Gunther Gust, Albert-Ludwigs-Universität – Freiburg

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Niederspannungsnetzplanung mit geostatistischen Modellen

Das elektrische Energieversorgungssystem befindet sich im Wandel. Zentrale Großkraftwerke verlieren zu Gunsten dezentraler Einflussgrößen, wie z. B. Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke und Elektrofahrzeuge, an Bedeutung. Diese bewirken einen starken Anstieg der Stromflüsse in Niederspannungsnetzen, die an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geraten.

Mit welchen geographischen Mustern und welcher Geschwindigkeit die Verbreitung dezentraler Technologien erfolgt, ist nicht ausreichend erforscht. Bisherige Arbeiten bestimmen das Potenzial der Technologien, machen jedoch keine Angabe über dessen Realisierungswahrscheinlichkeit. Darüber hinaus werden Informationen aus historischen Daten bisher nicht genutzt. In der Dissertation wird zunächst die geografische Verbreitung dezentraler Technologien exemplarisch für Photovoltaikanlagen langfristig prognostiziert. Hierfür werden Verfahren des maschinellen Lernens aus der Geo- und Bayes-Statistik genutzt, die es ermöglichen, die Ausbreitung in einem für die Niederspannungsnetzplanung notwendigen, sehr hohen Detaillierungsgrad zu prognostizieren.
Die Ergebnisse dienen der Politik, die Wirkungsweise der EEG-Förderung mit ihren Novellen und die Geschwindigkeit des Ausbaus dezentraler Erzeugungsanlagen genauer zu verstehen.

Als zweites wird mit den Ergebnissen der Prognose der resultierende Netzausbaubedarf ermittelt. Da bisher keine geeigneten Werkzeuge zur Analyse der Vielzahl an Niederspannungsnetzen in größeren geografischen Räumen existieren, wird die Netzplanung in der Praxis meist anhand von Beispielnetzen durchgeführt. Aufgrund der Heterogenität der Niederspannungsnetze ist die Aussagekraft dieses Planungsverfahrens jedoch eingeschränkt. Daher wird in der Dissertation ein Werkzeug zur Planungsunterstützung entwickelt, das eine Netzausbausimulation --- basierend auf einer automatisierten, vollständigen Einzelbetrachtung der Netze --- durchführt. Dabei werden sowohl konventionelle als auch neuartige Smart-Grid-Technologien zum Netzausbau einbezogen. Zusätzlich werden unter Berücksichtigung von Unsicherheit optimale Netzausbaupfade über den Prognosezeitraum bestimmt, um das Kosteneinsparpotenzial vorausschauender Netzplanung zu erheben.

Das Werkzeug unterstützt einerseits Netzbetreiber bei einer präziseren und schnelleren Investitionsplanung. Andererseits geben die Ergebnisse der Politik Aufschluss darüber, bis zu welchem Maß die Ausbreitung von Photovoltaikanlagen in Anbetracht der Netzausbaukosten volkswirtschaftlich erstrebenswert ist und welche Ineffizienzen durch die aktuelle Regulierungsform (ARegV) verursacht werden, die vorbeugende Netzausbaumaßnahmen nicht fördert.