Finanzielle Instrumente und der Erhalt der Biodiversität in Ecuador

Lesedauer: 7 Minuten

20. Februar 2008

Von Dr. Alonso Moreno

Zum Dossier: Klima und Wandel in Amazonien

Präsentation des Konferenzbeitrages (PDF, 25 Seiten, 228 KB)

Einführung

Die Biodiversität ist Grundlage für Fortschritte in der genetischen Weiterentwicklung von Pflanzen und Tieren und in der Entwicklung neuer Pharmaka. Durch ihre Erhaltung sichern Millionen von Menschen ihre Nahrung. Biodiversität, Erhaltung von Wasser, von Naherholungsgebieten und Reduzierung des Klimawandels stehen im engen Zusammenhang. Die Zerstörung der natürlichen Ressourcen ist besorgniserregend, aber diese Besorgnis wandelt sich nicht in situationsumkehrende und effektive Handlungen um. Dieser Artikel analysiert die Erhaltung der Biodiversität in Ecuador und beschreibt einige ihrer Finanzierungsinstrumente.

Die Biodiversität Ecuadors
                                                                                       
43.2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Ecuadors und 95 Prozent der Exporte werden durch die Verwendung natürlicher Ressourcen generiert. 40 Prozent der Bevölkerung lebt in Armut, mehr als ein Drittel ist ohne Beschäftigung und die Migration nimmt zu. An der Küste Ecuadors, die 13 Prozent der Urwälder ausmacht, wurden in der letzten Dekade mehr als 90 Prozent der Wälder abgeholzt. In der Amazonasregion – diese beträgt 70 Prozent der Urwälder – liegt die Abholzungsrate bei etwa 30 Prozent.  Biodiversität, Wasser- und Bodenqualität und das Potenzial für Ökotourismus haben sich verringert. Die Verluste der Ressourcen finden weder in die Berechnungen der Kosten und Preise der Produkte Eingang, noch finden sie national Berücksichtigung. Dadurch wird ihnen kein realer Wert zugeteilt. Die Verteilung von Kosten und Erträge für den Erhalt der Biodiversität ist ungleich und unter den im Prozess intervenierenden Akteuren wenig bekannt.  

Biodiversität: Ein Dienst zum Kompensieren?

Den Wert der Biodiversität zu erhalten, verlangt ein effektives Management der Ökosysteme, das heißt best practices in der Produktion müssen genutzt und effektive Konservationsmaßnahmen durchgeführt werden. Dadurch werden “Umweltdienstleistungen” generiert, die für die Erzielung einer höheren Lebensqualität und die Sicherung der Produktion notwendig sind. Dafür muss ein Verständnis von der Komplexität der Beziehungen zwischen den Akteuren in jedem einzelnen Territorium, zwischen den Akteuren und der Natur sowie zwischen den einzelnen Variablen der Natur geschaffen werden. Aus diesen Beziehungen müssen Strategien zur Vermeidung weiterer Degradierung formuliert werden.

Um die Biodiversität zu erhalten, wurden bisher folgende Formen von Anreizen geschaffen:

- die Verbesserung der Rentabilität und Intensivierung der Landwirtschaft, 
- die Einführung des Konzeptes von Umweltdienstleistungen durch politische Entscheidungen, durch Förderung der Kooperation zwischen den Akteuren und/oder Marktmechanismen,
-  die "best practices“ in der Bodennutzung anreizen und
- die Förderung von Beschäftigung und Einkommen  außerhalb des Agrarsektors.

