Liebe Mitglieder der Jury,
liebe Freundinnen und Freunde, verehrte Gäste,
ich möchte Sie sehr herzlich im Namen der Heinrich-Böll-Stiftung zur Verleihung des Friedensfilmpreises begrüßen.
Ein besonderer Gruß gilt natürlich dem diesjährigen Preisträger und seinem Team – mehr darf ich hier nicht verraten, obwohl vermutlich die allermeisten schon wissen, auf wen die Auswahl der Jury gefallen ist.
Der Friedensfilmpreis ist mittlerweile eine Institution geworden, ein viel beachteter Preis mit einem unverwechselbaren Profil, einem treuen Publikum und einer professionellen Inszenierung.
Das war nicht immer so. Die erste Preisvergabe fand 1986 in der Filmbühne am Steinplatz vor 60 Zuschauern statt, ein Preisgeld gab es damals nicht. Ausgezeichnet wurde damals der Film „Half Life" des australischen Regisseurs Dennis O’Rourke über die amerikanischen Atombombenversuche auf den pazifischen Marshall-Inseln.
Vom damaligen Festivalleiter nicht ernstgenommen, rang der Friedensfilmpreis Jahr für Jahr um Anerkennung und Öffentlichkeit. Mit Ulrich Gregor, dem langjährigen Leiter des „Forums des jungen Films“ und seiner Frau Erika fand der Preis engagierte Förderer, und mit Dieter Kosslick schließlich auch einen Berlinale-Direktor, der verstand, dass der Friedensfilmpreis gut zum Profil dieses Festivals passt. Die Stärken der Berlinale lagen schon immer im engagierten Kino, das Geschichten von Außenseitern, von verdrängten Konflikten und von Hoffnung inmitten des Schreckens erzählt.
Die Heinrich Böll Stiftung beteiligt sich am FFP seit Mitte der 90er Jahre, und mein erstes Grußwort habe ich 1997 gehalten. Der damalige Preisträger hieß „Nach Saison“, eine Dokumentation von Mirjam Quinte und Pepe Danquart über das vom Krieg verwüstete bosnische Mostar. Der Film zeigt die Bemühungen des von der Europäischen Union eingesetzten Verwalters Hans Koschnick, Brücken zwischen den tief verfeindeten Volksgruppen aufzubauen. Ich hatte Koschnick im Jahr zuvor in Mostar besucht und gesehen, welche Trümmer die Belagerung des bosniakischen Teils der Stadt hinterlassen hatte, im Stadtbild wie in den Köpfen.
Ich erinnere mich auch an die politischen Spannungen, die es damals in der Jury wie im Publikum gab: zwischen jenen, welche die Intervention der NATO im post-jugoslawischen Bruderkrieg aus humanitären Gründen befürwortetet hatten und denen, die das als politischen Sündenfall bekämpften.
Diese Spannungen hat es über die Jahre immer wieder gegeben, als es etwa um die Kosovo-Intervention ging oder später um Afghanistan. Im Grunde ging es um den Zielkonflikt zwischen den zwei großen Lehren, die aus der Geschichte der Kriege und der Barbarei im Europa des 20. Jahrhunderts zu ziehen waren: Nie wieder Krieg und Nie wieder Völkermord.
Die Verpflichtung auf die friedliche Lösung von Konflikten und die Schutzpflicht der internationalen Gemeinschaft für Menschen, die Opfer von Vertreibung und Vernichtung werden, sind zwei Seiten derselben Medaille. Wie wir sie in Übereinstimmung bringen können, darum muss und kann gerungen werden.
Wenn wir das akzeptieren, können wir Meinungsverschiedenheiten akzeptieren und unsere Motive respektieren, Irrtümer eingeschlossen.
Auch wird es immer wieder Fälle geben, in denen wir dem Blutvergießen weitgehend ohnmächtig gegenüberstehen und kein Königsweg sichtbar ist wie jetzt in Syrien. Umso schlimmer, wenn der UN-Sicherheitsrat sich selbst lahmlegt und seiner „Responsibility to Protect“ nicht gerecht wird.
