Florian Helfer, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität - Bonn

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Meine Dissertation vergleicht Formen der geschichtskulturellen Auseinandersetzungen mit kolonialem Unrecht in drei europäischen Gesellschaften. Methodologisch maßgeblich ist die klassische Methode des historischen Vergleiches unter Einbezug des jüngeren Ansatzes der Histoire croisée.

Untersucht werden in Deutschland die Debatten über den Umgang mit dem Völkermord an den Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika, in Großbritannien die mit der weltweiten „Rhodes Must Fall“-Kampagne verbundenen Diskurse und in Frankreich die gesellschaftliche Aufarbeitung des Algerienkriegs, insbesondere des Massakers von Paris 1961. Anhand dieser Beispiele soll der Status von Opfergruppen, der sich besonders seit 1989 stark verändert hat, in den postkolonialen Debatten Europas erforscht und der Einfluss solcher Gruppen auf (die) europäische(n) Erinnerungskultur(en) beurteilt werden.

Schließlich zielt die Dissertation darauf ab, die in diesen Entwicklungen wirksamen transnationalen Prozesse zu identifizieren, in ihren Interdependenzen mit nationalen Vorgängen zu analysieren und zugleich nach den grenzüberschreitend wirksamen Dynamiken in den Erinnerungskulturen zu fragen. Die Leitfragen der Arbeit lauten:

(1) Wie haben sich postkoloniale Debatten in Deutschland, Großbritannien und Frankreich in den letzten zwei Jahrzehnten verändert? Welche Rolle spielt die Erinnerung an koloniale Verbrechen insgesamt in den Erinnerungskulturen? (2) Welche Ursprünge haben die Entwicklungen in den verschiedenen Ländern und wie beeinflussen sie sich gegenseitig? (3) Welche Rolle spielen dabei Massenmedien und speziell soziale Netzwerke? (4) Welche gesellschaftliche Funktionen erfüllen die aktuellen Formen der Erinnerung an koloniale Vergangenheit? (5) Inwieweit orientieren sich die aktuellen Diskussionen am Beispiel der Erinnerungskultur(en) des Holocaust und in welchem Verhältnis stehen die Erinnerungen an koloniale und nationalsozialistische Verbrechen zueinander?