Die Entstehungskontexte von bürgerschaftlich getragenen Läden der Nahversorgung in peripherisierten Räumen Deutschlands
In den vergangenen Jahren haben verschiedene Ansätze sozialen/solidarischen Wirtschaftens an Bedeutung gewonnen, welche unter Begriffen wie Social Economy, Solidarity Economy, Social Entrepreneurship, Gemeinwesenökonomie oder auch Sozialunternehmen verhandelt werden. Dabei besteht häufig die Annahme, dass nicht zuletzt die vielschichtigen Krisenerscheinungen des globalisierten Kapitalismus sowie der schrittweise Rückzug des Sozialstaats zu deren Bedeutungsgewinn beigetragen haben. So sind zahlreiche Unternehmen entstanden, die in erster Linie auf die Behebung gesellschaftlicher Missstände bzw. die Besserstellung bestimmter sozialer Gruppen abzielen und die in Bereichen agieren, in denen weder für profit-orientierte Unternehmen (mangels Gewinnerwartung) Handlungsanreize bestehen, noch die öffentliche Hand (mangels Finanzierungsspielräumen) tätig wird.
Speziell in ländlich-peripheren Räumen kommen entsprechende Krisenphänomene besonders deutlich zum Tragen, wonach sich vermehrt bisherige wirtschaftliche Akteure zurückziehen, was häufig eine Verstetigung sozio-ökonomischer Abwärtsspiralen zur Folge hat. Allerdings besteht Grund zur Annahme, dass sich diese Abwärtsspiralen auch durchbrechen lassen, wenn unternehmerisches Potential vor Ort aktiviert werden kann, welches nicht durch übergeordnete Kapitalinteressen geleitet wird, sondern vordergründig die Belange der ansässigen Menschen im Blick hat. So bestehen zahlreiche Beispiele dafür, wie sich Menschen den Herausforderungen vor Ort stellen, indem sie den negativen Auswirkungen von Peripherisierungsprozessen mit Hilfe gemeinschaftlicher sozialunternehmerischer Lösungsansätze entgegenwirken – und somit die wirtschaftlichen Geschicke fernab von Markt und Staat selbst in die Hand nehmen. So sind beispielsweise in den vergangenen Jahren in Deutschland vielerorts bürgerschaftlich getragene Läden der Nahversorgung (auch als Bürgerläden bzw. Dorfläden bezeichnet) entstanden.
Das Promotionsvorhaben nimmt sich nun diesen Bürgerläden an und zielt im Kern darauf ab, das Handeln der Gründungsakteure im Spannungsfeld zwischen spezifischen (räumlich verorteten) Krisenerscheinungen einerseits und der Hinwendung zu – stärker auf Gemeinschaft und Solidarität basierenden – unternehmerischen Ansätzen andererseits besser zu verstehen. Hierbei werden die Entstehungskontexte anhand von Fallbeispielen aus einer akteurszentrierten Perspektive beleuchtet, wobei die Motive der handelnden Akteure, die Bedeutung spezifischer Akteurskonstellationen und die institutionellen wie auch strukturellen Rahmenbedingungen, in die das Handeln der Akteure eingebettet ist, im Fokus der Betrachtung stehen. Darüber hinaus fragt das Vorhaben nach den Auswirkungen, die von diesen Läden auf die sozialen Kontexte vor Ort ausgehen – und inwieweit diese als fruchtbare Alternative zu Markt und Staat verstanden werden.