Das Reformprogramm des amerikanischen New Deal - Der Pakt zwischen Arbeitnehmern, Unternehmern und Staat in den 1930ern

Der New Deal war eine Lösung für ökonomische Probleme. Doch die Ideen des New Deal gingen darüber hinaus: Man findet in ihnen auch die Handschrift der amerikanischen Naturschutzbewegung. Der New Deal: also ein gutes Vorbild für einen Green New Deal? -> Aktuelle Artikel, Publikationen und andere Veröffentlichungen zu Wirtschaft & Finanzen.

Der Börsenaufschwung 1924 –1929 hatte zur New Era geführt, die der Vorstellung huldigte, dass man nur genügend Aktien kaufen müsse, und sei es mit Schulden, um reich und unabhängig von eigenem Arbeitseinkommen zu werden. Der Boom beruhte auf falschen Versprechungen, auf Handel mit verbrieften faulen Krediten, Schwindelgeschäften und Gaunereien, die 1929 ein dramatisches Ende fanden.

Die Depression, in welche die Krise das Land stürzte, hatte jedoch tiefere Ursachen. Im Weltkrieg hatte die US-Landwirtschaft für die steigende Lebensmittelnachfrage der Alliierten produziert. Der Exportmarkt brach weg und ab 1921 kämpften die Farmer mit Absatzschwierigkeiten. Immer mehr mussten Ländereien und Höfe verpfänden. Da sich die Exportchancen nicht besserten, konnten die Hypotheken nicht zurückgezahlt werden, und nun wurden auch die Hypothekenbanken von der Krise betroffen. Ab 1921 verschwanden jährlich rund 600 Banken und mit ihnen die Spardepositen. Von den 30 800 Banken des Jahres 1921 gab es 1933 nur noch 15 200.

Eine weitere Krisenursache war die extensive Rationalisierung in der Industrie in der zweiten Hälfte der 20er-Jahre. Die Produktivität stieg. Zwar sanken die Löhne nicht, wohl aber die Zahl der Beschäftigten und damit die Nachfrage. Die Schere zwischen Kaufkraft und Produktivitätssteigerung öffnete sich immer weiter und damit fielen all die großen und irrealen Erwartungen, die zum Aufstieg der Börsen beigetragen hatten, in sich zusammen. Verkaufsausfälle, sinkende Absatzzahlen und Entlassungen – die Konsumkurve sank, die Zukunftsprognosen verschlechterten sich. Dann investierte Wall Street nicht mehr.

Der Zirkel war geschlossen

Die Schlangen der Arbeitslosen vor den Suppenküchen wurden länger. Vor 1933 gab es noch keine Arbeitslosenstatistiken, aber aus den Zahlen privater Organisationen und der Kommunen ergibt sich eine Arbeitslosigkeit, die unter Präsident Hoover von 3,2 Millionen im Januar 1930 auf 13,25 Millionen im April 1933 stieg, um dann langsam zu fallen.

Hoover hatte anfangs versichert, die Depression bestehe nur in der Fantasie. Er appellierte an die Unternehmer, keine Arbeiter zu entlassen und die Löhne nicht zu kürzen, denn Arbeit sei keine Ware, und die größten Schocks sollten die Gewinne, nicht die Löhne treffen. Doch während der Präsident einen Fonds auflegte, der Konzernen, Banken und Versicherungen günstige Kreditschöpfungsmöglichkeiten bot, und auch der Farm Board den Bauern großzügige Kredite gab und Weizenexporte subventionierte, beschwor er die Gefahren, die eine direkte Hilfe für Arbeitslose mit sich bringen würden. Die sozialpolitischen Maßnahmen, die er ergriff, beschränkten sich auf die Unterstützung öffentlicher Arbeiten nach dem Vorbild des englischen Almosensystems aus der Zeit von Königin Elizabeth I. Hatte Hoover vor der Wahl jedem amerikanischen Bürger zwei Autos in der Garage versprochen, erfuhren diese nun im Grunde dieselbe Behandlung wie die Armen im England des 16. Jahrhunderts.

Die Hoover-Regierung wartete vergeblich auf ein Ende der Depression. Nach vier Jahren entschieden sich die Wähler für Franklin D. Roosevelt. Von März bis Juni 1933 erließ der neue Präsident eine Welle von Gesetzen zur Regulierung der Märkte, gefolgt von einem steten Strom von Maßnahmen, die die Wirtschaft stabilisieren sollten.

Zunächst nahm sich Roosevelt der Bekämpfung unsolider Banken an. Ihr Widerstand gegen die Reformen wurde durch die öffentliche Anhörung der Banking and Currency Commission gebrochen, die auch den letzten Winkel der Wall Street durchleuchtete und nicht allein geschäftliche Gaunereien und Schiebereien aufdeckte, sondern den Granden der Wall Street auch Steuerhinterziehung nachwies – etwas, wofür die Amerikaner kein Verständnis aufbrachten. Die Finanzmarktreform mit der Einrichtung der Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission – SEC) und der Einführung des Trennbankensystems (Glass-Steagull-Act) führte dazu, dass es Jahrzehnte dauern sollte, bevor es wieder zu Bankenskandalen kam.

