusätzlich zu den syrischen Flüchtlingen noch 44.800 Asylanträge, hauptsächlich von Irakern und Afghanen.

2014 starben 3.000 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich mit der Genfer Flüchtlingskonvention zum Schutz von Flüchtlingen verpflichtet. Dennoch tut die Gemeinschaft eine Menge, um sie von der Union fernzuhalten. Tausende Flüchtlinge und Migrant/innen verlieren so jährlich bei den gefährlichen, illegal geltenden Überfahrten auf dem Mittelmeer ihr Leben.

2014 waren es weit über 3.000 Männer, Frauen und Kinder. 140.000 Migrant/innen und Flüchtlinge konnten dank der italienischen Seenotrettungsoperation „Mare Nostrum“, die nach der Schiffskatastrophe vor Lampedusa im Oktober 2013 eingerichtet wurde, an die sichere Küste Italiens gebracht werden. Fast alle wurden in die Aufnahmelager Siziliens verteilt. Im Spätsommer 2014 kündigte die Regierung in Rom jedoch an, die umfangreiche Rettungsaktion einzustellen.

Dieser Text erschien in unserem Böll.Thema 3/2014: Niemand flieht ohne Grund.