Vortrag von Leonard Novy anlässlich des Geschlechterpolitischen Ratschlags der Heinrich-Böll-Stiftung am 29.05.08
Soweit heute absehbar, wird sich der Wahlkampf 2009 um (Alters-)Armut, Mindestlohn, Steuern und die Polarisierung Schwarz-Rot drehen. Geschlechterpolitik, Geschlechterdemokratie im Sinne emanzipatorischer Gesellschaftsveränderung, scheinen unter den Bedingungen der Mediendemokratie – auf die ich gleich noch zu sprechen komme – schwer vermittelbar.
Wir haben es zu tun mit stabilen, festgefahrenen Strukturen und verwurzelten Einstellungen zu Geschlechterrollen. Diese zu verändern ist selbst mit groß angelegten Öffentlichkeitskampagnen und Bildungsmaßnahmen schwer.
Zumal man argumentieren könnte, dass ja alles in Ordnung ist! Angela Merkel ist Kanzlerin, Hillary Clinton fährt einen Nach-mir-die-Sintflut-Wahlkampf, der geschlechterspezifische Unterschiede irrelevant erscheint lässt… In der Tat scheinen langfristige Trends des Wertewandels, des sozio-ökonomischen Fortschritts und der kulturellen Modernisierung sowie das Nachwachsen einer jungen Generation in Richtung politischer Parität. Doch ist diese bei Weitem noch nicht erreicht! Gleichzeitig nehmen Gender-Themen (zumindest mittelbar) im politischen Diskurs eine große Rolle ein: Kampagnen-Rhetorik – vielleicht in Deutschland weniger als in den USA – ist geprägt von impliziten Botschaften zu Maskulinität. Leadership (politische Führung) ist eng verknüpft mit vermeintlich maskulinen Idealen der Rede, des Verhaltens und des Charakters. Nach wie vor ist also die Forderung aktuell, in Politik und Gesellschaft Möglichkeiten zu suchen, bestehende Hierarchien zwischen den Geschlechtern abzubauen.
Dabei gilt, dass das Thema nicht zu trennen ist von sozialen Strukturen, politischen Institutionen, Traditionen und Kultur. Gerade weil wir es mit etablierten Strukturen und Traditionen zu tun haben, deren Veränderungen Gewohntes in Frage stellen, muss für Veränderungen geworben werden, muss Aufmerksamkeit, Unterstützung, Akzeptanz generiert werden. Wie die Bedingungen dafür aussehen und welchen Beitrag Politikberatung dazu leisten kann, möchte ich im Folgenden mit vier Thesen skizzieren. Schon hier wird deutlich, dass ich mich weniger auf Wahlkampf und Campaigning beziehe als auf Politikvermittlung allgemein und die Kommunikation von Reformen. Denn Reformen sind mit Veränderungen verbunden sind, die Bekanntes und Gewohntes – also auch Weltbilder – in Frage stellen.
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