Sie überraschen, rütteln wach, irritieren, reißen mit, schockieren: Virale Videos sind fester Bestandteil der Kultur des Web 2.0 und werden von Unternehmen, Institutionen und NGO gleichermaßen genutzt, um übers Netz für Produkte zu werben oder politische Botschaften zu verbreiten. Der vom Kurzfilmfestival interfilm veranstaltete Viral Video Award würdigt die kreative Arbeit hinter den Webclips und rückt die weltweit besten Videos und ihre Macher/innen ins Rampenlicht. Bereits zum fünften Mal können Internetuser ab sofort wieder aus den spannendesten Produktionen der vergangenen Monate ihr Lieblingsvideo küren. Insgesamt 21 nominierte Filme aus über 500 Einreichungen können auf www.viralvideoaward.com begutachtet und anhand einer Skala bewertet werden.
Neben dem durch das Uservoting ermittelten Publikumspreis wird im Rahmen der Awards auch ein Jury-Preis verliehen. Die Fachjury bilden in diesem Jahr TV-Moderatorin und -Produzentin Tita von Hardenberg, Ronny Kraak, der gerade mit seinem kraftfuttermischwerk.de die Blogcharts anführt, sowie der Videojournalist und Entertainer Ivo Smolak. Außerdem wird zum dritten Mal der Preis für das beste politische Video zu den Themen Klima, Demokratie oder Gerechtigkeit verliehen, vergeben durch die Heinrich-Böll-Stiftung. Überreicht werden alle drei Preise am 16. November in der Berliner Volksbühne im Rahmen des 28. Internationalen Kurzfilmfestivals interfilm.
Unkonventionelle Mittel, ungewöhnliche Blickwinkel
Ziel viraler Videos ist es, durch unkonventionelle filmische und erzählerische Mittel die Aufmerksamkeit der Internetuser/innen zu wecken und ihnen Themen und Fragestellungen aus einem ungewöhnlichen, häufig satirischen Blickwinkel zu präsentieren. Eingestellt werden sie auf Videoportalen wie YouTube oder Vimeo, Verbreitung finden sie in sozialen Netzwerken. Dort werden die Filme umso häufiger geteilt und geklickt, je cleverer ihre Macher/innen mit den Gefühlen und Erwartungshaltungen ihrer meist zufälligen Zuschauer/innen spielen. Entsprechend groß ist die Bandbreite, mit denen die meist kurzen Clips versuchen, die User für sich einzunehmen, was sich auch in der Auswahl der für 2012 nominierten Filme widerspiegelt. Besonders vielfältig geht es dabei in der Preiskategorie „Politisches Viral“ zu, für welche die Heinrich-Böll-Stiftung Patin steht. Hier treten virale Videos an, die sich Themen wie sozialer Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung oder institutionalisier/organisierter Gewalt widmen.
Zu den eindrücklichsten Produktionen dieser Sektion gehören wohl der von Amnesty International veröffentlichte Film „Hooded“, der die albtraumhafte Odysee eines gefolterten politischen Gefangen zeigt, sowie das Video „The $#*! Kids Say“, in welchem auf erschütternde Weise die seelischen Spuren offenbar werden, die misshandelte Kinder davontragen. Häusliche Gewalt thematisiert auch der britische Clip „How to look your best the morning after“, der sich als Videoschminkkurs tarnt, während der Animationsfilm „Roll up! Roll up!“ lakonisch die Folgen des Kohleabbaus in Australien analysiert. Um Menschenhandel geht es in der belgischen Produktion „Girls go wild in the red light district“, in welcher Sexarbeiterinnen eine überraschende Showeinlage bieten, die Macht des Internets als politisches Medium wird im Werbeclip "Three Little Pigs" der britischen Tageszeitung The Guardian demonstriert. Das schwedische Video „Adblock AFK“ zeigt, wie Aktivisten in der Stockholmer Metro eine Anti-Werbung-Aktion durchführen.
Zu den nominierten Videos aus Deutschland zählen der animierte Clip „Mit Essen spielt man nicht“, der sich gegen die Spekulation mit Lebensmitteln wendet, sowie das als Imagefilm daherkommende Video „KMW – aus Tradition schuldig“, das die Machenschaften des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei-Wegmann anprangert. Es sorgte als Teil einer Kampagne des Zentrums für politische Schönheit gegen eine geplante Panzerlieferung nach Saudi-Arabien deutschlandweit für Aufsehen und Empörung.
Einen Überblick über alle Videos gibt es auf www.viralvideoaward.com.