Opfer sexueller Gewalt als Zeuginnen vor internationalen Straf- und Menschenrechtsgerichten
Während heute Tatbestände von Sexualverbrechen, wie etwa Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei und Zwangsprostitution auf völkerrechtlicher Ebene immer umfassender definiert und angewandt werden, bleibt die Partizipation von Opfern sexualisierter Gewalt als Zeug*innen vor internationalen Gerichten bisher weitgehend unerforscht. Obwohl es oft eine enorme Belastung für Betroffene darstellt, treten in den letzten Jahren immer mehr Opfer sexualisierter Gewalt vor internationalen Gerichten als Zeugen auf. Insbesondere der Fall Dominic Ongwen vor dem Internationalen Strafgerichtshof stellt mit 21 Anklagepunkten im Bezug zu sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt einen Durchbruch dar. Hieraus ergeben sich jedoch neue Herausforderungen, insbesondere die Frage, wie das Recht auf Würde und Sicherheit von Opfern sexualisierter Gewalt gewährleistet und gleichzeitig mit dem Recht angeklagter Personen auf ein faires Verfahren in Einklang gebracht werden kann. Dieses schwierige Gleichgewicht macht neue Leitlinien für die verschiedenen Verfahrensbeteiligten erforderlich.
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, zunächst die Rechte der Opfer nach internationalen Menschenrechtsstandards zu bestimmen, wenn diese als Zeug*innen sexualisierter Gewalt vor internationalen Gerichten auftreten. In einem zweiten Schritt sollen der Internationale Strafgerichtshof und der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte als Beispiele dafür dienen, wie die Rechte von Zeug*innen, die gleichzeitig Opfer von Sexualstraftaten sind, effektiv in den verfahrensrechtlichen Rahmen sowohl von einem internationalen Straf- als auch einem internationalen Menschenrechtsgerichtshof integriert werden können.