Friedrich Gabel, KIT Karlsruhe

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Katastrophenschutz für Menschen mit Behinderung. Zum Verhältnis von Sicherheit und Gerechtigkeit

Katastrophen sind eine stete und zudem eine international zunehmende Bedrohung. Auch wenn nationale Ereignisse wie die Elbhochwasser 2002 und 2013 oder der Münsteraner Wintersturm 2005 von anderer Größenordnung sind als etwa die Erdbeben in Haiti und Nepal oder Hurrikans in den USA, führen sie uns doch vor Augen, dass Katastrophenschutz auch in Deutschland ein wichtiger Teil aktueller Sicherheitsarbeit ist und sein muss. Gleichzeitig ist die Katastrophensicherheit nicht gerecht unter allen Menschen verteilt. Sowohl im Vergleich verschiedener Länder als auch mit Blick auf den deutschen Kontext lässt sich feststellen, dass es Gruppen wie etwa Menschen mit Behinderungen gibt, die schlechter durch entsprechende Maßnahmen erreicht werden als andere. So haben beispielsweise Menschen im Rollstuhl Probleme, sich rechtzeitig zu evakuieren, weil Fahrstühle nicht funktionieren, und blinde oder gehörlose Menschen kommen nur mit vergrößertem Aufwand an Informationen, sind diese doch zumeist nur schriftlich oder telefonisch verfügbar. Ziel der Dissertation ist es, aus einem philosophisch-gesellschaftstheoretischen Blickwinkel Menschenbilder, Konzepte von Behinderung und damit Normalitätsvorstellungen in Sicherheits- und Katastrophenschutzpraktiken zu identifizieren und unter Bezugnahme auf den Wert der Gerechtigkeit zu problematisieren.

Grundlage für diese Arbeit bildet die Analyse von Aspekten einer gerechten Verteilung von Sicherheit beziehungsweise Katastrophensicherheit vor dem Hintergrund der aktuellen Situation des Katastrophenschutzes für Menschen mit Behinderung in Deutschland. Zentrale Punkte der geplanten Problematisierung sind die Betrachtung von ableistischen Normalitätsvorstellungen in aktuellen Katastrophenvorsorgestrategien unter Bezug auf Ansätze aus den Disability Studies – insbesondere des Sozialen Modells von Behinderung – und die Diskussion über normative und praktische Grenzen der Adressierbarkeit von Special Needs. Damit soll ein Beitrag zur Bearbeitung zur Frage geliefert werden, wie Katastrophensicherheit, verstanden als solidarische Reaktion auf unwillkürliche und nicht persönlich verantwortete Widerfahrnisse und Notfälle, gesellschaftlich gerecht, nämlich für alle Menschen in angemessener Weise hergestellt werden kann.