Am 15.6.2016 wird in Berlin die Studie „Die enthemmte Mitte – rechtsextreme und autoritäre Einstellung 2016“ durch die Autoren vorgestellt. Sie fördert einen auf den ersten Blick überraschenden Befund zu Tage. Hinsichtlich der Verbreitung der klassischen politischen Einstellungen, die Rechtsextremismus charakterisieren, macht die aktuelle Erhebung nur geringfügige Änderungen zur letzten Studie 2014 aus.
Die Antworten auf die Fragen zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zeigen eine Abnahme generalisierter Vorurteile bei einer gleichzeitig gewachsenen Fokussierung auf Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Islamfeindschaft sowie auf Sinti und Roma. Die jüngsten Veränderungen im Parteiensystem mit den Wahlerfolgen der AfD scheinen weniger mit einem Anstieg fremdenfeindlicher und autoritärer Einstellungen in der Gesellschaft erklärbar als vielmehr mit dem Auftreten eines neuen politischen Akteurs, der diese Einstellungen enttabuisiert und öffentlich vertretbar macht.
Eine Polarisierung der gesellschaftlichen Mitte lässt sich aus den Befunden der Studie ableiten. Zum einen ergibt sich aus den Befragungen eine Radikalisierung einzelner Teile – zum anderen kann man eine Zunahme der demokratischen Einstellungen in der Mitte nachweisen. Dazwischen lässt sich ein hoher Anteil von Menschen feststellen, die keine Position zu völkischen, autoritären oder rassistischen Einstellungen beziehen. Die Studie verdeutlicht damit die Herausforderung, jene Kräfte zu gewinnen und zu stärken, die eine demokratische politische Kultur, demokratische Institutionen und den Anspruch sozialer Teilhabe teilen.
"Mitte"-Studien werden seit 2002 alle zwei Jahre von einer Arbeitsgruppe um Elmar Brähler und Oliver Decker der Universität Leipzig durchgeführt. Von 2006 bis 2012 wurden sie in Zusammenarbeit mit der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung als Teil von deren Projekt "Gegen Rechtsextremismus" (Forum Berlin) erstellt. Sie sind eine Langzeitbeobachtung für die politische Diskussion und Bildungsarbeit, die autoritäre und rechtsextreme Einstellungen im Zeitverlauf abbildet.
Die aktuelle Studie entstand in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Otto Brenner Stiftung.
Die Studie sowie eine Präsentation der einzelnen Ergebnisse stehen hier zum Download bereit.
Fachkontakt:
Stefan Schönfelder, Weiterdenken - Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, T 0351 49 43 311, E-Mail schoenfelder@weiterdenken.de
Michael Stognienko, Projektmanager Gesellschaftspolitik, Heinrich-Böll-Stiftung, T 030-285 34 -241, E-Mail stognienko@boell.de
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