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Eine Analyse des Deutschen Nationalen Aktionsplans für erneuerbare Energie

8. Februar 2011
Katharina Umpfenbach und Dr. Stephan Sina, Ecologic Institut

Katharina Umpfenbach und Dr. Stephan Sina, Ecologic Institut

Angesichts des fortschreitenden Klimawandels hat die EU im Jahr 2009 beschlossen, die CO2- Emissionen Europas zu reduzieren. Die Mitgliedsstaaten der EU haben sich dazu auf die sogenannten 2020-Ziele geeinigt. Mit diesen Zielen soll bis zum Jahr 2020 ein ressourceneffizienteres Europa geschaffen werden, in dem das Wirtschaftswachstum vom Verbrauch natürlicher Ressourcen entkoppelt ist. Erreicht werden soll dies durch die Förderung erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz sowie durch die Modernisierung des Transportsektors. Europaweit soll damit der Anteil der erneuerbaren Energien am Energieendverbrauch von 8,5% im Jahr 2005 auf 20% im Jahr 2020 erhöht werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden für jeden EU-Mitgliedsstaat verbindliche Ziele festgelegt. Jedoch bleibt es den Mitgliedsstaaten selbst überlassen zu definieren, wie sie diese Ziele erreichen werden. Dies führt dazu, dass 27 EU-Mitgliedsländer 27 nationale Aktionspläne erstellen und die Möglichkeiten, die sich durch einen europäischen, koordinierten Ansatz ergeben würden – wie er z.B. in der Studie zu einer Europäischen Gemeinschaft für Erneuerbare Energien (ERENE) beschrieben wird – nicht genutzt werden.

Zudem werden nur Ziele bis zum Jahr 2020 formuliert, wodurch die Gefahr besteht, dass der langfristige Umbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nicht verfolgt werden kann. Angesichts der langen Investitionszyklen im Energiebereich bestimmen heute getroffene Entscheidungen den Energiemix für die kommenden Jahrzehnte, weit über das Jahr 2020 hinaus.

Will die EU ihre Energieversorgung auf erneuerbare Energien umstellen– und dies ist der einzige Weg den Klimawandel in verträglichen Grenzen zu halten – muss sie bereits heute die Weichen dafür stellen, und kann sich nicht nur darauf beschränken, die 2020-Ziele zu erreichen. Nehmen die Aktionspläne zu den 2020-Zielen den langfristigen Umbau der Stromerzeugung in Angriff? Berücksichtigen sie die Möglichkeiten, die die europäische Kooperation bei diesem Umbau der Stromerzeugung bietet?

Die Green European Foundation hat mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung in Deutschland und Tschechien, des grünen Think Tanks Cogito in Schweden, der Grünen Bildungswerkstatt Österreich und der Stichting Wetenschappelijk Bureau Groen Links in den Niederlanden in einer Reihe von EU-Mitgliedsstaaten untersucht, inwiefern die Nationalen Aktionspläne über das Jahr 2020 hinausdenken und die Möglichkeiten europäischer Kooperation in diesen Plänen in Betracht gezogen werden.

Alle nationalen Analysen werden ab Mitte November in einer englischsprachigen Sammelpublikation der Green European Foundation zur Verfügung stehen, die die nationalen Analysen in einen europäischen Kontext einbettet.

1. Einleitung

Im Rahmen ihrer Energie- und Klimapolitik hat sich die EU zu einer Minderung ihrer Treibhausgasemissionen um 20 Prozent gegenüber 1990 und zu einer Steigerung ihres Anteils an erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch auf 20 Prozent verpflichtet, beides bis 2020 („20 – 20 bis 2020“). Im Klima- und Energiepaket werden diese Ziele der EU teilweise in individuelle Ziele für die einzelnen Mitgliedstaaten aufgeteilt. Für den Bereich der erneuerbaren Energien setzt die Richtlinie 2009/28/EG (im Folgenden: EE-RL) Deutschland ein Ziel von 18 Prozent. Durch welche Maßnahmen in welchen Bereichen – Strom, Wärme/Kälte, Verkehr – das Ziel erreicht wird, steht Deutschland mit Ausnahme des Verkehrssektors frei. Jeder Mitgliedstaat muss aber in einem Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien nach einem von der Kommission vorgegebenem Muster über Sektorenziele und Zielpfade sowie die zur Zielerreichung vorgesehenen Maßnahmen einschließlich der Nutzung flexibler Kooperationsmaßnahmen berichten. Diese Aktionspläne, die bis zum 30. Juni 2010 einzureichen waren, erlauben nicht nur der Kommission eine Bewertung der Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten, sondern stellen eine „Roadmap“ für jeden Mitgliedstaat dar, die auch für Stakeholder von großem Interesse ist (Howes 2010).

