Dana de la Fontaine, Universität Kassel
Sowohl in der internationalen Politik als auch in der Politikwissenschaft wird der wachsende Einfluss asiatischer, lateinamerikanischer und afrikanischer Schwellenländer beobachtet. Der Schwerpunkt des Interesses liegt hier vor allem auf wirtschafts- und sicherheitspolitischen Fragen, das heißt, inwiefern Länder wie etwa China, Indien, Mexiko, Brasilien, Nigeria, Südafrika oder Ägypten auf regionaler und globaler Ebene zu politischen und ökonomischen Führungsmächten heranwachsen, welche wiederum den Führungsanspruch der etablierten Großmächte wie den USA oder EU zunehmend untergraben (Kugler 2006; Nolte 2007).
Neuerdings wird auch die Frage nach der neuen Rolle dieser Staaten im Bereich der GSP thematisiert (s.u.), da auch hier Veränderungen zu verzeichnen sind. Seit dem Ende des 2. Weltkrieges bis in die 1990er Jahre gab es im Bereich der GSP eine weitaus etablierte Nord-Süd-Beziehung: Die entwickelten und industrialisierten Nationen im „Norden“ einigten sich im Rahmen unterschiedlicher internationaler Abkommen und Organisationen auf Transferleistungen an die sich noch im Industrialisierungsprozess befindenden Entwicklungsländer in Lateinamerika, Afrika und Asien im „Süden“ (Brigadão & Müller 2005; Forman & Segaar 2006; Kohlmorgen 2005). Mit dem wirtschaftlichen und politischen Erstarken der großen Schwellenländer seit den 1990er Jahren hat sich diese klare Geber-Nehmer Konstellation jedoch geändert. Zunehmend treten Länder wie China, Indien, Brasilien und Südafrika nun selber als so genannte Neue Geber (new emerging donors) gegenüber anderen weniger entwickelten Ländern auf, streben nach mehr Mitspracherecht in internationalen Organisationen, die für die GSP zuständig sind (wie etwa UNDP, Weltbank, IWF, ILO etc.) und bilden neue Institutionen im Rahmen von Süd-Süd-Koalitionen. Auf diese Weise hat sich das Akteurspektrum in der GSP um diese neue Kategorie von Staaten erweitert (Altenburg & Weikert 2006).
Aus wissenschaftlicher Perspektive bedeutet dies ein neues zu bearbeitendes Terrain, das mit vielen offenen Fragen verbunden ist. So gibt es bisher nur vereinzelte Studien zur Rolle der Schwellenländer in der GSP und den nationalen Interessen, die hinter diesen stehen. Aufgabe meiner Arbeit ist es somit, diese Lücke zu verringern. So lautet meine zentrale Fragestellung, inwiefern in Indien, Brasilien und Südafrika seit der außenpolitischen und wirtschaftlichen Liberalisierung in den 1990er Jahren, ein Wandel der außenpolischen Präferenzen bezüglich der GSP stattgefunden hat und wie sich das auf die Außenpolitik der drei Länder ausgewirkt hat.