Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Erklärung führender NGOs aus Perm

Lesedauer: 3 Minuten

10. November 2004
Im Juni 2004 haben wir die Entscheidung getroffen, uns nicht an den Veranstaltungen des allrussischen Sozialforums in Perm vom 10.-12. November dieses Jahres zu beteiligen. Das war keine leichte Entscheidung, weil wir damit unsere Partner aus anderen gesellschaftlichen Organisationen und aus der Verwaltung des Gebiets Perm, die auf unsere Zusammenarbeit bei der Organisation des Forums gerechnet haben, im Stich lassen. Dafür entschuldigen wir uns.

Unser Entschluss, am Forum nicht teilzunehmen, geht von folgenden Überlegungen aus:

  1. Man kann kein allrussisches Forum für Vertreter der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und des Staates unter der Ägide einer Partei veranstalten, umso weniger, wenn es sich dabei um die regierende Partei „Einiges Russland" handelt. Wenn es denn notwendig war, in den Dialog auf dem Forum politische Parteien einzuschließen, dann hätte man alle wichtigen Parteien einladen müssen: von der Kommunistischen Partei Russlands (KPRF) und Rodina bis zur Union der Rechten Kräfte (SPS) und Jabloko.
  2. Man kann die Beteiligung an einem Bürgerforum, das als allrussisches präsentiert wird, nicht nur auf diejenigen Organisationen beschränken, die am allrussischen Wettbewerb für soziale Projekte der Partei „Einiges Russland" teilgenommen haben oder die von den Regionalverwaltungen in ihre Delegationen aufgenommen wurden. Wir achten die einen und die anderen Kollegen, aber sie repräsentieren nur einen von vielen Sektoren der russischen Gesellschaft. Das stimmt umso mehr, als ein bedeutender Teil der Sieger des Wettbewerbs von „Einiges Russland" kommunale Einrichtungen sind.
  3. Man kann die einzige offizielle allrussische öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf „Über eine Bürgerkammer der Russischen Föderation" nicht nur mit Experten und den Gewinnern des Wettbewerbs von „Einiges Russland" durchführen.

Die Zivilgesellschaft entwickelt sich, sie wird immer vielfältiger, aber auf den „Bürgerforen" ist die Zivilgesellschaft immer einfarbiger vertreten: fast keine Wirtschaftsvertreter mehr, dafür immer mehr Beamte und Mandatsträger. Staatsbedienstete und Kommunalbeamte werden zu den Hauptteilnehmern der Foren, VIPs und Experten zu ihren wichtigsten Helden.

Wir verstehen, dass derjenige, der finanziert, auch Sinn und Stil der Veranstaltung bestimmt. Deshalb hängt die zivilgesellschaftliche Zukunft der Foren aus unserer Sicht davon ab, welchen finanziellen Beitrag zu ihrer Durchführung zivilgesellschaftliche Organisationen und vom Staat unabhängige Geldgeber leisten werden.

Wir bedauern, dass wir unsere Erfahrungen nicht auf dem Forum mit den Kollegen teilen können, aber wir versuchen, dort unsere Publikationen zu verbreiten: die Zeitung "Persönliche Angelegenheit", die Broschüren „Wie organisiert man Bürgerkontrolle", „Wie führt man zivilgesellschaftliche Verhandlungen", „Wie arbeitet man mit dem Staat" und ebenso unsere CD-Rom „Bibliothek der Permer Assambly".

Igor Awerkijew, Vorsitzender der Permer Bürgerkammer
Sergej Isajew, Permer Regionales Menschenrechtszentrum
Alexander Kalich, Memorial Perm

Dossier

Demokratie in Russland

Demokratie in Russland ist für ein friedliches und demokratisches Europa unabdingbar. Nur ein demokratisches Russland wird ein verlässlicher und berechenbarer Nachbar sein.