Veronika Weisheimer, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

Pavlo Skoropadskyj und sein Berliner Kreis. Kulturelle und politische Aspekte der ukrainischen Emigration in Europa 1919–1945

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Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem gewaltigen Bürgerkrieg in Osteuropa wanderten mehrere Tausende UkrainerInnen nach Mittel- und Westeuropa aus und bildeten eigene Emigrantenzentren in mehreren Großstädten. Einige Tausende fanden schließlich ihr neues Zuhause in Deutschland, wobei Berlin schnell zu einem wichtigen Anlaufpunkt wurde. Hier trafen sich Vertreter der monarchistischen und der nationalistischen Strömung, die von Deutschland als mögliche Partner in der internationalen Politik in Betracht gezogen wurden. Im Schatten der offiziellen Beziehungen zu Polen und zur Sowjetunion beabsichtigte Deutschland, die ukrainischen Emigranten zur Etablierung einer inoffiziellen Zusammenarbeit zu nutzen, um den eigenen Einfluss in der Region zu stärken.

Einen besonderen Aufstieg im Exil erlebte Pavlo Skoropadskyj (1873-1945), der 1918 als Staatschef (Hetman) der Ukraine unter der deutschen Besatzung agierte und später zum Leiter der monarchistischen Strömung des ‚ukrainischen‘ Berlins wurde. Mit seinem Namen sind darüber hinaus einige Organisationen verbunden, die das Leben der Gemeinde in den 1920er und 1930er Jahren wesentlich prägten: Das sind vor allem der Emigrantenverein Ukrainische Gesellschaft und das ukrainische wissenschaftliche Institut an der Friedrich-Wilhelms-Universität. Für Skoropadskyj und den Erfolg seiner Tätigkeit interessierten sich einige Ministerien und Ämter sowohl der Weimarer Republik als auch des nationalsozialistischen Deutschlands, die ihm sowie seinen Organisationen eine verdeckte oder offizielle Unterstützung boten.

Das Promotionsvorhaben fragt nach der Rolle der ukrainischen Emigranten in der deutschen Ost- und Ukraine-Politik und beabsichtigt die Analyse von den Beziehungen zwischen Skoropadskyj bzw. seinem Kreis und den deutschen Ämtern. Die Vereinigung der ukrainischen und deutschen Perspektive durch die Arbeit mit Primärliteratur und Archivgut in mehreren Sprachen wird es ermöglichen, eine umfassende Studie mit vielfältigen lokalen, regionalen und transnationalen Bezügen durchzuführen. Als methodischer Zugang wurden für die Forschungsarbeit die historische Netzwerkanalyse sowie die biographische Forschung gewählt. Die erwarteten Forschungsergebnisse sollen neue Erkenntnisse für die deutsche Außenpolitik in Osteuropa verschaffen und darüber hinaus einen neuen Einblick in die Geschichte der ukrainischen Emigrationskultur in Europa gewähren. Es wird ebenso die erste gründliche biografische Forschung zur Emigrationszeit Skoropadskyjs entstehen, die in den breiteren Kontext der internationalen Politik eingebettet wird.