Das Recht auf Entwicklung in Zeiten der Klimakrise

Lesedauer: 3 Minuten

Eckpunkte des "Greenhouse Development Rights"- Ansatzes

7. Februar 2008

Zusammenfassung von
Paul Baer, Tom Athanasiou, Sivan Kartha (2007): The Right to Development in a Climate-Constrained World.

  1. Nach dem in diesem Jahr veröffentlichten 4. IPCC Bericht brauchen wir eine globale Emissionsreduktion von 50–85% im Vergleich zu 2000 (38-72% im Vergleich zu 1990) um eine gewisse Chance zu haben, unter der kritischen Schwelle von 2 Grad globaler Erwärmung zu bleiben.
  2. Dies erfordert, dass Emissionen nicht nur mit größtmöglicher Geschwindigkeit in den entwickelten Ländern, sondern auch in Entwicklungsländern reduziert werden. Diese haben aber zu Recht bisher andere Prioritäten in der Armutsreduktion (Erreichung der Millenium Entwicklungsziele). Es gilt das Menschenrecht auf Entwicklung (UN Deklaration 1986) auch unter Bedingungen der Klimakrise zu wahren.
  3. Die mit der unabdingbaren raschen Emissionsreduktion verbundenen Zusatzkosten können daher nicht ausschließlich von den Entwicklungsländern aufgebracht werden. Sie müssen global nach einem nachvollziehbaren Maßstab aufgebracht werden. Ein rein auf freiwilliger Selbsteinschätzung basierender Ansatz wird zu einer systematischen Zielverfehlung im Verhandlungsprozess führen. Auch die bisherige Aufteilung in Industrie- und Entwicklungsländer in den Anhängen der Klimarahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls ist zunehmend von der Realität überholt.
  4. Die Klimarahmenkonvention nennt „Verantwortlichkeit“ für den Klimawandel und „Fähigkeit“ zum Klimaschutz als Maßstäbe. Der Greenhouse Development Rights Ansatz operationalisiert diese Maßstäbe in einem Indikator für Verantwortlichkeit und Fähigkeit, und verteilt die globalen Klimaschutzaufgaben nach diesem Indikator.
  5. Als Maßstab für die Fähigkeit wird das kumulierte Einkommen der Bevölkerungsschichten oberhalb einer Einkommensschwelle definiert, als Maßstab für die Verantwortlichkeit die kumulierten Emissionen dieser Schichten seit 1990. Damit berücksichtigt der Ansatz, dass auch in Ländern wie China und Indien bereits eine Mittel- und Oberschicht existiert, die sowohl mitverantwortlich für den Klimawandel ist, als auch fähig ist, notwendige Belastungen durch den Klimaschutz zu schultern.
  6. Im Ergebnis müssen die Industrieländer nicht nur erhebliche Emissionsreduktionen im eigenen Land vornehmen, sondern auch den Klimaschutz in Entwicklungs- und Schwellenländern in einem sehr erheblichen Umfang fördern und kofinanzieren. Ob dies über einen reformierten Emissionshandel, oder über ein Bündel anderer Finanzierungsmechanismen (z.B. Waldschutzfonds) geschieht, muss dabei Gegenstand von Verhandlungen sein.
  7. Die von der Bundesregierung angestrebten 40% Emissionsreduktion gegenüber 1990 sollten unter diesem Gesichtspunkt in Deutschland realisiert werden. Darüber hinaus sollten in einer ähnlichen Größenordnung Emissionsreduktionen in Entwicklungs- und Schwellenländern (z.B. im Waldschutz) geleistet werden, damit Deutschland einen Klimaschutzbeitrag gemäß seiner Leistungsfähigkeit und seiner Verantwortlichkeit für den Klimawandel erbringt.
  8. Eine derartige Emissionsreduktion scheint heute unrealistisch. Wir erwarten nicht, dass dieser Ansatz ein zu eins in ein KyotoPlus Abkommen umgesetzt wird. Doch bietet es als Referenzrahmen einen Maßstab, was eine faire, transparente Lastenteilung unter Wahrung der Entwicklungsbedürfnisse des armen Teils der Menschheit wäre. Ohne Fairness wird es kein globales Klimaschutzabkommen geben, das der vor uns stehenden Aufgabe gerecht wird. Gefordert ist nun politische Führungskraft, die das klimapolitisch Notwendige in das politisch Machbare übersetzt und Realismus dabei neu definiert.

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