Kritischer Radiojournalismus im Vorfeld der Parlamentswahlen in Kambodscha

Die kambodschanische Nichtregierungsorganisation Strey Khmer, deren Direktorin ich bin, besteht seit dem Jahr 2005. Gegründet wurde die Organisation von Frauen aus verschiedenen Schichten und Berufen, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die politische und gesellschaftliche Rolle von Frauen in Kambodscha zu stärken. Lehrerinnen, Studentinnen, Aktivistinnen und viele andere, kamen unter dem Dach von Strey Khmer zusammen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen und sich öffentlich für die politischen Belange von Frauen in der Gesellschaft einzusetzen.

Die kambodschanische Nichtregierungsorganisation Strey Khmer, deren Direktorin ich bin, besteht seit dem Jahr 2005. Gegründet wurde die Organisation von Frauen aus verschiedenen Schichten und Berufen, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die politische und gesellschaftliche Rolle von Frauen in Kambodscha zu stärken. Lehrerinnen, Studentinnen, Aktivistinnen und viele andere, kamen unter dem Dach von Strey Khmer zusammen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen und sich öffentlich für die politischen Belange von Frauen in der Gesellschaft einzusetzen.

Als logische Fortsetzung dieses Prozesses startete Strey Khmer im März 2010 ein wöchentliches Radiomagazin mit dem Namen Women´s Voices Women´s Choices. Mit diesem Radioprogramm wollten wir ein landesweites Forum schaffen, um interessierten und engagierten Frauen über parteipolitische, konfessionelle oder soziale Grenzen hinweg, ein Forum für offenen und kritischen Dialog zu bieten. Das Programm ist so konzipiert, dass, nachdem Studiogäste ein bestimmtes gesellschaftlich relevantes Thema in der Sendung diskutierten, die Zuhörerschaft die Gelegenheit bekommt, sich mit eigenen Fragen oder Kommentaren zuzuschalten.

In einem medienpolitischen Umfeld in Kambodscha, das von staatlicher Zensur, Willkür, Patronage und der Einschränkung fairer und unabhängiger Berichterstattung geprägt ist, besteht eine konstante Herausforderung darin, ehrliche und informative journalistische Arbeit anzubieten. Vor Wahlen steigert sich der Druck nochmals um ein Vielfaches.  

Am 28. Juli 2013 finden in Kambodscha zum fünften Mal nach Ende des Bürgerkrieges und dem Abschluss der Pariser Friedensverträge Parlamentswahlen statt. Zur Information unserer Zuhörer wollten wir in unser Programm „Women´s Voices Women´s Choices“ am 15. Juni dazu nutzen, die Öffentlichkeit über die Rolle und Verantwortung von Parlamentariern/innen gegenüber den Wähler/innen zu unterrichten. Wir luden Kandidatinnen aller acht an den Parlamentswahlen teilnehmenden Parteien ein, sich an der Diskussion zu beteiligen.

"Generell überflüssig"

Zwei Tage nach Versendung der Einladungen erhielten wir von der Regierungspartei CPP (Cambodian People´s Party- Kambodschanische Volkspartei) die Nachricht, dass diese auf die Teilnahme an der Radiosendung verzichten wird. Da die anderen sieben Parteien bereits zugesagt hatten, gingen wir davon aus, dass die Sendung wie geplant stattfinden würde.

Strey Khmer hat einen Vertag mit dem staatlichen Rundfunk  „Radio National Kampuchea (RNK)“, der es uns erlaubt, die wöchentlichen Sendungen von „Women´s Voices Women´s Choices“ ungehindert und unzensiert auf nationaler Ebene auszustrahlen. Strey Khmer bezahlt den staatlichen Rundfunk für das Recht, dessen Anlagen zu nutzen und die Sendung zu produzieren. Sämtliche vertraglich fälligen Gebühren waren bereits bezahlt.

Zwei Tage vor der Sendung erhielt Strey Khmer jedoch einen Anruf des zuständigen Programmdirektors des staatlichen Rundfunks „Radio National Kampuchea“, der uns mitteilte, dass die Sendung abgesetzt sei. Als Begründung führte er an, dass es der Sendung bei Abwesenheit von Vertreter/innen der Regierungspartei CPP „an der nötigen Transparenz fehlen würde.“ Außerdem fügte er hinzu, dass die Sendung „generell überflüssig sei, da das Nationale Wahlkomitee als zuständige Aufsichtsbehörde schon alles zu der Frage der Verantwortung von Parlamentariern/innen gesagt habe.“ Das Problem mit dieser Begründung aus unserer Sicht als unabhängige Journalistinnen ist, dass das Nationale Wahlkomitee vollständig mit Leuten der Regierungspartei besetzt ist und nachweislich von ihr kontrolliert wird.

Eine schriftliche Begründung zur Absetzung der Sendung durch den staatlichen Rundfunk erhielten wir nicht. Es war an uns, die Vertreter/innen der sieben anderen Parteien auszuladen.

Als die Presse den Programmdirektor zur Absetzung der Sendung befragen wollte, weigerte er sich Stellung zu nehmen: „Alles sei bereits gesagt.“  

Schon lange kritisieren Politiker der Opposition und Vertreter/innen der Zivilgesellschaft die Dominanz der Regierungspartei über die traditionelle Medienlandschaft in Kambodscha. Dies führt seit Jahren zu einer Vereinheitlichung und Simplifizierung der politischen Debatte in sämtlichen staatlichen Medien. Besonders spürbar ist dies im Bereich des staatlichen Fernsehens und Rundfunks, die noch immer wichtige Instrumente der Meinungsbildung in den ländlichen Teilen Kambodschas sind, wo noch immer ca. 80% der Bevölkerung lebt.

Wir von Strey Khmer fragen uns natürlich, wie sich die Menschen im Lande eine unabhängige Meinung bilden können, wenn die Kandidaten/innen der verschiedenen Parteien daran gehindert werden, ihre Programme und Ideen mit Hilfe unabhängiger Medien vorzustellen.  
 

 

Video

Empowering Women Over Cambodia´s Airwaves (Ian White, 2008)

Der englischsprachige Kurzfilm der Heinrich-Böll-Stiftung Kambodscha dokumentiert die Produktion der Radiosending "Women´s Voices Women´s Choices".


Dossier

Kambodscha: Zwischen Landraub und Wahlen

Mit Blick auf die Wahlen 2013 in Kambodscha suchen wir mit unserem Dossier die kritische Auseinandersetzung mit der Entwicklung des Landes. Dabei lassen wir kambodschanische wie deutsche Vertreter/innen aus Zivilgesellschaft und Politik zu Wort kommen.