In Indonesien. "Letzten Monat hatte meine jüngste Tochter Dengue-Fieber, klagt Iha. Jetzt ist meine Drittälteste krank. Ich kann nicht mehr!" Ihre zwölfjährige Tochter Laila wurde vor neun Tagen mit hohem Fieber ins Krankenhaus eingeliefert.Sie ist noch immer dort. Die arme Laila, sie hat schon 30 Infusionen bekommen. Selbst nach neun Tagen ist ihr Zustand noch nicht stabil. Ihas Mann arbeitet außerhalb der Stadt, in der sie leben, und kann nicht ins Krankenhaus kommen. Und Iha hat eine weitere, fünfjährige Tochter, die sie nicht alleine zu Hause lassen kann. Mila, die Älteste, muss viel Verantwortung tragen und ist in den letzten Tagen nicht zur Arbeit gegangen. Die Krankheit der Tochter belastet die Familie, auch wegen der hohen Kosten für Medikamente.
Die Regierung Indonesiens weiß, dass der Klimawandel zusätzliche Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung mit sich bringt. Mit dem Klimawandel steigen die Temperaturen, und Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber treten häufiger auf, erklärt Lily Sulistyowati vom nationalen Gesundheitsministerium. Von einem funktionsfähigen Gesundheitssystem mit bezahlbarer medizinischer Versorgung können die Menschen in vielen armen Ländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas nur träumen. Die Gefahr von Krankheiten ist in diesen Ländern weitaus höher als bei uns. Menschen, die unter Hunger, Mangel- und Unterernährung leiden, haben ohnehin ein geschwächtes Immunsystem und sind anfälliger für Krankheiten. Geringere Ernteerträge infolge des Klimawandels und die damit einhergehende Unterernährung verschärfen dieses Problem. Außerdem sind die Menschen häufig gezwungen, schmutziges Wasser zu verwenden, weil nicht ausreichend sauberes Wasser zur Verfügung steht. 2,5 Milliarden Menschen in der Welt haben keinen ausreichenden Zugang zu Hygieneeinrichtungen.
Durchfallerkrankungen, die bei uns kein Problem darstellen, treten in diesen Ländern nicht nur weitaus häufiger auf, sondern sind für geschwächte Menschen lebensgefährlich. In vielen Regionen sinkt die Wasserverfügbarkeit infolge des Klimawandels. Oder aber sintflutartige Regenfälle führen zu Überschwemmungen, die Krankheitserreger in Brunnen und Trinkwasserspeicher spülen oder wegen hoffnungslos überforderter Abwassersysteme der Städte über die Straßen strömen. Man erwartet in Zukunft weltweit 180 Millionen Fälle von Durchfallerkrankungen, die auf den Klimawandel zurückgehen.
Höhere Temperaturen verschärfen die Ausbreitung von Krankheitserregern weiter. In der peruanischen Hauptstadt Lima zum Beispiel steigt mit jedem Grad Celsius die Zahl der Durchfallerkrankungen um acht Prozent. Wird es wärmer, verbessern sich auch die Umweltbedingungen für die Überträger von Krankheiten wie Malaria oder das Dengue-Fieber. Stechmücken breiten sich in Gebiete aus, die vormals als zu kalt galten. Das ostafrikanische Ruwenzori-Gebirge, berühmt wegen seiner einzigartigen Flora, ist ein anschauliches Beispiel dafür. Während hier früher eher kühle Temperaturen herrschten, die den Stechmücken keinen Lebensraum boten, breiten sich seit etwa 1970 wegen des kontinuierlichen Temperaturanstiegs und den veränderten Niederschlagsmustern die Mücken auch hier aus. Ebenso finden sich die Mücken zunehmend auch in bisher gemäßigten Klimazonen, weil dort die Durchschnittstemperaturen steigen. Für die dort lebenden Menschen ist die Bedrohung neu. Sie erkennen die Krankheit häufig nicht oder wissen nicht, wie sie sich vor der Infektion schützen oder später die Krankheit behandeln können. Die Folge: mehr Menschen erkranken. Die Gesundheit der Menschen wird auch durch die zunehmenden Unwetterkatastrophen bedroht.
Die Weltgesundheitsorganisation who schätzt, dass extreme Unwetter wie tropische Zyklone und andere wetterbedingte Katastrophen (zum Beispiel Überschwemmungen oder Schlammlawinen nach extremen Regenfällen sowie Hitzewellen) nicht nur Ernten zerstören und das Trinkwasser verunreinigen, sondern jedes Jahr Zehntausende das Leben kosten. In der Regel hinterlassen solche Ereignisse zudem noch mehr Menschen mit zum Teil schweren Verletzungen einschließlich post-traumatischen Störungen wie Angst und Depressionen. Wieder trifft es die armen Länder besonders hart, weil in diesen Ländern wegen ihrer geographischen Lage extreme Wetterereignisse häufiger und heftiger auftreten. Gleichzeitig sind ihre Gesundheitssysteme nach Unwetterkatastrophen schnell überfordert.
Dort, wo medizinische Versorgung gewährleistet ist, müssen oft die Medikamente bezahlt werden, können Kranke nicht oder nur wenig arbeiten oder müssen gesunde Familienmitglieder sich um die Kranken kümmern. Kinder werden dann häufig aus den Schulen genommen, um etwa auf den Feldern zum Familieneinkommen beizutragen. All das bringt die Menschen schnell in existentielle Notlagen und verschärft ihre Armut.
Mehr Informationen rund ums Klima
- Cancún aktuell in der Rubrik "Klima & Energie"
- Blog: www.klima-der-gerechtigkeit.de
- In Cancún: Kontaktadressen und Veranstaltungen der Stiftung
- Pressemitteilung zu Cancún "Klima-Finanzhilfen ignorieren Menschen- und Umweltrechte"
- Regionale Arbeit zum Thema Klima in der Länderbüros
- Klima-Dossier zu den Verhandlungen in Kopenhagen
Publikation
Klima schützen, Armut verhindern
Der Klimawandel geschieht nicht erst morgen, er passiert schon heute – und er hat Folgen: Er lässt Ernten vertrocknen, verschlechtert die Trinkwasserversorgung in ohnehin trockenen Gegenden, begünstigt die Ausbreitung von Krankheiten und überschwemmt mit sintflutartigen Regenfällen ganze Regionen.All dies kostet jedes Jahr über hunderttausend Menschen das Leben und gehört auch seit jeher zu den Ursachen von Armut. Neu sind aber Zahl, Heftigkeit und Dauer solch extremer Ereignisse. Und es trifft vor allem Menschen in den Entwicklungsländern, obwohl sie in der Regel am wenigsten und häufig überhaupt nicht zu der Krise beigetragen haben. Den Klimawandel zu begrenzen ist die größte und dringendste Herausforderung dieses Jahrhunderts. Sie geht uns alle an. Und sie lässt sich meistern. Die anschauliche Publikation "Klima schützen, Armut verhindern" von Oxfam Deutschland und der Heinrich-Böll-Stiftung sensibilisiert für diese Aufgabe und sagt, was zu tun ist.