Weniger Klischee, mehr Königsdisziplin

Was macht eine News zur mitreißenden Reportage? In der Obhut der taz-Reporterin Astrid Geisler begaben sich die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Journalistenprogramms auf die Suche. Sprichwörtlich!

Von Mimoza Troni

Karla Kolumna – die „rasende Reporterin“ bei Bibi Blocksberg: Auf der Suche nach der neusten Story rast Karla Kolumna mit ihrem Roller durch die Stadt. Nur ein Klischee, wie wir auf dem dreitägigen Workshop von der HBS erfuhren. Eine Reportage zu schreiben erfordert Arbeit, ein Drehbuch und viel Gefühl.

Die richtige Geschichte zu finden, ist der Start jeder guten Reportage. Sie zu schreiben, ist der Rest. Astrid Geisler, Diplom-Journalistin und taz-Reporterin, erklärt, was eine Reportage ist. Und zwar: Ein erzählender Journalismus, der mit viel Plastizität den Leser für eine Geschichte begeistert. Der Einstieg ist dabei entscheidend. Und dieser überrascht, nimmt mit und macht neugierig. In der Praxis kommt es auf das „Drehbuch“ an. Dabei handelt es sich um keinen vorgefertigten Text, der mit Namen, Altern und Handlungsort gefüllt wird, sondern eine Idee, wie die Geschichte geschrieben werden soll, denn darauf bauen die Recherche und die Planung auf. Die Zeit ist ausschlaggebend, denn je weniger Zeit zur Verfügung steht, desto geringer ist die Chance, etwas „Prickelndes“ aus einem Gespräch zu holen. Und wenn das Prickelnde fehlt, dann ist es eben so. Denn auch bei der literarischen Darstellungsform muss es immer wahrhaftig bleiben. Immer sollte alles so aufgeschrieben werden, wie es auch tatsächlich war. Zum Schluss ein prüfender Blick: Ist alles verständlich? Dann ist die anspruchsvolle Königsdisziplin geschafft.

Theoretisch zumindest. Denn das Seminar „Reportage schreiben“ nimmt es mit dem Schreiben ernst. Aber das Thema und die Vorarbeit fehlten bei den meisten. Sie traf keine Schuld, da die Informationen bei den Teilnehmern nicht rechtzeitig ankamen. Dennoch, die 11 Stipendiatinnen und Stipendiaten und Nachwuchsjournalisten der Heinrich-Böll-Stiftung sind motiviert. Und das Ergebnis reichte vom Besuch beim Wochenmarkt und einer Demo des Kunsthauses "Tacheles" über die verlassene Botschaft des Irans und dem Besuch eines Didgeridoo-Workshops für Mukoviszidose-Patienten bis hin zu einem Selbstversuch über die Möglichkeiten eines günstigen Erlebnistages in Berlin.

Bei der Auswertung kam die professionelle Kritik. Astrid bespricht drei Texte beispielhaft. Für alle hat sie zudem eine schriftliche Kritik vorbereitet. Allgemein jedoch ließ sich festhalten, dass Struktur und Inhalt gelungen, aber kleinere Mängel vorhanden sind. Die Texte seien noch etwas schüchtern. Astrid fordert, dass sich die Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten „mehr trauen“ und ein „eigenes Sprachbild wagen“. Dies sei mit einer Fotografie zu vergleichen: Die meisten Teilnehmer hätten die mittlere Brennweite gewählt, manchmal sollte man aber näher rangehen, um die Details zu erfassen oder ganz weit weg, um das ganze Bild zu beschreiben. Ein nützlicher Hinweis zum Schluss: Reportagen alleine schreiben. Partnerarbeit gelingt nur bei erfahrenen Journalisten. Zwei Teilnehmer versuchten dennoch ihr gemeinsames Glück. Es gelang nicht.  Astrid hatte Recht. Auch sonst war das Seminar mit praktischen Tipps und Erfahrungen aus der Arbeit Astrid Geislers versehen. Die Teilnehmer haben viel Wissen und gleichzeitig Erfahrungen sammeln können. Es war ein gelungenes Seminar, das mit einer Teilnahmebestätigung gekrönt wurde.

Zum Warenkorb hinzugefügt: