Alessia Invernizzi, Universität Konstanz

Politische und ökonomische Ursachen von Handelsdisputen

Seit mehreren Jahren steigt die Anzahl protektionistischer Maßnahmen und Handelskriege. Welche politischen und wirtschaftliche Ursachen können dieses Phänomen erklären? Dieses Dissertationsvorhaben will es mit Hilfe eines neuen Datensatzes ermöglichen, folgende Fragenblöcke zu beantworten: (i) Wie haben Länder während der letzten dreißig Jahre Zölle und nichttarifäre Maßnahmen verwendet? Welche systematischen Unterschiede gibt es in der Umsätzung? (ii) Welche wirtschaftlichen Faktoren sind für den Protektionismusanstieg verantwortlich? Welche politische Faktoren spielen eine Rolle? Wie wichtig sind Wirtschaftskrisen, internationale Beziehungen oder Parteienzugehörigkeit? (iii) Welche Strategie verfölgt die Europäische Union (EU) bei Handelsdisputen und Protektionismus?

In den letzten Jahren haben sich Forscher*innen vermehrt dem Handelskrieg zwischen den USA und China gewidmet und die wirtschaftlichen und politischen Ursachen und Folgen untersucht. Was genau den kürzlichen Anstieg an Handelskriegen und nicht-tarifären Maßnahmen auf globaler Ebene erklärt, wird zum jetzigen Zeitpunkt von Wissenschaftler*innen nicht beantwortet. Das liegt unter anderem daran, dass es keinen passenden Datensatz gibt. Jedoch sollte man die Ursachen hinter dem vermehrten Gebrauch von handelseinschränkenden Instrumenten untersuchen, um den Zusammenhang mit den anwachsenden populistischen Ereignissen sowie der Anti-Globalisierung Bewegung in Industrieländer besser zu verstehen.

Meine Dissertation basiert auf drei Hauptbeiträge. Auf der theoretischen Seite plane ich die erweiterung von der jetzigen Definition von Handelskriegen damit nicht-tarifären Maßnahmen einbezogen werden. Ich erwarte, dass Handelszölle in geringerem Anteil für demokratische und befreundete Staaten erhört werden, diese aber in gleichen Maßen von nicht-tarifären Maßnahmen und Handelskriege betroffen sind. Zudem entwickle ich eine theoretische Differenzierung von Protektionismus, Handelsdispute und Handelskriege.

Die zweite Kontribution des Dissertationsprojektes liegt bei in der Erstellung eines neues Datensatzes. Diese soll es ermöglicht, tarifäre und nicht-tarifäre Maßnahmen der letzten Jahrzehnte zu erfassen um Protektionismus und Handelskriege zu erforschen. Dank der Global Trade Alert (GTA) Daten wissen wir, dass nicht-tarifäre Maßnahmen häufiger von Demokratien benutzt werden. Somit sollte der Fokus zukünftiger Arbeiten diese miteinbeziehen. GTA sammelt quantitative und qualitative beindruckende Daten seit 2008 bis heute. Zusätzlich werde ich den neuen `WTO Dispute Settlement Dataset 2020` erwitern. Dieses sammelt die nationalen Klagen vor der Welthandels Organisation und dessen Beschlüsse. Kombiniert sollen diese Dateien in einen neue Paneldatensatz erscheinen, der möglichst alle Fälle von Handelskriegen und die Einführung protektionistischer Maßnahmen der letzten drei Jahrzehnte beinhalten und als Grundlage für quantitative Studien fungieren.

Die unterschiedlich kodierten Handelsmaßnahmen werden in der empirischen Regressionsanalyse als abhängige Variablen benutzt, während die unabhängigen Variablen hauptsächlich von bestehenden Datensätzen abgerufen werden. Diese sind zum Beispiel die sozio-ökonomischen Variablen aus den World Bank Indicators, das Demokratielevel des V-Dem Electoral Democracy Score, die Parteienzugehörigkeit des Manifesto Project und der Wahlzyklus der Database of Political Institutions. Zudem kontrolliere ich für NATO und WTO Zugehörigkeit.