Isabel Hartwig, Freie Universität - Berlin

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In meiner Dissertation widme ich mich aktuellsten Ausprägungen der re-inszenierten Fotografie, die für das Social Web entstehen und dort verbreitet werden. Grundlegend ist die Beobachtung, dass mit den sozialen Medien neue Orte, aber auch gänzlich neue Praktiken der Kunstrezeption etabliert werden. Hier lassen sich aktivere Umgangsformen bis hin zur Produktion eigener Bilder beobachten, die ein historisches Kunstwerk zitieren, variieren und in neue Zusammenhänge bringen. Besonders im Kontext der Handy- und Selbstfotografie von Social-Media-Nutzer/innen finden sich seit den frühen Nullerjahren fotografische Re-Inszenierungen, die in der Kunstgeschichte gemeinhin als „Tableaux vivants“ oder „Lebende Bilder“ bezeichnet werden. Bei diesen wird ein historisches Kunstwerk außerhalb des Museums mit Personen nachgestellt, fotografiert und schließlich in die sozialen Netze hochgeladen. Diese Fotografien wurden bislang noch keiner wissenschaftlichen Analyse unterzogen. Dabei eröffnen sie ein vielversprechendes Untersuchungsfeld, auf dem rezeptive, kreative und soziale Praktiken auf das Engste miteinander verwoben sind. Zudem etablieren die Fotografien durch die Übernahme und Bearbeitung bestehender Bilder äußerst komplexe rekursive Strukturen. Ziel meines Projektes ist eine Untersuchung dieser Rekursivität auf zwei Ebenen: Ich frage zum einen danach, mit welchen künstlerischen Strategien sich die Fotografien auf ihre „Vorbilder“ beziehen, und zum anderen, wie Verbindungen zwischen den Fotografien im Bildgefüge der sozialen Netze entstehen, die durch spezifische Formen der Präsentation, Sortierung und Nutzung geprägt sind. Die damit zu überprüfende These lautet, dass Tableaux vivants im Social Web ein rhizomatisches Rekursgeflecht zwischen „Vorbild“ und „Nachbild“ bzw. „Original“ und „Kopie“ etablieren, das klassische Hierarchien und Chronologien der künstlerischen Re-Inszenierung neu verhandelt und diese öffnet für die soziale, digitale Alltagswelt der Fotograf /innen.