Britische Regierung will Internet-Überwachung in Echtzeit

Bild: Highway Agency  Lizenz: CC BY 2.0 Original: flickr.com

16. April 2012
Mirja Brücker
Communications Capabilities Development Programme (CCDP) nennt sich das neue Werkzeug, mit dem schon bald die Kommunikation der britischen Bürger überwacht werden soll. Die Regierung begründet ihr Vorhaben mit der Bekämpfung von Terroristen und Kriminellen, doch Bürgerrechtler befürchten einen beispiellosen Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger.

„Soweit wir wissen sollen die Internet Service Provider dazu aufgefordert werden, sogenannte ‚black boxes‘ an Schlüsselpunkten ihres Netzwerkes zu installieren. Diese Boxen nutzen die Technologie der Deep Packet Inspection  und können praktisch jeden Kommunikationsstrom in Großbritannien verfolgen und untersuchen. So können sie erfassen, wer welche Website besucht, wer mit wem chattet, telefoniert oder E-Mails schreibt, “ erklärt Emma Draper von Privacy International.

Die Befürworter des geplanten Gesetzes argumentieren, dass es nicht möglich sein soll, Inhalte von Nachrichten oder Gesprächen einzusehen. Auch soll, im Unterschied zu dem Gesetzesentwurf von 2009, keine zentrale Regierungsdatenbank erstellt werden. Doch „wenn die Polizei automatischen Zugang zu allen Daten hat, dann ist der Effekt im Prinzip der gleiche“, gibt Bürgerrechtlerin Draper zu bedenken.

Die Regierung behauptet, „diese Befugnisse seien erforderlich, um zu verhindern, dass Terroristen online anonym kommunizieren können. Aber es ist keineswegs klar, ob es technisch überhaupt realisierbar ist so ewas zu überwachen, insbesondere wenn die Kommunikation verschlüsselt ist“, erklärt Nick Pickles, Vorsitzender von Big Brother Watch.

Frontalangriff auf Privatsphäre

„Der Staat hat bereits die notwendigen Befugnisse, um mutmaßliche Terroristen und Kriminelle ins Visier zunehmen. Bei diesem Plan geht es um das Sammeln von großen Mengen an Informationen über jeden Einzelnen, unabhängig von Verdacht und Schuld“, fügt Draper hinzu. „Die Implementierung von CCDP würde Milliarden von Pfund kosten und wäre ein  noch nie dagewesener Angriff auf die Privatsphäre der britischen Bürger durch den Staat.“

Die Mehrheit der britischen Bevölkerung teilt die Bedenken der Bürgerrechtsaktivisten und auch die Berichterstattung in den Medien ist durchweg negativ. Mehr als 150.000 Menschen haben bereits verschiedene Petitionen unterschrieben, um das geplante Gesetz zu stoppen. Doch die Regierung hält bislang an ihrem Vorhaben fest. „Die Liberal Democrats und die Konservativen haben vor den Wahlen versichert, den Überwachungsstaat zurück zu drängen. Wir werden sie daran erinnern, ihr Wort zu halten. Denn wir befürchten, dass sonst eine riesige Menge Daten über unschuldige Bürger gesammelt wird“, so Pickles.

Um das zu verhindern haben verschiedene Nichtregierungsorganisationen wie Privacy International, the Open Rights Group, the Foundation for Information Policy Research und Big Brother Watch am Donnerstag, den 19.April eine Konferenz in der London School of Economics organisiert, um die Auswirkungen des Gesetzes zu diskutieren. „Wir glauben, der einzige Weg diesen Plan zu stoppen ist es, so viele Menschen wie möglich darauf aufmerksam zu machen, was dieses Gesetz für Großbritannien bedeuten würde. Die Fakten sprechen für sich. Wir setzen alles daran, die Öffentlichkeit, die Abgeordneten und Regierungsvertreter aufzuklären“, kündigt Draper an. „Kein demokratisches Land, hat jemals so eine Politik verfolgt. In den USA wäre das Gesetz verfassungswidrig. Wenn CCDP beschlossen wird, stellt sich Großbritannien in eine Linie mit autoritären Staaten wie Iran oder Kasachstan.“

 

Mirja Brücker

Mirja Brücker hat Politikwissenschaft studiert und ist Freie Mitarbeiterin in der Internetredaktion der Heinrich-Böll-Stiftung.
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