Jörg Haas, Hertie School of Governance, Berlin

Economic Policy Coordination in the Euro Area: Explaining (Non-)Compliance with the European Semester

Weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat die Europäische Union in den letzten Jahren ein umfangreiches System zur Koordinierung nationaler Wirtschaftspolitiken entwickelt („Europäisches Semester“). Damit hat sie Lehren aus der Eurokrise gezogen, die maßgeblich durch mangelnde Absprachen zwischen den europäischen Volkswirtschaften verursacht wurde.

Unter den neuen Regeln gibt die Kommission jährlich für alle Mitgliedsstaaten Reformvorschläge, sogenannte „Länderspezifische Empfehlungen“, aus. Verfolgt ein Land dennoch eine Wirtschafts- oder Schuldenpolitik, die die Stabilität der Eurozone gefährdet, kann es verwarnt und schließlich sogar mit empfindlichen Strafzahlungen belegt werden.

Doch nicht alle Staaten sind den Reformvorschlägen der Kommission gleichermaßen zugänglich. Die Umsetzungsraten reichten in der Zeit von 2013 bis 2015 von kaum mehr als 10% in Ländern wie Deutschland und Ungarn bis 55% in Ländern wie Spanien und Finnland. Meine Forschungsfrage lautet daher: Warum setzen manche Länder im Europäischen Semester mehr Länderspezifische Empfehlungen um als andere?

Meine Hypothesen generiere ich aus der akademischen Literatur zur Einhaltung internationaler Regeln und zu Anpassungsprozessen in der internationalen politischen Ökonomie. Ich teste sie mithilfe einer Mischung aus quantitativen und qualitativen Methoden und erstellen zu diesem Zweck eine neue Datenbank zur Umsetzung wirtschaftlicher Reformen in der Eurozone.