Aischa Ahmed, Freie Universität Berlin
Bereits lange vor dem 11. September 2001 waren Menschen arabischer Herkunft im Westen mit zahlreichen Vorurteilen, strukturellen Repressionen und rassifizierten Repräsentationen konfrontiert. In Deutschland basieren stereotype orientalisierte Figurationen auf historischen Hintergründen, die eng mit dominanten Selbst-Imaginationen und nationalen Identitätsmustern verbunden sind. Spätestens seit der Zeit arabischer Studienmissionen und den Völkerschauen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts lassen sich arabische Anwesenheiten in Deutschland nachweisen.
Das Promotionsvorhaben spürt, anhand auto/biographischer wie auch offizieller Quellen den Fremd- und Eigenwahrnehmungen arabischer Präsenzen nach und stellt die verschiedenen Perspektiven einander gegenüber. Welche Lebenswege lassen sich für die Zeit von 1871 bis 1945 skizzieren? In welcher Weise beeinflussten Herkunfts- und Genderstrukturen sowie Formen der Ethnisierung bzw. Rassifizierung arabische und arabisch-deutsche Menschen in Deutschland? Welche Interaktionen lassen sich zwischen Mehrheitsgesellschaft und marginalisierten Präsenzen feststellen?
Ziel des Vorhabens ist es, die Diskurse der "gesellschaftlich Anderen" - der "gesellschaftlich Geanderten" - aufzudecken und als Teil einer kritischen Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte herauszuarbeiten. Zäsuren und Kontinuitäten in der Zeit von 1871 bis 1945 sollen entsprechend unterschiedlicher biographischer Perspektiven markiert und situiert werden. Die Arbeit strebt an, gemeinsame/geteilte Erfahrungen arabischer Präsenzen zu benennen und ihren Erinnerungen eine kollektive Dimension zu geben. Die Ergebnisse dieser Diskussion werden in einem Ausblick mit den Entwicklungen der beiden deutschen Nachkriegsstaaten verbunden, um die Dis/Kontinuitäten einzelner Biographien vor dem Hintergrund migrationshistorischer Kontexte zu erläutern.