Unsere Solidarität ist mit den Menschen in Homs, Aleppo und Damaskus, die für Freiheit und Menschenwürde kämpfen und dafür mit Panzern und Artillerie beschossen werden.
Aber es gab im letzten Jahr auch viele Zeichen der Hoffnung – das Aufbegehren von Millionen Menschen in den arabischen Staaten, die sozialen Protestbewegungen rund um die Welt, von New York über Santiago de Chile bis nach Tel Aviv, und nicht zuletzt der demokratische Aufbruch in Russland, der Hunderttausende von Menschen mobilisierte. Letztlich ist es dieser Kampf um Demokratie und soziale Gerechtigkeit, der allein einen tragfähigen, dauerhaften Frieden stiften kann.
Der Friedensfilmpreis ist ein Beitrag zu diesem nie endenden Bemühen um eine friedliche, eine bessere Welt. Ich schließe mit einem Zitat von Carolin Emcke, die in diesem Jahr die hbs in der Jury vertreten hat. Gefragt, was für sie einen geeigneten Kandidaten für den Friedensfilmpreis ausmacht, antwortete sie:
„Nun, zunächst einmal muss der Film ein guter Film sein. Damit meine ich erst einmal ganz handwerkliche Kriterien: gute Kameraführung, klare Dramaturgie, erkennbare Erzählstruktur. Einfach nur ein politisch wichtiges Thema zu nehmen, dann aber einen schlecht erzählten Film daraus machen - das reicht nicht. Was es dann zusätzlich braucht, um als Friedensfilm-Preis zu überzeugen, können ganz verschiedene Momente sein: ein Film kann auf ein Unrecht aufmerksam machen, das unbeachtet geblieben ist; ein Film kann Konflikte zu ihren Quellen zurückverfolgen und uns damit eine Einsicht vermitteln, wie Gewalt und Krieg zu vermeiden wären; es kann also ein aufklärerischer Anspruch damit einhergehen. Aber für den Friedensfilm-Preis kommen auch Filme in Frage, die eine Vision anbieten, die eine utopische Kraft in sich tragen, und uns damit anstiften können.“
liebe Freundinnen und Freunde, verehrte Gäste,
ich möchte Sie sehr herzlich im Namen der Heinrich-Böll-Stiftung zur Verleihung des Friedensfilmpreises begrüßen.
Ein besonderer Gruß gilt natürlich dem diesjährigen Preisträger und seinem Team – mehr darf ich hier nicht verraten, obwohl vermutlich die allermeisten schon wissen, auf wen die Auswahl der Jury gefallen ist.
Der Friedensfilmpreis ist mittlerweile eine Institution geworden, ein viel beachteter Preis mit einem unverwechselbaren Profil, einem treuen Publikum und einer professionellen Inszenierung.
Das war nicht immer so. Die erste Preisvergabe fand 1986 in der Filmbühne am Steinplatz vor 60 Zuschauern statt, ein Preisgeld gab es damals nicht. Ausgezeichnet wurde damals der Film „Half Life" des australischen Regisseurs Dennis O’Rourke über die amerikanischen Atombombenversuche auf den pazifischen Marshall-Inseln.
Vom damaligen Festivalleiter nicht ernstgenommen, rang der Friedensfilmpreis Jahr für Jahr um Anerkennung und Öffentlichkeit. Mit Ulrich Gregor, dem langjährigen Leiter des „Forums des jungen Films“ und seiner Frau Erika fand der Preis engagierte Förderer, und mit Dieter Kosslick schließlich auch einen Berlinale-Direktor, der verstand, dass der Friedensfilmpreis gut zum Profil dieses Festivals passt. Die Stärken der Berlinale lagen schon immer im engagierten Kino, das Geschichten von Außenseitern, von verdrängten Konflikten und von Hoffnung inmitten des Schreckens erzählt.
Die Heinrich Böll Stiftung beteiligt sich am FFP seit Mitte der 90er Jahre, und mein erstes Grußwort habe ich 1997 gehalten. Der damalige Preisträger hieß „Nach Saison“, eine Dokumentation von Mirjam Quinte und Pepe Danquart über das vom Krieg verwüstete bosnische Mostar. Der Film zeigt die Bemühungen des von der Europäischen Union eingesetzten Verwalters Hans Koschnick, Brücken zwischen den tief verfeindeten Volksgruppen aufzubauen. Ich hatte Koschnick im Jahr zuvor in Mostar besucht und gesehen, welche Trümmer die Belagerung des bosniakischen Teils der Stadt hinterlassen hatte, im Stadtbild wie in den Köpfen.
