Es wurde ein klug choreographierter Abend. An Anne Klein, die den Frauenpreis und das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro kurz vor ihrem frühen Tod 2011 gestiftet hat, erinnerte die Heinrich-Böll-Stiftung mit einem kurzen Film und ehrte so die leidenschaftliche Rechtsanwältin, kämpferische Feministin und erste offen lesbisch lebende Politikerin, die an diesem 2. März ihren 62. Geburtstag gefeiert hätte. Wie sehr Anne Klein die konkrete Unterstützung benachteiligter Frauen am Herzen lag, machte Barbara Unmüßig in ihrer Ansprache deutlich und verwies auf die vielen Zufluchts- und Beratungsangebote, die Klein mitinitiiert oder als Berliner Frauensenatorin tatkräftig unterstützt hat. Eine Verbindung aus politischem Engagement und praktischer Unterstützung, die auch die Preisträgerin auszeichne: „Ganz wie Anne Klein nimmt Nivedita Prasad Diskriminierungen nicht nur wahr, sie mischt sich auch ein und verändert so die Welt“, begründete Unmüßig die Entscheidung der Jury.
Dank an Mitstreiterinnen
Nivedita Prasad ist in der Tat eine wunderbare Preisträgerin; das wurde spätestens dann unübersehbar, als die Geehrte selbst ans Rednerinnenpult trat. Mit großer Herzlichkeit und viel Humor dankte sie ihrer Tochter, den Freundinnen und Freunden sowie den zahllosen Mitstreiterinnen, Kolleginnen und Unterstützerinnen aus der Schwarzen Frauenbewegung, der Beratungs- und Antirassismusarbeit, aus universitären und außeruniversitären Einrichtungen, in denen Prasad aktiv ist. „All das Wunderbare habe ich ja nicht alleine gemacht, sondern mit ganz vielen zusammen entwickelt“, betonte sie unter dem begeisterten Applaus der Zuhörenden. Neben vielen anderen galt ihr Dank ihrer Kollegin Julia Walsh aus der Beratungsstelle Ban Ying, für die Prasad seit 14 Jahren als Projektkoordinatorin tätig ist. Sie habe mit ihrer Arbeit großen Anteil an der Klage im Fall der indonesischen Hausangestellten Dewi Ratnasari, die Prasad derzeit verfolgt. Ihr Ziel ist es, eine Grundsatzentscheidung zur Frage der strafrechtlichen Immunität von Diplomaten zu erzwingen, die Hausangestellte unter sklavereiähnlichen Bedingungen halten. Notfalls will Prasad damit bis vor den Europäischen Menschengerichtshof ziehen.
Vielseitige und beharrliche Arbeit
Wie vielseitig, wie strategisch klug und beharrlich Nivedita Prasad in ihrer Menschenrechtsarbeit agiert, hatte die emeritierte Berliner Professorin Birgit Rommelspacher zuvor schon in ihrer mitreißenden Laudatio deutlich gemacht. Sie ehrte Prasad als eine Pionierin der Schwarzen Frauenbewegung, die Anfang der Neunzigerjahre die Definitionshoheit weißer Mittelschichtsfrauen in puncto Feminismus infrage gestellt und die Einbeziehung einer antirassistischen Perspektive gefordert hatte – eine Forderung, die in der Praxis allerdings oft uneingelöst blieb. Zugleich habe Prasad sich stets gegen das Opferklischee der hilflosen Migrantin gewehrt und darauf bestanden, eingewanderte Frauen als Subjekte ihrer Lebensgeschichte mit vielfältigen Ressourcen zu sehen. Rommelspacher lobte Prasad als kluge Wissenschaftlerin und herausragende Pädagogin – und zugleich als handfeste Macherin: Ihr sei es zu verdanken, dass es mittlerweile eine Broschüre gibt, in der Flüchtlinge in acht Sprachen über ihre Rechte aufgeklärt werden, einen Mindestlohn für Angestellte in Diplomatenhaushalten sowie ein Handbuch, das über geltende UN-Konventionen aufklärt und Schritt für Schritt zeigt, welche Beschwerdemöglichkeiten es gegen Menschenrechtsverstöße gibt. Sie wünsche sich, so Rommelspacher, „dass Nivedita Prasad sich weiterhin so engagiert, so kreativ, unerschrocken und beharrlich für die Rechte derer einsetzt, die in unserer Gesellschaft allzu oft übersehen oder bewusst ignoriert werden und denen kein Recht auf Rechte zugestanden wird“.
Daran, dass sie diese Hoffnung nicht enttäuschen wird, ließ Nivedita Prasad an diesem Abend keinen Zweifel. Dem Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Markus Löning, dankte sie für sein freundliches Grußwort und machte zugleich deutlich, dass sie ihn und die Bundesregierung an sein Bekenntnis zur Wanderarbeiterkonvention – die die Bundesrepublik bislang nicht ratifiziert hat – erinnern werde. Zugleich nutzte sie ihre Dankesrede, um ihre Forderung nach einer Regelung zu wiederholen, mit der Angestellte aus Diplomatenhaushalten verpflichtet werden sollten, künftig regelmäßig ins Auswärtige Amt zu kommen: „Das“, so Prasad an Lönings Adresse, „wäre eine gute und überfällige Maßnahme der Prävention, die nicht viel Geld kostet.“ Viel Beifall erntete auch Prasads jüngster Plan: die Einrichtung eines Rechtshilfefonds für die Bereiche „Gewalt gegen Frauen“ und „Rassismus in Deutschland“, in die sie einen Teil ihres Preisgeldes fließen lassen möchte. Eine Initiative, so versprach Barbara Unmüßig, in der die Heinrich-Böll-Stiftung sie gerne unterstützen werde.
Im Anschluss lag im Foyer schon eine Liste für Nivedita Prasads neuen Rechtshilfefond aus, in die sich noch am selben Abend die ersten Unterstützerinnen eintrugen. Ein gelungener Auftakt und ein wunderbares Projekt, das der Feministin und Juristin Anne Klein sicher gefallen hätte.