Der Zeithorizont der Aktionspläne ist an sich auf die nationalen Ziele bis 2020 beschränkt. In diesem Zeitraum müssen jedoch auch die Weichen für Umstrukturierungen hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und Gesellschaft bis 2050 gestellt werden. Laut der von der EU vor dem Klimagipfel in Kopenhagen beschlossenen Verhandlungsposition müssen die Industrieländer ihren Treibhausgasausstoß bis Mitte dieses Jahrhunderts um 80 bis 95 Prozent senken. Die Mehrheit der Fachleute geht davon aus, dass dies nur möglich sein wird, wenn die Stromversorgung vollständig oder nahezu vollständig dekarbonisiert wird (Kirchner, Matthes 2009; SRU 2010, ECF 2010). Diese Umstrukturierungen erfordern auch eine zunehmende Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Die vorliegende Studie untersucht daher in Bezug auf den Stromsektor erstens, inwieweit sich der deutsche Aktionsplan auf die langfristige Zusammensetzung des Energiemix auswirkt, und zweitens, inwieweit der deutsche Aktionsplan das Potenzial der europäischen Zusammenarbeit für 2020, aber auch perspektivisch für den Zeitraum darüber hinaus, ausschöpft. Ergänzt wird die Analyse des Aktionsplans durch beispielhafte Maßnahmenvorschläge, wie diesen beiden Aspekten (besser) Rechnung getragen werden könnte.

Gegenstand der Untersuchung ist der Nationale Aktionsplan für erneuerbare Energien vom 4. August 2010. Ergänzend wird auf das Energiekonzept der Bundesregierung vom 28. September Bezug genommen, das noch nicht im Aktionsplan berücksichtigt werden konnte.

2. Überblick über den deutschen Aktionsplan

2.1. Maßnahmen für den Stromsektor

Herzstück der Maßnahmen zur Erreichung der Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor ist das Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG). Das seit 2000 geltende Gesetz garantiert Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen, den unverzüglichen und vorrangigen Anschluss an das Stromnetz und verpflichtet die Netzbetreiber den erzeugten Strom abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen. Darüber hinaus legt das EEG technologiespezifische Tarife für den eingespeisten Regenerativstrom fest, die für 20 Jahre und zusätzlich für das Jahr der Inbetriebnahme der Anlage gezahlt werden. Diese Einspeisevergütung orientiert sich an den Stromgestehungskosten, so dass die Kosten der Investoren gedeckt werden. Jedes Jahr sinkt die Vergütung um einen zuvor festgelegten Satz (Degression). Das EEG legt darüber hinaus fest, dass die Kosten für die notwendige Optimierung und Verstärkung der Stromnetze von den Netzbetreibern zu tragen sind. Die Kosten der Netzbetreiber für Netzausbau und Vergütung werden auf die Stromkonsumenten umgelegt. Das Instrument ist dadurch unabhängig vom öffentlichen Haushalt. Im nationalen Aktionsplan kündigt die Bundesregierung für das Jahr 2012 die Überarbeitung des Gesetzes an, das bereits 2004 und 2009 novelliert wurde. Auch in den folgenden Jahren soll mindestens alle vier Jahre eine Novellierung erfolgen, um die Förderung an die Marksituation und die erfolgte technische Entwicklung anzupassen. Als Grundlage dafür soll der jeweilige Erfahrungsbericht zum EEG dienen.

Als Teil der EEG-Novellierung des Jahres 2009 hat die Bundesregierung zudem die Anforderungen der EE-Richtlinie, die zur Absicherung der Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen dienen, umgesetzt. Im Strombereich wurde hierzu die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung erlassen (BioSt-NachV).

Über das EEG hinaus nennt der nationale Aktionsplan eine Reihe weiterer Instrumente, die zur Erreichung der EE-Ziele im Stromsektor beitragen sollen. Dazu gehören:

  • Zinsverbilligte Kredite der staatlichen Bank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die im Rahmen des Förderprogramms „Erneuerbare Energien“ vergeben werden;
  • Die nationale Klimaschutzinitiative, die verschiedene Informations- und Fördermaßnahmen zur Nutzung von Energieeffizienzpotenzialen und zum Ausbau der erneuerbaren Energien in der Breite umfasst;
  • Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Strom- und Gasnetze setzt, sowie die zugehörigen Verordnungen;
  • Das Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (EnLAG), das zur Beschleunigung des Netzausbaus beitragen soll, indem der vorrangige Bedarf für einzelne Leitungen identifiziert und ein Pilotvorhaben für die Verlegung von Erdkabeln als Alternative zu Freileitungen durchgeführt wird.

