Europa-Atlas 2014

Gemeinsame Pressemitteilung. Berlin, den 06. Mai 2014

Wo steht Europa kurz vor der Europawahl 2014? Wie sehen die Bürger/innen Europa? Wie viel bedeutet Ihnen die EU, wie viel Vertrauen haben sie? Wo stehen die einzelnen Staaten im direkten Vergleich, wie wirkt sich die Politik der EU aus und vor allem: Welche Gemeinplätze und Klischees, die in den Debatten um die Zukunft Europas, der EU und des EURO angeführt werden, halten den empirischen Fakten wirklich stand?

Diesen und weiteren Fragen ist der heute von der Heinrich-Böll-Stiftung, der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), dem European Council on Foreign Relations (ECFR) und Le Monde diplomatique in Berlin vorgestellte Europa-Atlas, auf den Grund gegangen.

Dabei nimmt der Europa-Atlas, der in seiner Form an den "Fleischatlas" anknüpft, 20 Themen, von der Euro-Krise, dem Aufmarsch der Europa-Gegner, der Außen- und Sicherheitspolitik, dem Nord-Süd-Gefälle, über die Themen Frauen, Asyl, Energie, Bildung und Außenhandel, bis hin zum Eurovision-Song-Contest näher unter die Lupe und präsentiert die Ergebnisse in kurzen, prägnanten Texten und informativen Grafiken.

 

Er stellt unter anderem anschaulich dar, dass

  • pro Kopf nicht Deutschland, sondern Schweden, Dänemark und Luxemburg am meisten netto in den EU-Haushalt zahlt.
  • in Irland und Bulgarien die wenigstens Fremdsprachen gesprochen werden, Deutschland im Vergleich zu 25 EU-Staaten auf Platz 12 liegt.
  • die Dänen von allen Europäer/innen am ehesten überzeugt sind, dass ihre Stimme in der EU zählt, die Griechen und Zyprioten dagegen am wenigsten.
  • auch in den Vorzeigeländern Schweden, Finnland und Dänemark zwar rund drei Viertel der Frauen erwerbstätig sind, es aber fast keine weibliche Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzende gibt.
  • zukünftig die stärkste Bevölkerungszunahme im Norden und Westen Europas zu verzeichnen sein wird, während in Ost- und Mitteleuropa die Bevölkerung schrumpfen wird.
  • die meisten Kinder in der EU in Frankreich, die wenigsten in Litauen geboren werden.
  • der deutsche Atomausstieg mitnichten ein Sonderweg ist und nur in 14 der 28 EU-Mitgliedsstaaten überhaupt Atomstrom produziert wird.
  • die EU aktuell in 15 zivilen und militärischen Auslandseinsätzen aktiv ist.
  • es die meisten Facebook-Nutzer in der Türkei gibt.

 

"Mit der Ukraine-Krise ist die Idee von einem vereinigten, demokratischen und friedlichen Europa stärker denn je in den Mittelpunkt der Wahrnehmung gerückt. Plötzlich wird uns in Europa vor Augen geführt, dass Menschen wieder auf die Straße gehen, um Teil einer Union zu werden, die, trotz aller Probleme, auf Freiheit und Freizügigkeit, Herrschaft des Rechts, soziale Teilhabe und wechselseitiger Beistand baut. Mit dem Europa-Atlas wollen wir Kenntnisse vermitteln und Zusammenhänge verdeutlichen, wollen Europa anschaulich machen, vor allem aber wollen wir motivieren, sich für dieses historische Projekt zu engagieren. Denn 'Europamüdigkeit' können sich nur diejenigen leisten, die die Errungenschaften der europäischen Einigung für selbstverständlich halten" so Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung.

Doch dieses Projekt "befindet sich inmitten der größten Erschütterung seiner 60-jährigen Geschichte", sagt Olaf Böhnke Leiter des Büros Berlin, European Council on Foreign Relations. "Dabei geht es nicht nur um Projekte, es geht vielmehr um Träume und Visionen eines geeinten Europas, die von nationalistischen und populistischen Parteien infrage gestellt werden. In der Vergangenheit hat die EU bewiesen, dass sie Erfolge bewirken kann. In der aktuellen Krise muss sie diesen Beweis noch erbringen. Denn Europa ist groß genug, um Weltpolitik aktiv zu gestalten."

Prof. Dr. Eberhard Sandschneider, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ergänzt, dass "der Europa-Atlas bewusst den Blick über das politisch-institutionelle System der Europäischen Union hinaus erweitert. Denn Europa ist weit mehr als das 'System EU'. Zuletzt wurde auf dem Maidan eindrucksvoll artikuliert, was Europa für die Menschen bedeutet: einen Lebensentwurf, den wir Europäerinnen und Europäer teilen. Diesen Lebensentwurf dauerhaft zu sichern, nicht mehr und nicht weniger, ist Ziel und Aufgabe der EU."

Barbara Bauer, Chefredakteurin der deutschen Ausgabe von Le Monde diplomatique, weist darauf hin, dass "Europa das große Versprechen des 21. Jahrhunderts ist, ein wunderbares Projekt für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, und Meinungsfreiheit. Aber die heutige EU stellt auch Zumutungen dar: kompliziert, zu undemokratisch, zu bürokratisch, zu marktdarwinistisch, zu unsozial. Diese Zumutungen müssen und können wir ändern, engagierte Europäer/innen beweisen es jeden Tag. Zu seinem Glück braucht Europa gerade seine kritischen Fans, die an der Idee von einem besseren, sozialeren Europa festhalten."

 

Der Europa-Atlas und die darin enthaltenen Grafiken stehen ab dem 6. Mai zum Download zur Verfügung: www.boell.de/europa-atlas

Er liegt zudem der Freitagausgabe der taz (9. Mai 2014) und der Maiausgabe von Le Monde diplomatique (10. Mai 2014) bei.

Bei Rückfragen und Interviewwünschen stehen wir jederzeit gerne zu Ihrer Verfügung.

Die Publikation wird von der Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, dem European Council on Foreign Relations und Le Monde diplomatique herausgegeben.

Diese Pressemitteilung ist auch als PDF verfügbar.

 

 

Pressekontakte:

Vera Lorenz, Pressesprecherin Heinrich-Böll-Stiftung
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Dr. Christine Pütz

Referentin Europäische Union

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