Live schalten und mobil bleiben dank „Mobile Reporting“

Smartphone mit Mikrophon und Kopfhörern
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„Mobile Reporting“ erfordert Übung und die richtige Ausstattung

Audio- und Videostücke mit dem Smartphone aufnehmen, schneiden und nahezu live in sozialen Medien teilen. „Mobile Reporting“ ist für viele Journalist/innen bereits Alltag. Für die Stipendiat/innen des Programms „Medienvielfalt, anders“ gab es einen Crashkurs.

Bombenanschlag am Istanbuler Flughafen, BBC Türkei-Korrespondent Mark Lowen sitzt fest. Mit seinem Handy dreht er kurze Clips, ist live im Sender zugeschaltet und berichtet so als einer der Ersten vom Ort des Geschehens.

Doch auch fernab von Krisen und Ausnahmezuständen ist das Smartphone schon in vielen Redaktionen ein wichtiges Werkzeug: längst werden mit Apps O-Töne und Videos aufgenommen und auch direkt geschnitten. Der Reporter kann sich so auch mal den Weg ins Studio sparen und die Inhalte gleich bei Twitter und Facebook oder problemlos in Echtzeit bei Periscope und Snapchat teilen. Doch was sind die Möglichkeiten und wo liegen die Grenzen des „Mobile Reporting“? Kann ein Handy mit Profi-Aufnahmegerät und vollem Kamera-Equipment wirklich mithalten?

„Ja“, meint Seminarleiter und freier Journalist Klaus Martin Höfer. Die aktuellen Geräte seien technisch so gut ausgestattet, dass auch journalistisch mit ihnen gearbeitet werden könne. Mit dem richtigen Zubehör wie Mikrophon plus Stativ kann ein Smartphone durchaus eine professionelle Ausrüstung ersetzen.

Damit die Workshop-Teilnehmer/innen für den Ernstfall gewappnet sind, hieß es zunächst: learning by doing. Was kann mein Handy überhaupt? Und wie hoch ist die Qualität der Fotos, Audios und Videos? Neben den zahlreichen verfügbaren Apps ging es auch um handfeste Hardware: „Den meisten Handy-Videos mangelt es an gutem Ton. Ein externes Mikrophon kann die Qualität deutlich verbessern“, so Höfer.

Doch nicht nur der Ton macht beim „Mobile Reporting“ die Musik: Auch bei Aufnahmen mit dem Smartphone wollen das Bild scharf gestellt und das Motiv in all seinen Farbkontrasten möglichst gut in Szene gesetzt sein. Für die Teilnehmenden gab es deshalb zuerst eine Einführung in die Grundlagen von Bildaufbau und Aufnahmetechnik. Linien, Fluchtpunkte und Spiele mit Licht und Schatten, wie sie die ein oder anderen noch aus dem Kunstunterricht in der Schule kennen, sind auch bei Videoaufnahmen mit dem Smartphone zu beachten. Zudem lebt jede Bildsituation von der Perspektive, aus der sie erzählt wird. Auch hier macht Übung den/die Meister/in, wie die Teilnehmenden in einer Interview-Übung selbst feststellen durften.

Ein großer Vorteil des „Mobile Reporting“ im Vergleich zu üblicher Aufnahmetechnik ist die Nutzung des World Wide Web. Bei einer Kurzvorstellung via Facebook konnten die Teilnehmenden am eigenen Leib erfahren, was live wirklich heißt. Denn online gehen heißt auch online bleiben. Jedes Husten und jede Bewegung vor der Smartphone-Kamera wird übertragen.

Minimalistisch ausgestattet nur mit Smartphones und Aufsatzmikrophonen, sollte schließlich der echte „Work“-Teil des Workshops beginnen. In vier Gruppen machten sich die mobilen Reporter/innen auf die Suche nach Geschichten. Während die einen die biografische Fährte des Heinrich Böll quer durch die Rheinmetropole lasen, verschlug es die anderen in eine Gegend, die für ihr buntes, vorwiegend türkisch und kurdisch geprägtes Treiben bekannt ist – die Keupstraße.

Dort, wo sich pompöse Tüllschichten in Brautmodeläden, Friseurbedarf und üppige Zuckerbomben in Tortenbäckereien in den Schaufenstern aneinanderreihen, lag das Thema Heirat für eine der Gruppen gleich auf der Hand. Es gelang ihnen, neu eingekleidete und freudestrahlende Bräutigame ebenso vor die Kamera zu bekommen wie frisch frisierte Herrenköpfe und die dazugehörigen Barbiere. Die dritte Gruppe hatte sich derweil der Ästhetik per se verschrieben und tauschte sich mit einer Geschäftsinhaberin über Mode aus. Die vierte Gruppe näherte sich schließlich dem Phänomen Keupstraße aus einem interkulturellen Blickwinkel und konnte sich im umliegenden Gebiet, etwa am angrenzenden Friedhof, ein (Handy-)Bild vom friedlichen, freundschaftlichen Miteinander im diversen Köln-Mülheim machen.

Und was haben die Teilnehmenden gelernt? Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass heutige Smartphones eine Menge können. Der „mobile Reporter“ muss aber mit seinen Apps und dem Zubehör sicher umgehen können, die Aufnahmen so gut wie möglich planen und technische Grundlagen, die auch in „klassischen“ Aufnahmesituationen gelten, beachten. Dann kann das Reporting mit dem Smartphone eine gute Ergänzung im redaktionellen Arbeitsalltag sein.