Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den USA befinden sich heute in einer Übergangsphase. Seit dem Ende des Kalten Krieges ist es nicht mehr selbstverständlich, dass die transatlantische Allianz die Zentralachse der amerikanischen und europäischen Außenpolitik ist. Die Verlagerung des Schwergewichts der Weltwirtschaft und der Weltpolitik in den pazifischen Raum ist ein wichtiger Grund für diese Entwicklung.
Die meisten Probleme des globalen Wandels können allerdings immer noch nur dann gelöst werden, wenn die EU und die USA an einem Strang ziehen. Die Europäische Union muss dabei politisch wie militärisch handlungsfähig sein, wenn sie die Interessen- und Wertegemeinschaft mit den USA gleichberechtigt gestalten und eine größere globale Verantwortung übernehmen will. Für beide Seiten wird es darauf ankommen, gemeinsam mit Dritten wirksame Vereinbarungen im multilateralen Rahmen anzustreben.
Neben einer inhaltlichen Erneuerung der Allianz wird es in Zukunft auch darum gehen, eine neue Generation an der Bündnisarbeit zu beteiligen. Der transatlantische Nachwuchs sollte sich dabei nicht nur aus Parteien rekrutieren, sondern auch aus Think Tanks, Nichtregierungsorganisationen und Medien.
Für eine "grüne" Allianz
Die Heinrich-Böll-Stiftung setzt sich für eine stärkere „Begrünung“ der transatlantischen Allianz ein. Dabei unterstützt sie sowohl den Einsatz politischer Instrumente und umweltfreundlicher Technologien als auch gemeinsame Verpflichtungen im Rahmen multilateraler Vereinbarungen. Da in den USA eine energiepolitische Wende absehbar ist, wird der Dialog in der Klima- und Energiepolitik auf parlamentarischer Ebene an Bedeutung gewinnen. Themen wie Klimaschutz und grüne Marktwirtschaft werden dabei zunehmend auch als Herausforderung für die Sicherheitspolitik erkannt.
In der Außen- und Sicherheitspolitik hat eine intensive strategische Debatte zwischen Europa und den USA begonnen. Die Stiftung setzt sich dafür ein, dass die Schaffung einer multilateralen Sicherheitsarchitektur und der Einsatz für Menschenrechte auf der Tagesordnung dieser Debatte stehen. Dies gilt für die Weiterentwicklung der transatlantischen Sicherheitsstruktur wie auch für Bündnispolitik im Nahen Osten und die internationale Einbindung Russlands und Chinas.
Gemeinsame Probleme
Eine Neubestimmung der transatlantischen Allianz muss nach Ansicht der Heinrich-Böll-Stiftung auch gesellschaftspolitische Werte und Ziele einschließen. Gemeinsame Problembereiche zu Beginn des 21. Jahrhunderts umfassen den demographischen Wandel, die wachsende soziale Desintegration und die Spannung zwischen ethnisch-kultureller Vielfalt und dem Zusammenhalt des Gemeinwesens. In der Wirtschaft geht es in den USA wie auch in Europa darum, die ökonomische Leistungsfähigkeit unter den Vorzeichen der Globalisierung zu sichern. Und seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 stellt sich auf beiden Seiten des Atlantiks vestärkt die Frage, ob ein moderner Sicherheitsstaat mit den Prinzipien einer liberalen Demokratie vereinbar ist. Die Heinrich-Böll-Stiftung will die transatlantische Debatte zu diesen Fragen nicht zuletzt deshalb voranbringen, um dem Auseinanderdriften von Europa und Amerika entgegenzuwirken.