Interview mit Barbara Unmüßig zu den Klimaverhandlungen

Lesedauer: 3 Minuten

2. Juni 2009

Text des Videos zum Nachlesen:

Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung
 

Der Klimawandel schreitet schneller voran als sogar noch vor ein oder zwei Jahren von der Klimawissenschaft vorausgesagt wurde. Umso enttäuschender ist es, dass die Politik viel zu langsam reagiert und überhaupt nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen folgt. Die USA oder Australien oder Japan haben bislang noch nicht einmal anerkannt, dass es notwendig ist, das 2-Grad-Ziel zu akzeptieren, wenn gefährlicher Klimawandel vermieden werden soll.

Ich würde sagen, dass wir es auf breiter Front mit Politikversagen zu tun haben, weil das, was ein halbes Jahr vor Kopenhagen, also vor dem nächsten Klimagipfel, vorliegt, überhaupt nicht ausreichend ist für einen Durchbruch im Klimaschutz. Im Moment kommen wir vielleicht, wenn wir zusammenrechnen maximal auf 12 Prozent Reduktion bis zum Jahr 2020. Aber alle wissen, dass wir mindestens bis 40 Prozent reduzieren müssen, wenn wir die Trendwende einleiten wollen und davon sind wir sehr weit entfernt.

Hoffnungsträger Major Economies Forum

Seit einiger Zeit gibt es das Major Economies Forum. Das ist ein Forum, in dem sich siebzehn Länder zusammen geschlossen haben, die gleichzeitig für 80 Prozent der globalen CO2 Emissionen verantwortlich sind. Zuletzt kam dieses Major Economies Forum in Paris zusammen und es ist schon enttäuschend, dass auch diese 17 Länder sich in keiner Weise darauf einigen können, welchen Beitrag sie leisten wollen, um gefährlichen Klimawandel abzuwenden.

Finanzierungslücke

Das Finanzthema ist zu einem richtigen Blockadethema geworden, innerhalb der Klimaverhandlungen. Es ist ja so, dass die schlimmsten Folgen des Klimawandels im Süden ankommen werden. Die Schwellenländer fordern Finanztransfers für den Klimaschutz in den Süden. Wenn wir also auch die Schwellenländer und die Entwicklungsländer dazu bringen wollen, ihren Beitrag zu leisten, CO2 zu vermeiden und zu reduzieren, dann ist es auch die Verantwortung des Nordens, Geld auf den Tisch zu legen, um Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel im Süden überhaupt erst möglich zu machen. Ohne Finanztransfers an den Süden, wird es kein Kopenhagen-Abkommen geben! Denn die Entwicklungs- und Schwellenländer haben deutlich gemacht, dass sie sich nicht mehr mit Peanuts abspeisen lassen.

Institutionen für den Finanztransfer von Nord nach Süd


Welche Institutionen sind geeignet, welche Institutionen genießen das Vertrauen der Industrie- und Entwicklungsländer, dieses Geld zu kanalisieren? Wir haben natürlich das Problem, dass es in vielen Entwicklungsländern extrem schwache staatliche Institutionen gibt, die kaum in der Lage sind, mit diesen neuen Geldsummen effizient umzugehen. Wir stehen schließlich auch vor der Herausforderung, Klimaschutz mit Armutsminderung zu verknüpfen. Es gibt also auch viele soziale Fragen, Gerechtigkeitsfragen, die im Zentrum stehen. Und wir können Klimaschutz nicht nur als technische Aufgabe betrachten - hier und da bauen wir Dämme gegen Hochwasser und so weiter. Es sind immer Menschen betroffen und es sind auch immer Menschen einzubeziehen. Wie partizipativ erfolgen diese ganzen Klimaschutzprogramme? Das ist ein weiteres großes Themenfeld. Es sind also gigantische politische Probleme, die mit diesem ganzen Finanztransfer eng verbunden sind und darüber muss es endlich eine Diskussion geben.

Barbara Unmüßig

Barbara Unmüßig ist Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Sie hat zahlreiche Zeitschriften- und Buchbeiträge zu Fragen der internationalen Finanz- und Handelsbeziehungen, der internationalen Umweltpolitik und der Geschlechterpolitik veröffentlicht. 

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