Die Anreize, die Biodiversität zu erhalten, stammen vorwiegend von der Regierung und von privaten Organisationen, zumeist NGOs und Philanthropen. Preisunterschiede auf dem Markt durch Zertifizierungen von organischem Anbau, Bio-Handel und der Einhaltung sozialen Standards sind eine Anerkennung für die Generierung dieser Leistungen. Aktuell gilt die Finanzierung des Erhalts der Biodiversität als eine große Herausforderung. Es besteht zweifellos eine Kluft zwischen den Diskursen einiger Politiker, internationaler Institutionen, NGO´s und der Realität des Biodiversitätserhalts. Gründe dafür sind vor allem Schwierigkeiten in der Wertung der Biodiversität als öffentliches Gut, fehlende Information zu den Preisen für den Erhalt von Biodiversität, mangelnde Informationsgrundlagen für noch zu treffende Entscheidungen sowie die Allokation von Mitteln. Eine Zusammenarbeit zwischen Produzenten, Politikern und Wissenschaftlern ist daher notwendig, um Verhandlungen voranzubringen und Fortschritte zu erzielen.
   
Zwei Beispiele von Kompensationsmechanismen der Biodiversität in Ecuador

In Ecuador und in anderen Ländern wird versucht, dem Verlust der Artenvielfalt durch neue finanzielle Instrumente, welche Anreize zur Verhaltensänderung schaffen, entgegen zu wirken. Im Folgenden werden zwei Beispiele auf der Makro- und Mikroebene angeführt.

Schutzabkommen mit den Chachi

Die Chachi leben im Norden Esmeraldas an der Pazifikküste, in einem hot spot tropischer Biodiversität. Sie sind mit Armut und Abholzung ihrer Wälder durch Holzfirmen und große landwirtschaftliche Produzenten – also durch intensive Ölpalmen- und Garnelenproduktion - konfrontiert sowie mit der Unsicherheit ihrer Besitzrechte. Mit der Absicht, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und die Artenvielfalt zu erhalten, wurde im Jahr 2005 ein gemeinsames Projekt der indigenen Gemeinde, Conservation International (CI) und der Deutschen EZ (GTZ) initiiert.

Das Projekt arbeitet mit 300 Familien und hat folgende Komponenten:
- Vertrag zur Konservierung eines Biodiversitätsschutzgebiets von 7200 Hektar
- Unterstützung bei der Zertifizierung von organischem Kakao und einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung in einer Pufferzone von 11 500 Hektar
- Beratung der kommunalen Entwicklung und
- Stärkung der Organisation der Chachi und des gemeinsamen Bündnisses.

Kurzfristiges Finanzierungsinstrument ist ein Abkommen zur Konservierung des  Schutzgebiets. Mittelfristig soll ein Fonds zur Verbesserung der Nachhaltigkeit entstehen.

In Gemeindeversammlungen wurde eine monetäre Kompensation von fünf US-Dollar pro Hektar und pro Jahr vereinbart (insgesamt 36 000 Dollar). Dieser Wert leitet sich aus der Analyse der entgangenen Einkommen durch Ausbeutung der Holzaufkommen her. Für das Gebiet wurden ein Managementplan und ein Monitoringsystem vereinbart, um die  Einhaltung der Vereinbarungen zu überprüfen und die sozioökonomischen und biologischen Fortschritte zu messen. Es wurden Regeln für die Nutzung der Einkommen vereinbart und Strafen bei ihrer Nichteinhaltung festgelegt. Die Beratungs- und Monitoringkosten belaufen sich auf rund 160 000 Dollar und werden von GTZ und CI zusammen getragen.

Bis heute konnten folgende Fortschritte festgestellt werden:
- Befähigung von Führungspersonen und Schutzgebietsmitarbeitern
- Vermeidung von weiterem Wald- und Biodiversitätsverlust in den Gebieten
- Funktionsfähigkeit der Gesundheits-, Erziehungs- und Handelspläne
- Fortschritte in der Zertifizierung und größere gemeinschaftliche Beteiligung bei allen Entscheidungen.

Die Schwächen liegen andererseits in der mangelhaften Institutionalisierung, dem kostspieligen Monitoring, dem fehlenden Kapital für die Bildung des Treuhandfonds und der schwachen Verbreitung und Vervielfältigung von Erfahrungen.

