James Moroka wird 1949 mit Hilfe der ANC-Jugendliga neuer Präsident des ANC, bleibt es allerdings nur drei Jahre: Der ANC-Kurs wird zwar wie von der Liga gewünscht radikaler, sie erhält in der Organisation mehr Gewicht, Moroka engagiert sich aber nicht besonders und ist mehr an seinen Geschäften interessiert. Als er als Angeklagter vor Gericht ANC-Grundsätze verleugnet, wählt die Partei ihn 1952 ab.
James Sebe Moroka wird am 16. März 1891 geboren; in Wien und Edinburgh studiert er Medizin, wird Arzt in seiner Heimat. Er gehört zu den wohlhabenden Schwarzen, hat ein kleines Grundstück im Oranje-Freistaat geerbt, auf dem sein Urgroßvater, Häuptling Moroka, die burischen Voortrekker freundlich mit Landgeschenken empfangen hatte (und von ihnen übers Ohr geschlagen wurde).
Moroka engagiert sich in den 30er Jahren in der „All-African Convention“, die trotzkistisch beeinflusst ist, wird AAC-Präsident. Im Streit um die Hertzog-Gesetze, die das Wahlrecht der Afrikaner weiter beschneiden sollen, beweist Moroka Mut, sagt 1936 dem Regierungschef bei den Verhandlungen ins Gesicht: „Ich bin dafür, das Stimmrecht vom Kap auszuweiten auf den Oranje Freistaat und den Transvaal – auf das ganze Land.“
Militanten Aktionen gegenüber zeigt sich Moroka aufgeschlossen; ein entsprechendes Aktionsprogramm der ANC Youth League werde er unterstützen, erklärt er auf Anfrage. Die ANCYL, die von ihrem eigentlichen Wunschkandidaten eine Abfuhr erhalten hat, schlägt Moroka auf der Jahres-Konferenz der Organisation als neuen Präsidenten vor; sie ist damals der Königsmacher: 1949 wird James Moroka 1949 zum ANC-Präsidenten gewählt.
Der neue Präsident ist für breite Bündnisse mit allen gesellschaftlichen Gruppen. „Der alte, exklusive Congress ist mit Seme begraben worden“, meint Moroka im Juni 1951. Er akzeptiert auch die Kommunisten als Verbündete, obwohl er den Kommunismus ablehnt. In einem neuen „Joint Planning Committee“ werden gemeinsame Aktionen geplant wie 1952 die „Defiance Campaign“, die zum zivilen Ungehorsam gegenüber Apartheid-Gesetze aufruft. Statt 7000 hat der ANC jetzt rund 100 000 (zahlende!) Mitglieder.
Politisch ist Moroka allerdings ziemlich unerfahren. Nach den Demonstrationen 1952 steht er mit 20 weiteren Angeklagten vor Gericht, angeklagt unter dem „Suppression of Communism Act“ – wobei „Kommunismus“ ziemlich weitgefasst wird, wie auch der Richter zugibt. Moroka hat sich einen eigenen – weißen – Anwalt besorgt, plädiert wegen seiner langen Freundschaft zu den Buren auf mildernde Umstände und erklärt sich zum vollständigen Gegner des Kommunismus. Zum Entsetzen der Angeklagten sagt der ANC-Vorsitzende dem Richter, er glaube nicht an die Gleichheit von Schwarzen und Weißen, und will dem Gericht die Kommunisten unter den Angeklagten zeigen – ein Verhalten, das der ANC nicht durchgehen lassen konnte. „Wir wussten sofort, dass seine Tage als ANC-Präsident gezählt waren“, schreibt Nelson Mandela in seinen Erinnerungen. Das Exekutiv-Komitee des ANC zerpflückt Morokas Jahresbericht, und auf der Jahres-Konferenz wird Moroka ohne viel Federlesen abgewählt.
Heute erinnert der ANC auf seiner Webseite nur mit einigen dürren Zeilen an James Sebe Moroka. Nelson Mandela allerdings hat ihm seinen Verrat vergeben: Aus dem Gefängnis heraus organisiert er, dass Moroka mit 91 Jahren Patenonkel des Kindes von Nelson Mandelas Tochter Zeni wird. James Sebe Moroka stirbt am 10. November 1985 im Alter von 94 Jahren.