Am 18. Mai 1933 unterzeichnete der Präsident das Gesetz zur Gründung der Tennessee Valley Authority. Damit entschied er die Frage, ob die öffentliche Hand auch Energieversorger sein darf. Roosevelt hatte schon als New Yorker Gouverneur die Position vertreten, dass Energieversorgung nur unter einer Bedingung in privater Hand bleiben darf: Es müsse gewährleistet sein, dass die Kunden nur den niedrigsten Preis zahlen müssten, der den Investoren noch einen fairen Ertrag ermöglichte. Dieses Prinzip sollte nach seiner Amtsübernahme mit dem Public Utility Holding Act 1936 Leitkurs der amerikanischen Energieversorger werden, deren Preise bis zum Beginn der Ära Bush sen. in den meisten Bundesstaaten nach diesem Prinzip kontrolliert wurden.

Das Staudammprojekt am Tennessee, das gegen Klagen privater Stromversorger durchgesetzt wurde, war ein Großprojekt, das mehrere Flüsse und Täler umfasste und nach neuesten Erkenntnissen geplant und "mit der Natur, nicht gegen sie" gebaut wurde. Strom und Wasser sollten vor allem den Gemeinden, den Bürgern und Bauern zugute kommen, die sich sonst die Leitungen nicht hätten leisten können.

Neben diesen und ähnlichen Großprojekten fanden auch Vorschläge für das direkte staatliche Eingreifen bei der Festlegung von Löhnen, Produktion und Beschäftigung Zustimmung und zwar sowohl in der Geschäftswelt als in der Arbeiterschaft. Diese mussten Mindestlöhnen und den im Umfang begrenzten Produktionsvolumina zustimmen, welche die "unfaire Konkurrenz" beenden sollten. Die Instrumente der National Recovery Administration bestanden einerseits in der Verkürzung der Arbeitszeit und der Erhöhung der Löhne durch Anerkennung der Tarifhoheit der Gewerkschaften (Labor Relations Act, Wagner Act), andererseits in der Verschonung der Unternehmer von Anti-Trust-Gesetzen. Sie konnten sich nun zusammenschließen, um Preise abzusprechen. Die Agricultural Adjustment Administration (AAA) unterstützte die Landwirtschaft durch die Drosselung der Produktion, um die Preise auf den Lebensmittelmärkten heraufsetzen zu können. Und sie erhob Steuern auf die Lebensmittel verarbeitende Industrie, die den Bauern in Form von Boni transferiert wurden.

Von der Wirtschaft in die Verfassungskrise

Roosevelts Maßnahmen wurden zwar vom Kongress befürwortet, aber die Gerichte erschwerten die Durchführung. Im Januar 1935 erklärte das Oberste Gericht einen Teil der New Deal-Gesetze für verfassungswidrig. Von Januar 1935 bis Mai 1936 verwarf es weitere elf Gesetze (darunter die Mindestlohnregelung und die Höchstarbeitszeit). Auch Teile des Agricultural Adjustment-Gesetzes, mit dem der Nichtanbau von Gütern wie Baumwolle, Weizen, Reis und Tabak prämiert und Verarbeitungsbetrieben eine Steuer auferlegt worden war, erklärte es für verfassungswidrig.

Die USA waren damit aus einer Wirtschaftskrise in eine Verfassungskrise geraten. Im November 1936 wurde Roosevelt mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt. Inzwischen hatten sich jedoch die Mehrheiten verändert. Eine Reihe der höchstrichterlichen Anti-New-Dealer trat zurück, andere starben und Roosevelt konnte das Gericht mit neuen, freundlicher gesinnten Richtern besetzen. Sein New Deal fand in der Folge auch auf Seiten der Justiz die notwendige Unterstützung – staatliche Kompetenzen wurden auf allen Ebenen gestärkt, Eingriffe des Bundes in die Wirtschaft bildeten keinen Tabubruch mehr, sondern eine von allen gesellschaftlichen Gruppen erwünschte Unterstützung des Gemeinwohls.

Die Volkswirtschaft der USA hatte nicht an Knappheit gelitten, sondern an einer Überproduktion, die zur Verschwendung von Ressourcen geführt hatte. Der New Deal war eine Lösung für die ökonomischen Probleme. Doch die Ideen des New Deal gingen darüber hinaus: Man findet in ihnen auch die Handschrift der amerikanischen Naturschutzbewegung. Der New Deal: also ein gutes Vorbild für einen Green New Deal?