Simbabwe nach der Wahl: Je mehr sich die Dinge ändern, umso eher bleiben sie gleich

Am 31. Juli 2013 fanden in Simbabwe die siebten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen seit der Gründung des Staates statt. Robert Mugabe, amtierender Präsident des Landes und Vorsitzender der Zimbabwe African National Unity (Patriotic Front), ZANU-PF, trat in jeder einzelnen davon an. Die Simbabwer/innen, die an der kurzfristig anberaumten Wahl teilgenommen haben, hoffen auf eine Wiederbelebung der Wirtschaft, auf die Wiederherstellung grundlegender öffentlicher Dienste und auf ein Ende der politischen Gewalt – Hoffnungen, die durch wachsende wirtschaftliche und ökonomische Macht der ZANU-PF und ihrer Unterorganisationen jedoch stark gedämpft werden.

Die neue Verfassung: ein Pyrrhussieg?

Das Wahldatum war erst letzten Monat – im überhaupt ersten vom simbabwischen Verfassungsgericht gefällten Urteil – angeordnet worden. Verfassungsexperten kritisierten die Entscheidung des Gerichts. Der Gerichtspräsident habe die in der Verfassung niedergelegten Regeln zur Durchführung von Neuwahlen nach einer Auflösung des Parlaments absichtlich falsch ausgelegt. Ungeachtet der von der oppositionellen MDC (Movement for Democratic Change) erhobenen Bedenken wurde die von der Opposition eingebrachte Klage gegen die Festlegung des Wahltermins abgewiesen.

Das Verfassungsgericht selbst war erst kurz zuvor eingerichtet worden, nachdem die Simbabwer/innen Anfang 2013 in einem Referendum eine neue Verfassung angenommen hatten. Diese neue Verfassung dürfte eine der wenigen Errungenschaften sein, die bislang aus dem 2008 ausgehandelten und von der südafrikanischen Staatengemeinschaft SADC (Southern African Development Community) vermittelten Global Political Agreement (GPA) hervorgegangen sind. Das von Südafrika unterstützte Abkommen war eine Reaktion auf Mugabes haushohen Sieg in der Stichwahl 2008 um das Präsidentenamt, die von regionalen und internationalen Politikern wegen der  im Vorfeld von Streitkräften ausgeübten massiven Gewalt und Einschüchterung unisono als ungültig abgelehnt wurde. Dadurch sah sich die ZANU-PF gezwungen, mit der MDC ein Abkommen über die Machtteilung auszuhandeln, eben das GPA, in dem die Bedingungen für eine neue Regierung der nationalen Einheit formuliert und die für eine spätere glaubwürdige Neuwahl notwendigen Reformen festgelegt wurden. Eine dieser Bedingungen war die Ausarbeitung einer neuen Verfassung anstelle der alten, noch aus dem Jahr 1979 stammenden Lancaster House-Verfassung.

Für die neue, von den Bürgern per Referendum angenommene Verfassung sprechen ihre umfangreiche Charta an Grundrechten, ihre progressive Sicht auf die Staatsbürgerschaft und die Ausweitung des Wahlrechts auf Simbabwer/innen mit einem im Ausland geborenen Elternteil. Insbesondere erlaubt sie keine nachträglichen Veränderungen des Wahlgesetzes, sobald ein Wahltermin angesetzt ist. Doch die in Simbabwe vorherrschende Kultur der Straflosigkeit droht den Gewinn, den die neue Verfassung darstellt, zu schmälern. Die Verhaftung der Menschenrechtsaktivistin Beatrice Mtetwa und die anschließende Missachtung einer gerichtlichen Anordnung zu ihrer Freilassung, nur Stunden nachdem das Volk die neue Verfassung angenommen hatte, unterstreichen die in mancherlei Hinsicht pyrrhushafte Natur des Sieges, den ihre Annahme repräsentiert.

Wahlmanipulation und Straflosigkeit politischer Verbrechen

Noch schlechter ist es um die anderen in dem GPA enthaltenen Versprechungen bestellt. Dazu gehören Reformen des Wahlsystems und des Mediensektors, die Einrichtung einer Kommission zur Korruptionsbekämpfung und die Wiederherstellung der Menschenrechte. Vorhaben, die sich jedoch größtenteils als Totgeburten erwiesen haben. So ist die simbabwische Wahlkommission nach wie vor mit von der ZANU-PF ernannten Mitarbeitern besetzt, von denen viele aus dem staatlichen Geheimdienst oder dem Militär kommen. Und im Wählerverzeichnis, in dem alle Wahlberechtigten eingetragen sind, stehen die Namen vieler Tausend längst verstorbene Simbabwer/innen. Ein Trick, mit dem offenbar vor allem in den Hochburgen der ZANU-PF die Zahl der Wähler künstlich aufgebläht worden ist. Jüngst bekannt gewordene Berichte deuten zudem auf die Beteiligung einer ominösen israelischen Firma namens „Nikuv“ hin, die mit Wahlmanipulationen in zahlreichen afrikanischen Ländern – unter anderem durch gefälschte Wählerregistrierungskarten – in Zusammenhang gebracht wird. Vieles weist darauf hin, dass es dieses Mal zu Wahlfälschungen in großem Stil gekommen ist. Bereits vor dem Wahltermin gab es eine Flut von Berichten über verschwundene Wahlscheine, inkorrekte Wahlunterlagen und andere Unregelmäßigkeiten. Unabhängigen Gruppen wurde der Einblick in die Wählerverzeichnisse verwehrt – allesamt klare Verstöße, die die Wahlkommission aber weder angemahnt noch unterbunden hätte. Dennoch hat die Afrikanische Union (AU) ihr Vertrauen in den Wahlprozess bekundet und erklärt, sie halte die Wahlvorbereitungen für »zufrieden stellend«.

Die simbabwische Menschenrechtskommission sieht sich in ihrer Arbeit ebenfalls massiven Einschränkungen ausgesetzt. Besonders gravierend ist die Anweisung, ihre Untersuchungen auf den Zeitraum nach Februar 2009 zu beschränken, was die Streitkräfte vor jeglicher Schuldzuweisung für die 2008 verübten Gräueltaten schützt – einer Zeit, in der laut Berichten über 200 Menschen ermordet, 5000 gefoltert und misshandelt und an die 36.000 vertrieben wurden.

Klima der Angst: Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Vereinigungsfreiheit bleibt ein Traum

Nicht viel besser ist es um eine Reform des Mediensektors bestellt. Obwohl es mit den Auflagen und der Vielfalt der Printmedien seit 2008 bergauf geht und derzeit sechs Tageszeitungen fast regelmäßig erscheinen – darunter auch die zwischenzeitlich verbotene Daily News – hat die Medienkommission bislang wenig zur Lockerung der repressiven Gesetze unternommen. Journalisten werden nach wie vor stark in ihrer Arbeit behindert. Sie werden wegen Verstößen gegen das Verleumdungsgesetz verhaftet, unter dem es ein Leichtes ist, kritische Äußerungen in den Medien als Beleidigung des Präsidenten zu interpretieren. Das Gesetz kriminalisiert »die öffentliche Verbreitung von Aussagen, welche geeignet sind, Gefühle der Feindseligkeit oder des Hasses gegenüber der Person oder dem Amt des Präsidenten auszulösen oder ihn beziehungsweise sein Amt der Lächerlichkeit oder der Verachtung preiszugeben«.

Zum Rundfunk hat die Opposition weiterhin gar keinen Zugang. Nachdem der – von der ZANU-PF gestellte – Minister für Medien, Information und Publizistik einseitig die Einrichtung der Broadcasting Authority of Zimbabwe verfügte, erteilte die Behörde Lizenzen an zwei private Radiosender. Beide Sender befinden sich in Besitz von Staatsunternehmen, und eines davon wird von Supa Mandiwanzira geführt, dem ZANU-PF-Schatzmeister der Provinz Manicaland. Passend dazu sind Kurzwellenempfänger, mit denen die einzigen landesweit ausgestrahlten und nicht vom Staat kontrollierten Inhalte empfangen werden können, unter dem fadenscheinigen Vorwand, die Verbreitung von »Hassreden« zu unterbinden, verboten worden und konfisziert. Die im GPA vereinbarten Klauseln, die allen politischen Parteien eine faire und gleichberechtigte Darstellung in den staatlichen Medien garantieren sollen, werden derweil schlicht ignoriert. Im Allgemeinen bleibt für normale Simbabwer/innen das Recht auf freie Meinungsäußerung ein ebenso ferner Traum wie das Recht auf Vereinigungsfreiheit. Berüchtigte Gesetze wie der „Access to Information and Protection of Privacy Act“ (Gesetz über Zugang zu Informationen und Schutz der Privatsphäre) oder der „Public Order and Security Act“ (Gesetz über öffentliche Ordnung und Sicherheit) sorgen unter dem Strich für die Aufrechterhaltung eines Klimas der Angst, in dem sich die Bürger des Landes weder frei noch sicher fühlen.

Unverbrüchliche Staatstreue des Sicherheitssektors

Vor allem aber hat es bislang noch keine echte Reform des Sicherheitssektors gegeben –Polizei, Militär und Geheimdienst befinden sich weiterhin fest in der Hand der ZANU-PF.
Die Führer der Sicherheitskräfte, von denen viele zu Zeiten des bewaffneten Guerillakampfs gegen die Kolonialherrschaft Seite an Seite mit Mugabe gekämpft haben, stehen seit der Unabhängigkeit in unverbrüchlicher Treue zur ZANU-PF. Dieser Umstand ist mit verantwortlich für die Einschüchterung, Folterung, Verhaftung, Misshandlung und in einigen Fällen auch Ermordung von Oppositionellen und Menschenrechtsaktivisten/innen. Insofern ist die Sorge begründet, dass das Militär nicht nur während, sondern auch nach den Wahlen keine Neutralität wahrt.

Wenngleich sporadischer und weniger offenkundig, die staatliche Tyrannei gegenüber Bürgerrechtsaktivisten/innen und Mitglieder der Opposition hat sich auch nach 2008 fortgesetzt. Sokwanele, eine unabhängige Gruppe, die sich mit Online-Newslettern und im Netz für mehr Demokratie in Simbabwe einsetzt, hat ein Messverfahren für Verstöße gegen das GPA entwickelt, zu dem sie Medienberichte über Vorfälle auswertet, bei denen gegen das Abkommen verstoßen wurde. Bezeichnenderweise wird die Liste der Verstöße von der Kategorie »Rechtsstaatlichkeit« angeführt, gegen die seit 2008 über 4500 Verstöße verzeichnet worden sind.

Einheitsregierung: Machtkonsolidierung statt echte Machtteilung

Im Kern von Abkommen zur Bildung von Einheitsregierungen steht der Versuch, die Bedingungen zu verändern, welche die Teilhabe an der Macht zu einem Nullsummenspiel machen. Indem allen Parteien Zugang zur Macht gewährt wird, stellen derartige Abkommen den schnellsten Weg zur Konfliktbeendigung dar. Sie fördern die breite Beteiligung der verschiedenen Parteien und suchen auf diese Weise ihre Aussöhnung zu erreichen. Wichtig dabei ist, dass die Konfliktparteien durch die Nähe zur Macht ein stärkeres Interesse an der Bewahrung eines Systems entwickeln, was den Anreiz vermindert, wieder zu den Mitteln des Konflikts zu greifen.

Das hauptsächliche Manko der simbabwischen Einheitsregierung liegt demnach in ihrem Versäumnis, eine echte Machtteilung zu gewährleisten. 2008 war die Geldeinnahmemaschinerie der ZANU-PF wegen der internationalen Sanktionen massiv ins Stottern geraten. Sie war in hohem Maße von den Mitteln abhängig, die die Vergabe von Devisenlizenzen an ausländische Investoren – unter anderem  in Form von Subventionen – in die Kassen spülten. Die Wirtschaft des Landes lag am Boden und der simbabwische Dollar war praktisch wertlos geworden. Damit war die ZANU-PF, wollte sie überleben, dringend auf regionale und internationale Legitimität angewiesen. Letztere konnte sie durch die Beteiligung der MDC an der Macht gewinnen. Indem die Partei gleichzeitig durch brutale Gewalt und die fortgesetzte Missachtung der Menschenrechte ihre Präsenz im Diamantbergbau ausbaute, erlangte sie zudem die Kontrolle über eine der wenigen Industrien, die Devisen ins Land bringt. Darüber hinaus verstand sie es, durch ihre Indigenisierungspolitik praktisch alle Gewinne aus der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Erholung zu monopolisieren. Mit der Vorschrift, dass bei allen Unternehmen mit einem Vermögenswert von über 500.000 US-Dollar mindestens 51 Prozent der Besitzanteile von Inländern gehalten werden müssen – ergänzt durch eine vom zuständigen Minister in einer »Datenbank« geführten Liste in Frage kommender inländischer Partner – hat sie der Korruption ganz neue Wege eröffnet.

Was jedoch nicht heißen soll, dass die MDC nicht auch ihren Teil an den »Früchten« der Macht genossen hätte. Die Berichte über den Wohlstand, zu dem der MDC-Vorsitzende und Ministerpräsident Morgan Tsvangirai gekommen sind, haben viele Oppositionelle vor den Kopf gestoßen. Der luxuriöse Lebensstils Tsvangirais, der in einer vom Steuerzahler finanzierten Villa im Wert von drei Millionen US-Dollar residiert, und anderer hochrangiger MDC-Politiker, hat bei vielen Simbabwern/innen massive Zweifel an der Fähigkeit der Opposition zu einer transparenten und verantwortlichen Regierungsarbeit geschürt. Der Finanzminister Tendai Biti kritisierte die beiden Parteien wegen ihrer im Haushalt nicht budgetierten Reisespesen, die mit 157 Millionen US-Dollar die Budgets des Gesundheits- und des Bildungssektors zusammengenommen überschreiten, scharf. Diese harsche Kritik hat in dem von der Armut schwer heimgesuchten Land hohe Wellen geschlagen und weite Teile der Bevölkerung in dem Verdacht bestätigt, dass Korruption und Veruntreuung staatlicher Mittel nicht allein das Metier der ZANU-PF sind.

Wirtschaftswachstum als Chance

Trotz aller Mängel in der Regierungsführung könnte sich das Wachstum der simbabwischen Wirtschaft auf von Ökonomen und anderen Analysten nicht vorhergesehenen Wegen weiter fortsetzen. So hat allein der Tabakanbau im letzten Jahr einen Umsatz von über 500 Millionen US-Dollar erreicht, eine Summe, die zum letzten Mal vor Beginn der Farmbesetzungen im Jahr 2000 erzielt worden war. Gleichzeitig boomen der Konsumgüter- und der Immobilienmarkt, und praktisch täglich wird in den Medien von neuen Investitionen im Einzelhandels-, Bergbau- und im Landwirtschaftssektor berichtet. Und von einem für 100 Millionen US-Dollar in Borrowdale, einer wohlhabenden Vorstadt von Harare, geplanten Einkaufszentrum wird berichtet, dass südafrikanische Investoren bereits vor dem ersten Spatenstich rund die Hälfte der Flächen erworben haben. Der simbabwische Aktienmarkt weist nach wie vor mit die höchsten Wachstumsraten an ausländischen Investitionen in der Region auf, und allein im Januar 2013 investierten Ausländer über 60 Millionen US-Dollar in den simbabwischen Anleihemarkt. Obwohl in 2008 praktisch niemand zur Schule ging und trotz des damit verbundenen Schadens am Bildungssystem, liegt die Alphabetisierungsrate in Simbabwe immer noch bei über 90 Prozent und damit so hoch wie nirgendwo sonst in Afrika. Die Infrastruktur, obwohl nach nahezu einem Jahrzehnt der Vernachlässigung sichtlich abgenutzt, ist noch weitgehend intakt. Wegen des Mangels an Alternativen und der Unfähigkeit, sich dem Massenexodus ins Ausland anzuschließen, sind viele Simbabwer/innen auf neue Methoden verfallen, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, etwa durch die Gründung von Hinterhofbetrieben, als Handwerker oder als Subsistenzbauern.

Auf lange Sicht aber könnte das Wirtschaftswachstum, das der ZANU-PF derzeit Auftrieb verschafft, auch ihren Untergang besiegeln. In einem möglichen Szenario werden die Mittelzuflüsse aus der Förderung natürlicher Rohstoffe als endliche Einkommensquelle betrachtet, die sich kaum ausweiten lassen. Je mehr ausländische Investoren ins Land kommen, Investoren, die über effektivere Methoden zur Förderung von Rohstoffen und ihre Weiterverarbeitung in fertige Produktive verfügen, umso mehr werden sie von der Regierung Zusicherungen verlangen, die über das hinausgehen, was sie ihnen heute bietet. Anstelle des gegenwärtigen Systems des Quid pro quo werden präzisere und umfassendere Einsatzregeln treten, und durch die schrittweise Liberalisierung der Wirtschaftspolitik wird die Mittelschicht, die bisher nur einen verschwindend geringen Anteil an der Bevölkerung ausmacht, wachsen. Und diese Mittelklasse ist es, die irgendwann einmal Forderungen an eine Regierung herantragen wird, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht wissen wird, wie sie diese Forderungen ignorieren kann.

Natürlich handelt es sich dabei um ein optimistisches Szenario. Ebenso wahrscheinlich ist es, dass Mugabe und seine ZANU-PF, nach ihrem Sieg in den »freien und fairen« Wahlen am 31. Juli, der Ansicht sein werden, sie hätten damit die 2008 verlorene Legitimität wieder zurückerhalten. Dass sie daraufhin jeden bisher gewahrten Anschein einer Zusammenarbeit mit der Opposition wieder aufgeben. Dass sie in dem Bestreben, die gesamte ökonomische Macht in ihren Händen zu zentralisieren, rücksichtslos gegen Banken und Unternehmen vorgehen. Und dass die Regierung neuerlich versuchen wird, das Wenige, was die Opposition sich an Macht zu sichern verstanden hat, dadurch zu erodieren, dass sie noch mehr Leute verhaften, wegsperren oder »verschwinden« lässt. Die Opposition ihrerseits, was Faktionalismus und Hierarchismus angeht ein Spiegelbild der herrschenden Partei, könnte noch weiter implodieren und sich in immer kleinere Gruppen und Grüppchen aufspalten, von denen keine einflussreich genug ist, die ZANU-PF ernsthaft herauszufordern. Die regionalen Mächte, die bei einigen der schlimmsten Exesse der ZANU-PF in der Mehrzahl beflissentlich weggeschaut, wenn nicht gar daran mitgewirkt haben, dürften in einem solchen Fall kaum gewillt sein, nennenswerten Einfluss auf die Situation zu nehmen.

Szenario: Zerfall der ZANU-PF ohne Mugabe

Ein Szenario bleibt noch, und zwar das am schwersten auslotbare und dabei doch vielleicht offenkundigste: dass Mugabe stirbt. Viele Beobachter gehen davon aus, dass es nach Mugabes Tod innerhalb der ZANU-PF zu Spaltungen und in der Folge zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Fraktionen kommen wird, wenn diese versuchen, ihren Machtanspruch durchzusetzen. Das ist durchaus möglich, zumal, so mein persönlicher Verdacht, die ZANU-PF allein durch die übermächtige und einschüchternde Präsenz Mugabes zusammengehalten wird. In den fast 40 Jahren, die er nun schon an der Spitze der Partie steht, hat er noch jeden Versuch abzuwehren gewusst, ihn von seinem Posten zu verjagen, und die Partei ist strukturell zu schwach und in sich zu sehr zerrissen, als dass sie sich ohne seine Führung organisieren könnte. Die absolute Loyalität gegenüber Mugabe ist praktisch das einzige, was die ZANU-PF-Mitglieder an ihre Partei bindet. Ohne Mugabe und ohne eine klare Nachfolgeregelung steht zu erwarten, dass die Partei in widerstreitende Fraktionen zerfällt und sie ebenso anfällig für interne Auseinandersetzung und strategische Fehler wie die MDC wird. Dieses Szenario könnte die MDC, die ja über mehr als ausreichend Erfahrung mit einer unberechenbaren und chaotischen Parteiführung hat, unverhofft in eine Position der Stärke rücken. Dank ihrer größeren internationalen Legitimität könnte es ihr nämlich durchaus gelingen, eine ganze Reihe hochrangiger Mitglieder aus Mugabes alter Garde an sich zu binden, die womöglich darauf spekulieren, mit einem Wechsel zur MDC zu verhindern, für die von ihnen begangenen abscheulichen Verbrechen international angeklagt zu werden.

Die Bürger einer Demokratie, heißt es, bekommen die Führer, die sie verdient haben. Simbabwe ist ein Land, dessen Großartigkeit die Kleingeistigkeit seiner Führer Lügen straft, ein Land, dessen Schönheit seine korrumpierte Politik überdauert und dessen Volk als Ganzes mehr ist als die Summe seiner Teile. Die Simbabwer und Simbabwerinnen, die ich kenne, haben bessere Führer verdient.


Vinayak Bhardwaj ist Dokumentarfilmer aus Simbabwe. Er arbeitet für eine Nachrichtenorganisation im südafrikanischen Johannesburg.