Geschlechterdemokratie

Baloongirl (Foto: Thomas Hegenbart)

2. Dezember 2008
Die Benachteiligung von Frauen ist die wohl am meisten verbreitete Form der Diskriminierung, denn unter ihr leidet die Hälfte der Gesellschaft. Obwohl in fast allen arabischen Verfassungen inzwischen Gleichheitsrechte verankert sind, ist die Diskrepanz zwischen Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit hier besonders groß. Etwa die Hälfte der arabischen Staaten haben CEDAW, die UN-Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women von 1979, bislang nicht ratifiziert. Einige der arabischen Unterzeichnerstaaten schlossen sich CEDAW nur unter Vorbehalten an. Konservative bis fundamentalistische Strömungen des Islam haben in vielen Staaten der Region an Einfluss gewonnen und versuchen, die Rolle der Frauen auf den Haushalt und die Erziehung der Kinder zurückzudrängen.

Ohne Respektierung der Frauenrechte ist jedoch Reform, Demokratie und Entwicklung auf Dauer nicht möglich. Die Autoren des im November 2006 erschienenen Arab Human Development Report (Towards the Rise of Women in the Arab World) ziehen eine ernüchternde Bilanz zur Lage der Frauen in arabischen Gesellschaften: Frauen werden grundlegende Freiheiten verweigert und die volle Entfaltung ihrer Fähigkeiten in vielen Lebensbereichen immer noch verhindert - das betrifft bürgerliche und politische Freiheiten, Bildung, Gesundheit und persönliche Sicherheit. Sie stellen fest, dass es beim Aufstieg der Frauen in den arabischen Ländern um mehr geht, als nur historisches Unrecht wieder gutzumachen und faire Behandlung sicherzustellen. Vielmehr ist der gesellschaftliche Aufstieg der Frauen Grundvoraussetzung einer umfassenden "Arabischen Renaissance". Insbesondere plädiert der Bericht für zeitlich begrenzte, auf die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen arabischen Gesellschaft zugeschnittene gezielte Fördermaßnahmen, um die Mitwirkung von Frauen auf alle Bereiche des Lebens auszudehnen. Dies gilt als unumgänglich, will man die seit Jahrhunderten bestehenden Strukturen der Diskriminierung aufbrechen. Nicht etwa „nur“ religiöse Überzeugungen erschweren die Gleichstellung von Frauen. Auch staatliche Strukturen und Gesetze verhindern die Umsetzung von gleichen Rechten für Frauen und eine Verbesserung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Chancen.