Neben den finanziellen Anreizen und regulativen Ansätzen des EEG und des Energiewirtschaftsrechts enthält das Raumordnungsrecht des Bundes und der Länder die Verpflichtung, den Erfordernissen einer umweltfreundlichen Energieversorgung und des Ausbaus von Energienetzen, insbesondere für den Ausbau der erneuerbaren Energien, Rechnung zu tragen. Die Planung und Genehmigung der Vorhaben unterliegt allerdings den Kommunen bzw. den Ländern.

Alle oben genannten Maßnahmen sind bereits in Kraft. Abgesehen von der regelmäßigen Überprüfung und Weiterentwicklung der genannten Instrumente, insbesondere des EEG, enthält der Aktionsplan keine Vorschläge für weiterreichende neue Instrumente.

2.2. Inwieweit werden im Aktionsplan Maßnahmen zur europäischen Zusammenarbeit bzw. zur Zusammenarbeit mit den direkten Nachbarländern Deutschlands vorgeschlagen?

Im Aktionsplan erklärt die Bundesregierung, dass Deutschland sein nationales Ziel für 2020 ohne Nutzung der flexiblen Kooperationsmechanismen (Art. 6-12 EE-RL) nicht nur erreichen, sondern voraussichtlich sogar übertreffen werde. Gleichwohl sei Deutschland an gemeinsamen Projekten interessiert und grundsätzlich bereit, sich an ihnen zu beteiligen. Insbesondere könne Deutschland für 2011-2019 die über dem indikativen Zielpfad liegenden Überschussmengen im Wege der flexiblen Kooperationsmechanismen auf andere Mitgliedstaaten übertragen. Grundsätzlich sei es auch denkbar, darüber hinaus gehende Potenziale durch gemeinsame Projekte zu erschließen.

Die Bundesregierung prüft nach eigenen Angaben noch, auf welche Weise gemeinsame Projekte in Deutschland oder unter deutscher Beteiligung in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden können. Es ist beabsichtigt, einen Leitfaden für die Nutzung der flexiblen Kooperationsmechanismen zu veröffentlichen und zur Beantwortung von Anfragen eine Informationsstelle einzurichten. Zudem wird im Aktionsplan darauf hingewiesen, dass Deutschland bereits zwei internationale Workshops zu den Kooperationsmechanismen durchgeführt habe und den weiteren Austausch zwischen den Mitgliedstaaten unter anderem im Rahmen der IEE Concerted Action zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG als Co-Chair der Working Group zu den flexiblen Kooperationsmechanismen unterstützen werde. Wie aus dem Entwurf des Europarechtsanpassungsgesetzes Erneuerbare Energien (vorgesehen für Dezember 2010) hervorgeht, wird die Umsetzung in Bezug auf flexible Kooperationsmechanismen zurückgestellt, bis die dadurch aufgeworfenen Fragestellungen abschließend geklärt sind.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Elektrizitätsinfrastruktur (Art. 16 EE-RL) weist die Bundesregierung darauf hin, dass ein Ausbau der Verbundkapazitäten mit den Nachbarländern geplant und in verschiedenen Dokumenten (Transmission Development Plan der ENTSO-E, EnLAG, TEN-E-Leitlinien) festgehalten sei. Im Energiekonzept bekräftigt die Bundesregierung ihren Willen, sich für den Auf- und Ausbau eines europaweiten Netzverbundes einzusetzen, und schlägt dafür eine Reihe von Maßnahmen vor. Unter anderem verfolgt sie mit Nordseeanrainern die Idee eines Offshore-Netzes in der Nordsee.

Im Energiekonzept wird auch davon ausgegangen, dass Deutschland langfristig einen erheblichen Anteil seines Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen importieren wird. Einen Beitrag dazu könne perspektivisch der Import von Solarstrom aus solarthermischen Kraftwerken in Nordafrika leisten; zu diesem Zweck werden die zuständigen Ministerien gemeinsam eine Gesamtstrategie für den Solarplan der EU für das Mittelmeer formulieren und dabei insbesondere auch notwendige Rahmenbedingungen für eine Umsetzung des Desertec-Vorhabens identifizieren. Laut Energiekonzept ist es das Ziel der Bundesregierung, die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen an den Potenzialen der jeweiligen Technologie vor Ort auszurichten und gleichzeitig die wirtschaftlichen Potenziale in Deutschland weiter auszubauen. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung der Erfahrungen bei der Umsetzung der flexiblen Kooperationsmechanismen der EE-RL werde die Bundesregierung prüfen, inwieweit sich die Fördersysteme der Mitgliedstaaten weiter koordinieren und harmonisieren lassen.

