Editorial von Ralf Fücks
Liebe Leserin, lieber Leser,im Vergleich zu den meisten hochindustrialisierten Gesellschaften hängt das Hochschulsystem der Bundesrepublik hinterher. Obwohl in Deutschland verhältnismäßig weniger junge Menschen studieren als etwa in Skandinavien, sind die Hochschulen den Anforderungen nicht gewachsen. Sie bieten zu wenig Orientierung, die Lehre ist vielerorts notleidend, das akademische Qualitätsmanagement steckt in den Kinderschuhen. Unser Hochschulwesen ist gleichzeitig überbürokratisiert und unterfinanziert. Trotz steigender Mittel für Bildung, Wissenschaft und Forschung in den Jahren der rot-grünen Koalition liegt die Bundesrepublik unter dem Durchschnitt der öffentlichen Bildungsausgaben der OECD-Staaten. Das geht im Rahmen des deutschen Bildungsföderalismus vor allem auf das Konto der Bundesländer.
Die öffentlichen Haushalte sind insgesamt aus den Fugen geraten: Die Ausgaben für Schulden, Pensionen und Renten übersteigen die Investitionen zur Zukunftssicherung. Man kann darin ein Muster des heraufziehenden Generationenkonflikts sehen. Dabei hängt auch der Lebensstandard der älteren Generationen von der Innovationsfähigkeit unserer Gesellschaft ab. Die Fundamente für den künftigen Wohlstand werden im Bildungssystem gelegt. Zugleich ist Bildung der Schlüssel für soziale Teilhabe und Chancengerechtigkeit. Wir wollen deshalb, dass der Zugang zu den Hochschulen möglichst weit offen steht. Studiengebühren schränken den Zugang zu wissenschaftlicher Bildung ein. Auch das BAföGSystem ist nicht mehr zeitgemäß. Wir stellen hier Alternativen zur Debatte und hoffen auf eine lebhafte Resonanz.
Ralf Fücks, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung