Materialwissenschafliche Analyse historischer, islamischer Fliesenglasuren zur Entwicklung eines Ersatzmaterials
Der Erhalt des kulturellen Erbes stellt in seiner Vielfalt immer neue Herausforderungen an die Techniken und Materialen für die fachgerechte Instandhaltung. Im Mittelpunkt stehen hier baukeramischen Glasuren islamischer Baudenkmäler entlang der historischen Seidenstraße. Die Farbigkeit und Farbintensität der Glasuren wird durch die Zusammensetzung des Grundglases, sowie durch oxidische Zusatzstoffe und Pigmente hervorgerufen. Die chemische Zusammensetzung der Glasuren wird mittels wellenlängendispersiver und energiedispersiver Messmethoden qualitativ und quantitativ bestimmt.
In einem Vergleich der Analysemethoden werden makroskopische Stücke derselben Glasuren mit einem mobilen Röntgen-Fluoreszenz-Gerät gemessen. Hier werden die Elemente der Ordnungszahlen ab 12 (Mg) detektiert und mit den Daten der herkömmlichen Messmethoden verglichen. Die Gegenüberstellung mit den Daten der Elektronenstrahl-Mikroanalytik zeigt deutlich die Möglichkeiten der mobilen Messung sowie den Bedarf einer gezielten Vorkalibrierung.
Mit den gewonnenen Informationen über Zusammensetzung, Auftrag und Brand der Glasuren wird dann ein Ergänzungsmaterial für die Restaurierung entwickelt. Dieses darf keinen zusätzlichen Härtungsbrand benötigen und muss Benetzungseigenschaften und Viskositäten besitzen, die den Pinselauftrag an senkrechten und überhängenden Wänden erlauben. Dem Ergänzungsmaterial liegt das Email-ORMOCER® zu Grunde, eine Entwicklung des Fraunhofer ISC Würzburg. Ein ORMOCER® ist eine Kombination aus Silikaten und Polymeren, mit dessen Zusammensetzung sich ein weiter Bereich von Härte und Viskosität abdecken lässt. Als Ersatzmaterial in der Restaurierung wurden ORMOCER®e bereits erfolgreich eingesetzt. Das Material wird durch Zugabe oxidisch gefärbter Gläser der historischen Zusammensetzung angepasst, auf Probekeramiken aufgebracht und in verschiedenen Simulationsöfen getestet. Iterationsschritte aus Analyse, Charakterisierung und Bewitterungstests sollen die historisch authentische, praktikable Restaurierung von islamischen Bauwerken ermöglichen. In einem Langzeitversuch soll dann die Restaurierung an den Originalbauwerken musterhaft durchgeführt werden.