Der Vorschlag eines Treuhandfonds Yasuni-ITT: Das Öl bleibt im Boden

Die ecuadorianische Regierung schlug im Juni 2007 vor, in der Region Yasuni - eine Biosphäre von rund  einer Million Hektar - eine Milliarde Tonnen Schweröl im Boden zu belassen. Als Gegenleistung erhielte Ecuador eine internationale Kompensation in Höhe von 350 Millionen Dollar, was 50 Prozent des entgangenen Einkommens durch die nicht realisierte Ölförderung wären. Mit diesem Modell sollen CO2-Emissionen reduziert,  Artenvielfalt erhalten und die Lebensbedingungen der indigenen Bevölkerung verbessert werden.

Der Vorschlag sieht die Bildung eines Treuhandfonds vor, um den  Verpflichtungen des Entwicklungsplans der Regierung nachzukommen. Der Plan sieht die Erarbeitung von Alternativen zur Erdölförderung in sensiblen Gebieten vor, weiterhin die Reduzierung der Auswirkungen des Klimawandels, die Diversifizierung von Energiequellen, die Förderung von nachhaltigem Tourismus und die Entkontaminierung der Umwelt.

Die Mittel für den Fonds könnten aus unterschiedlichen Quellen stammen, beispielsweise aus  Entschuldungsmaßnahmen, Spenden, der Zahlung für Umweltschäden sowie dem Verkauf von Zertifikaten über Kohlenstoffspeicherung und verhinderte Abholzung auf dem freiwilligen Markt. Wenn bis Juni 2008 keine Einigung mit den internationalen Gebern erzielt wird, wird das Erdöl gefördert.

Dieser neuartige Vorschlag wurde von den internationalen Kooperationspartnern und der Zivilgesellschaft Ecuadors mit Wohlwollen aufgenommen. Aber es gibt noch Zweifel an den langfristigen Garantien, dem Informationslevel der Akteure und der Verwendung der erzielten Einnahmen. Besteht tatsächlich der Wille, den Vorrang wirtschaftlichen Wachstums durch eine nachhaltige Entwicklung zu ersetzen? Die Förderungskonzession, die PETROBRAS im November 2007 für das Nachbargebiet erteilt wurde, hat die Glaubwürdigkeit des Vorschlags unterminiert. Die Bedenken, ob sich nicht letztendlich doch die Lobby der Ölfirmen durchsetzt, sind nicht ausgeräumt.

Einige Schlussfolgerungen

Die wachsende Tendenz der Degradierung der Ressourcen bleibt bestehen. Es besteht eine Kluft zwischen den politischen Diskursen und ihren Implementierungen, da die Prioritäten deutlich auf wirtschaftlichem Wachstum und Wettbewerb liegen und weniger bei Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
Die geringe Information, die Schwierigkeit, Kosten und Erträge einzuschätzen, die schwache Institutionalisierung und die hohen Transaktions- und Überwachungskosten sind Ursachen für die geringe Effizienz der Biodiversitätsprojekte. Es fehlen Methoden, um ein einfaches und effizientes Monitoring zu entwerfen.

Internationale Umweltkonventionen und -übereinkünfte sind Abkommen, die Ecuador besser ausnutzen sollte, um seine Strategien zur Umweltfinanzierung und Konservation zu definieren.

Die verschiedenen Instrumente zur Finanzierung der Biodiversität sind dabei Zahlung von Umweltleistungen, Konservierungsabkommen, Treuhandfonds, Kauf von Grundstücken zur Konservierung, Kredite für die Nutzung von „best practices“ der Bodennutzung,  Subventionen und Steuern. Diese Instrumente zeigen, dass die Möglichkeiten für Umweltfinanzierung größer geworden sind. Notwendig für eine breite Nutzung dieser Mechanismen sind mehr und breiter gestreute Informationen, ein intensiver Austausch von Erfahrungen und die Fortbildung von Fachkräften.

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