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Die Europäische Nachbarschaftspolitik

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Die „Europäische Nachbarschaftspolitik“ (ENP) wurde als Reaktion auf die EU-Erweiterung und als Antwort auf die Herausforderungen der neuen „östlichen Nachbarschaft“ entwickelt. Mit dem Anreiz einer engeren Kooperation in der Wirtschafts-, Außen- und Sicherheitspolitik versucht die Europäische Union, die demokratische Transformation in den Nachbarstaaten zu unterstützen.

Unsere Nachbarn in Osteuropa und im Kaukasus

An der neuen Ostgrenze ist die erweiterte EU mit ungleichen Nachbarn konfrontiert, die sich unterschiedlich zu den Angeboten der Europäischen Nachbarschaftspolitik positionieren. Während das belarussische Regime unter Präsident Lukaschenka gegenüber dem Westen und der EU eine Politik der Isolation betreibt, strebte die Ukraine nach der „orangenen Revolution“ 2004 die Annäherung an die Europäische Union an. Da die Europäische Nachbarschaftspolitik keine Beitrittsperspektive anbietet, zeigte sich die Ukraine allerdings bald enttäuscht.

2004 hat die EU nach längeren internen Auseinandersetzungen Georgien, Armenien und Aserbaidschan in ihr Programm der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) aufgenommen. Durch eine enge politische und ökonomische Verflechtung unterhalb der Schwelle einer Mitgliedschaft will die EU die demokratische Transformation und innenpolitische Stabilisierung in diesen Ländern unterstützen. Durch diesen Schritt hat sich die EU allerdings in ein Terrain gewagt, das Rußland als Einflußzone beansprucht. Die Integrationsangebote der EU stehen deshalb in einem Konkurrenzverhältnis zu denen aus Moskau.

Die Aktivitäten der Stiftung

Die Heinrich-Böll-Stiftung bietet vor diesem Hintergrund eine Ebene der Diskussion über die regionalen und EU-internen Widersprüche. So haben die Büros Warschau, Moskau und Brüssel gemeinsam einen Dialog über die künftige politische Architektur Europas in Gang gesetzt, in dem die Perspektiven und Interessen der unmittelbar Beteiligten zur Sprache kommen.

Das Landesbüro Kiev wird 2008 seine Arbeit aufnehmen und das Büro in Warschau entlasten. Durch das direkte Engagement in der Ukraine will die Stiftung die dortige Demokratisierung noch effektiver unterstützen.

Auch in Belarus konzentriert sich die Stiftung auf Maßnahmen zur Stärkung der Zivillgesellschaft. Die Büros in Warschau und in Kiev bieten der belarussischen demokratischen Opposition ein Austausch- und Konsolidierungsforum, um der europäischen Öffentlichkeit einen besseren Eindruck von der Entwicklung im Land zu vermitteln.

In der Region Südkaukasus ist die Heinrich-Böll-Stiftung mit dem Büro Tiflis engagiert. Neben der Unterstützung des demokratischen Transformationsprozesses steht vor allem die Bearbeitung der regionalen Nationalitätenkonflikte im Vordergrund der Arbeit. Der russisch-georgische Konflikt wird dabei in Zusammenarbeit mit dem Büro in Moskau begleitet. Mit verschiedenen Projekten unterstützt die Stiftung in Georgien und den anderen Ländern die Zivilgesellschaften bei der kritischen Beobachtung der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Zugleich setzt sich die Stiftung innerhalb der EU für eine größere Bedeutung der Kaukasuspolitik und ein schlüssiges ENP-Konzept ein.

Die Mahgrebstaaten

Neben den Ländern in Osteuropa und im Kaukasus sind auch die Staaten des südlichen Mittelmeers ein wichtiger Teil der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Seit Beginn des sogenannten Barcelona-Prozesses in den frühen 1990er Jahren richtet die EU ihre Aufmerksamkeit besonders verstärkt auf diese Region. In Deutschland hat sich die Wahrnehmung dieses Prozesses auf die Sicherheits- und Migrationspolitik verengt. Eine stabile Nachbarschaft ist jedoch auch im Mittelmeerraum nicht mit einer verschärften Grenzpolitik, sondern nur durch eine umfassende Demokratisierung und wirtschaftlichen Aufschwung zu erreichen. Deutschland erwartet von Frankreich und Spanien Verständnis für seine ostpolitischen Prioritäten. Die Heinrich-Böll-Stiftung wird deshalb in der politischen Bildung verstärkt auf die spezifischen Probleme der südlichen Nachbarn Europas eingehen.