Ich erinnere mich auch an die politischen Spannungen, die es damals in der Jury wie im Publikum gab: zwischen jenen, welche die Intervention der NATO im post-jugoslawischen Bruderkrieg aus humanitären Gründen befürwortetet hatten und denen, die das als politischen Sündenfall bekämpften.
Diese Spannungen hat es über die Jahre immer wieder gegeben, als es etwa um die Kosovo-Intervention ging oder später um Afghanistan. Im Grunde ging es um den Zielkonflikt zwischen den zwei großen Lehren, die aus der Geschichte der Kriege und der Barbarei im Europa des 20. Jahrhunderts zu ziehen waren: Nie wieder Krieg und Nie wieder Völkermord.
Die Verpflichtung auf die friedliche Lösung von Konflikten und die Schutzpflicht der internationalen Gemeinschaft für Menschen, die Opfer von Vertreibung und Vernichtung werden, sind zwei Seiten derselben Medaille. Wie wir sie in Übereinstimmung bringen können, darum muss und kann gerungen werden.
Wenn wir das akzeptieren, können wir Meinungsverschiedenheiten akzeptieren und unsere Motive respektieren, Irrtümer eingeschlossen.
Auch wird es immer wieder Fälle geben, in denen wir dem Blutvergießen weitgehend ohnmächtig gegenüberstehen und kein Königsweg sichtbar ist wie jetzt in Syrien. Umso schlimmer, wenn der UN-Sicherheitsrat sich selbst lahmlegt und seiner „Responsibility to Protect“ nicht gerecht wird.
Unsere Solidarität ist mit den Menschen in Homs, Aleppo und Damaskus, die für Freiheit und Menschenwürde kämpfen und dafür mit Panzern und Artillerie beschossen werden.
Aber es gab im letzten Jahr auch viele Zeichen der Hoffnung – das Aufbegehren von Millionen Menschen in den arabischen Staaten, die sozialen Protestbewegungen rund um die Welt, von New York über Santiago de Chile bis nach Tel Aviv, und nicht zuletzt der demokratische Aufbruch in Russland, der Hunderttausende von Menschen mobilisierte. Letztlich ist es dieser Kampf um Demokratie und soziale Gerechtigkeit, der allein einen tragfähigen, dauerhaften Frieden stiften kann.
Der Friedensfilmpreis ist ein Beitrag zu diesem nie endenden Bemühen um eine friedliche, eine bessere Welt. Ich schließe mit einem Zitat von Carolin Emcke, die in diesem Jahr die hbs in der Jury vertreten hat. Gefragt, was für sie einen geeigneten Kandidaten für den Friedensfilmpreis ausmacht, antwortete sie:
„Nun, zunächst einmal muss der Film ein guter Film sein. Damit meine ich erst einmal ganz handwerkliche Kriterien: gute Kameraführung, klare Dramaturgie, erkennbare Erzählstruktur. Einfach nur ein politisch wichtiges Thema zu nehmen, dann aber einen schlecht erzählten Film daraus machen - das reicht nicht. Was es dann zusätzlich braucht, um als Friedensfilm-Preis zu überzeugen, können ganz verschiedene Momente sein: ein Film kann auf ein Unrecht aufmerksam machen, das unbeachtet geblieben ist; ein Film kann Konflikte zu ihren Quellen zurückverfolgen und uns damit eine Einsicht vermitteln, wie Gewalt und Krieg zu vermeiden wären; es kann also ein aufklärerischer Anspruch damit einhergehen. Aber für den Friedensfilm-Preis kommen auch Filme in Frage, die eine Vision anbieten, die eine utopische Kraft in sich tragen, und uns damit anstiften können.“
In diesem Sinne wünsche ich dem FFP viel Erfolg und uns allen einen interessanten Nachmittag.