Demokratie und Öffentlichkeit
Starke, unabhängige Medien und eine pluralistische Berichterstattung haben eine Beobachtungs- und Korrektivfunktion in jeder demokratischen Gesellschaft. Heute garantieren die Verfassungen aller Staaten des Südlichen Afrika (mit Ausnahme von Swaziland) das Recht auf freie Meinungsäußerung. Allerdings gibt es in den meisten Ländern der Region faktisch immer noch Bestimmungen und/oder Gesetze, die die Presse- und Meinungsfreiheit z. T. erheblich einschränken. Das Beispiel Zimbabwe zeigt besonders drastisch den Unterschied zwischen Verfassung und Wirklichkeit.Bis in die neunziger Jahre hinein befanden sich die meisten Medien der Region unter staatlicher Kontrolle. Im vergangenen Jahrzehnt fanden dann strukturelle Veränderungen bei den Printmedien, in einigen Ländern auch bei Hörfunk und Fernsehen, statt. Damit die nun teilweise unabhängigen Medien einen sinnvollen Beitrag zur Demokratisierung in der Region leisten konnten, waren unter anderem Verbesserungen der beruflichen Qualifikation und politischen Bildung von JournalistInnen von größter Bedeutung.
Bis 2003 hat sich die Heinrich-Böll-Stiftung daher in ihrem „Medienprogramm Südliches Afrika“ um die Aus- und Fortbildung von JournalistInnen von unabhängigen Medien in der Region gekümmert. Dies geschah sowohl in „politischer“, als auch in „handwerklicher“ Hinsicht. Inhaltliche Bestandteile des Medienprogramms waren u.a. Medienpolitik sowie politische Bildung für JournalistInnen in den Bereichen Geschlechterdemokratie, Umweltschutz, "Medien und Rassismus" sowie "Armutsbekämpfung und HIV/AIDS". Konkrete Bildungs- und Vernetzungsarbeit geschieht in Ausbildungskursen für Medienschaffende, in regionalen Konferenzen und Workshops.
Das Medienprogramm der Heinrich-Böll-Stiftung wurde im Jahr 2004 neu ausgerichtet. In einem Nachfolgeprogramm „Demokratie und Öffentlichkeit südliches Afrika“ strebt die Stiftung eine stärkere politisch-inhaltliche Ausrichtung an.
Der Ausgangspunkt für diese Neuausrichtung ist, dass vor allem zivilgesellschaftliche Organisationen eine entscheidende Rolle im Demokratisierungsprozess in der Region spielen. Zivilgesellschaft kann und muss relevante Themen und Probleme ansprechen und in das Blickfeld einer weiteren Öffentlichkeit rücken, die von offizieller Seite – bewusst oder unbewusst – keine Beachtung finden. In inhaltlichen Bereichen, in denen der Demokratisierungsprozess stockt oder in denen gar Rückschritte zu verzeichnen sind, sind zivilgesellschaftliche Institutionen und Organisationen in besonderem Maße als ImpulsgeberInnen gefordert
In der zunehmend von Medien dominierten Gesellschaft im südlichen Afrika werden Zugang zu Medien, Medienkompetenz und die Fähigkeit, gezielt und effektiv zu kommunizieren immer bedeutender. Anders ausgedrückt, Zivilgesellschaft muss die Fähigkeiten haben, an öffentlichen Debatten teilzunehmen und diese zu beeinflussen. Vielen Nichtregierungsorganisationen mangelt es aber oft an Kommunikationskonzepten und -fähigkeiten. Sie können dadurch oft ihre demokratischen Funktionen in der Gesellschaft nur eingeschränkt wahrnehmen und gesellschaftliche Entwicklung und sozialen Wandel selten aktiv mitgestalten.
Insbesondere die jungen Demokratien des Südlichen Afrika brauchen aber jetzt und in Zukunft eine starke Zivilgesellschaft, die Alternativen zu den „offiziellen“ Positionen vertritt und damit als Wächter und Motor der Demokratisierung fungiert. Durch gezielte Hilfe und Unterstützung sollen zivilgesellschaftliche AkteurInnen in die Lage versetzt werden, sich in den Demokratisierungsprozess in der Region aktiver, öffentlichkeitswirksamer und damit effizienter einzubringen.
Angesichts der schweren Behinderungen der Pressefreiheit in Zimbabwe wird die Stiftung auch in diesem Land auf die Einhaltung der Pressefreiheit beharren und entsprechende Maßnahmen durchführen.
Die Komponente "Demokratie und Öffentlichkeit" beinhaltet drei thematische Schwerpunkte:
- Förderung der demokratischen Debattenkultur
- Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements in "Guter Regierungsführung"
- Förderung der freien Presse in Zimbabwe.
In der Programmkomponente "Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements" kooperiert die Stiftung u.a. mit der Organisation "Participation Junction". Das Projekt soll Nichtregierungsorganisationen befähigen, an Entscheidungsbildungsprozessen im Parlament konstruktiv mitzuwirken.
Eine Partnerorganisation der Stiftung zum Themenschwerpunkt "Förderung der freien Presse in Zimbabwe" ist ZimOnline, ein Internet-basierter Nachrichtendienst einer Gruppe von simbabwischen JournalistInnen im Exil. Der Dienst will eine glaubwürdige und überparteiliche Berichterstattung über die Verhältnisse in Simbabwe sicherstellen. Die Heinrich Böll Stiftung unterstützt das Radioprojekt "Voice of the Peoples" (VOP), das sein Programm in Kapstadt produziert und das in Simbabwe empfangen werden kann.
Ein langjähriger Projektpartner der Heinrich Böll Stiftung im Bereich "Förderung der demokratischen Debattenkultur" ist die gemeinwesenorientierte Radiostation Katutura Community Radio (KCR). KCR ist das einzige unabhängige und nicht-kommerzielle Radioprogramm in Namibia. Es wird von Nichtregierungsorganisationen mit Sitz in Windhoek betrieben. Durch die Unterstützung der Stiftung kann KCR ein 24stündiges Programm senden.