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Krisenprävention und Konfliktbearbeitung in Afrika

Lesedauer: 3 Minuten

17. Januar 2008

Weltweit gilt Afrika als der Kontinent mit den meisten Kriegen und Kriegsopfern seit 1945. Die Kriegsanfälligkeit vieler afrikanischer Länder hat besonders in den 1990er Jahren zugenommen. Dabei sind die Kriegsursachen äußerst vielschichtig und komplex. Der plötzliche Ressourcenentzug durch externe Geber nach Ende des Ost-West-Konflikts nahm vielen autoritären Regimes ihre Basis und wirkte als Katalysator für das gewaltsame Ausbrechen von Konflikten. Die nur unzureichende Konsolidierung staatlicher Herrschaft lässt Eliten um die Kontrolle der Staatsmacht und der materiellen Ressourcen des Landes kämpfen. Doch wenn ein identitätsstiftendes nationales Zugehörigkeitsgefühl fehlt, bekommen Ethnizität und Religion eine politische Dimension und werden zu wichtigen Bezugspunkte für die eigene Identität und die Konstruktion von Feindbildern. Kriegsursachen sind auch in der ökonomischen Globalisierung zu suchen, die viele afrikanische Länder weiter in die Peripherie drängt.

Staatszerfall und Privatkriege

Viele afrikanische Bürgerkriege der 1990er Jahre gehen mit einem Staatszerfall und einem Wandel der Kriegsformen einher. Eine Zunahme privater Kriegsakteure (Warlords, lokale Milizen, Söldnerarmeen) und eine verstärkte Rekrutierung von Kindersoldaten sowie die weite Verbreitung von Kleinwaffen drehen die Gewaltspirale nach oben.
Die wirtschaftliche Basis für diese neuen Kriege sind sogenannte Gewaltökonomien, die durch organisierte Kriminalität, illegalen Rohstoff- und Drogenhandel und eine Instrumentalisierung externer Hilfeleistungen gekennzeichnet sind. Diese ökonomischen Machtstrukturen haben fast immer eine internationale Dimension, und sind zunehmend auch in globale Märkte eingebunden.

Neben der ökonomischen Dimension vieler afrikanischer Kriege (z.B. Drogenhandel), wirken auch die Migrations- und Flüchtlingsproblematik sowie die Politisierung religiöser Differenzen und die Kreation neuer Feindbilder weit über die Grenzen eines Landes und den Kontinent hinaus und zeigen Handlungsbedarf seitens der internationalen Gemeinschaft. Einsatztruppen regionaler, afrikanischer Organisationen (z.B. ECOWAS) gewinnen dabei neben den Friedenstruppen der Vereinten Nationen an Bedeutung. Die G8-Staaten haben sich in ihrem Afrika-Aktionsplan  dazu verpflichtet, die Mitgliedstaaten von NEPAD beim Aufbau einer afrikanischen Friedenstruppe zu unterstützen.

Versöhnung und Vertrauensbildung

Krisenprävention meint zunächst einmal die Prävention von Gewalt, um die Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung zu schaffen. Doch gerade in einem Kontext, in dem Gewalt auf verschiedenen Ebenen den Alltag der Menschen prägt, wird deutlich, dass die Bewältigung von Konflikten vielschichtiger ist und neben der Demilitarisierung bzw. Entschärfung eines Konfliktes auch Aspekte der Legitimität der neu zu bildenden Herrschaft, der Beseitigung extremer sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit sowie der Versöhnung und Vertrauensbildung zwischen den ehemaligen Kriegsparteien beinhalten muss. In diesem Zusammenhang gewinnt die zivile Konfliktbearbeitung gegenüber der militärischen an Bedeutung.

Lokal handeln

Handlungsmöglichkeiten und komparative Vorteile einer politischen Stiftung wie der Heinrich-Böll-Stiftung bei der Krisenprävention und Konfliktbearbeitung in Afrika liegen in der Präsenz vor Ort und der engen Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren. Dies ermöglicht eine Beobachtung und genaue Analyse der Konfliktsituation. Als externer Akteur mit politischem Mandat kann die Stiftung gezielt politische Akteure ansprechen und den Dialog zu entscheidenden Themen anregen. Aufgrund begrenzter Kapazitäten muss sich die Stiftung jedoch regional und thematisch spezialisieren.

Der Heinrich-Böll-Stiftung geht es in Afrika ist erster Linie um die Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure. Diese können als Mediatoren auf lokaler Ebene konfliktpräventiv bzw. -mildernd wirken. Zusätzlich sollen Foren geschaffen werden, die der Informationsbeschaffung zur Konfliktlage und dem Austausch verschiedener Konfliktparteien und -akteure dienen. Programme zur Krisenprävention und Konfliktbewältigung sowie Friedens- und Versöhnungsarbeit führt die Heinrich-Böll-Stiftung in Nigeria und am Horn von Afrika / Ostafrika durch.