2.3. Inwieweit werden Maßnahmen vorgeschlagen, die einen Umbau des Stromsektors hin zu einer vollständigen Erzeugung aus erneuerbaren Energien einleiten können?

Obwohl sich die Maßnahmen im Aktionsplan naturgemäß auf die Erfüllung der Ziele für 2020 beziehen, bekennt sich die Bundesregierung auch dazu, die bereits eingeführten Instrumente zur Förderung der erneuerbaren Energien – insbesondere das EEG – über 2020 hinaus fortzuführen. Um die bereits beobachtete Wachstumsdynamik der erneuerbaren Energien im Stromsektor aufrechtzuerhalten, sei es entscheidend, die Vorrangregelung des EEG „über einen längeren Zeitraum beizubehalten“. Die Vergütung der einzelnen Technologien soll – in angepasster Form – ebenfalls beibehalten werden, bis die Technologien ohne finanzielle Unterstützung wettbewerbsfähig sind und schrittweise aus der Förderung des EEG entlassen werden können. Insofern zeigt die Bundesregierung klar ihre Intention, den Zubau erneuerbarer Energien im Stromsektor auch über 2020 hinaus zu fördern.

Es ist davon auszugehen, dass finanzielle Förderung und Vorrangregelung allein nicht ausreichen werden, um den vollständigen Umbau des Elektrizitätssystems zu erreichen. Entscheidend ist daneben der Aus- und Umbau des Stromnetzes, wobei nicht allein die physische Infrastruktur angepasst werden muss, sondern auch neue Regeln für den Strommarkt einzuführen sind, die der zukünftig viel stärker dezentralen und volatilen Stromeinspeisung Rechnung tragen.

Der Aktionsplan zählt einige Instrumente auf, die den technischen Umbau der Netze zumindest vorbereiten. Hierzu gehören:

  • Die EEG-Verordnung zu Systemdienstleistungen durch Windenergieanlagen (SDLWindV), die Windenergieanlagen an der Aufrechterhaltung der Netzsicherheit beteiligt;
  • Die Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres, die Planungsverfahren für Offshore-Windanlagen in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) regelt;
  • Der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität, der Forschungsförderung für die Weiterentwicklung von elektrischen Fahrzeugen und den Ausbau der für die Verbreitung der Elektromobilität notwendigen Infrastruktur fördert. Ziel ist die Zulassung von einer Million Elektrofahrzeuge (einschl. Hybrid-Fahrzeuge) bis 2020;
  • Das Forschungsvorhaben „E-Energy - IKT-basiertes Energiesystem der Zukunft“ zur Förderung von Pilotprojekten in Modellregionen, die die Entwicklung von Smart-Grid-Technologien in der Praxis erproben sollen.

Alle genannten Maßnahmen sind bereits beschlossen und werden derzeit umgesetzt. Der Aktionsplan enthält jedoch kaum Hinweise darauf, welche weiteren zusätzlichen Maßnahmen die Bundesregierung plant, um die Umstellung der Stromerzeugung auf 100% regenerative Energien vorzubereiten. Eine Ausnahme ist die Absicht „das Potenzial für die Weiterentwicklung innovativer Technologien, z.B. solarthermischer Kraftwerke oder Offshore-Parks“ zu nutzen – auch im Rahmen europäischer Kooperationsprojekte.

Ein Grund für die Zurückhaltung mit Blick auf zukünftige Maßnahme liegt sicher darin begründet, dass die Bundesregierung parallel zum Aktionsplan ihr Energiekonzept für den Zeithorizont bis 2050 erarbeitet hat, dessen Ergebnisse jedoch nicht mehr in den Aktionsplan einfließen konnten.

Anders als der Aktionsplan enthält das Energiekonzept, das das Bundeskabinett am 28. September 2010 beschlossen hat, eine Reihe von Maßnahmenvorschlägen, die den Umbau der Stromerzeugung hin zu einer – zumindest überwiegend – regenerativen Erzeugung zum Ziel hat. Laut dem Energiekonzept strebt die Bundesregierung an, bis 2050 80 Prozent der Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu decken.

Um dieses Ziel zu erreichen, werden im Energiekonzept verschiedene Maßnahmen skizziert, die insbesondere die folgenden Herausforderungen angehen sollen:

  • Ausbau der Windenergie (offshore- und onshore) durch ein KfW-Förderprogramm, Prüfung von Ausfallgarantien und Anpassung des Genehmigungsverfahren, um der Vorratshaltung von Genehmigungen entgegen zu wirken;
  • Nachhaltige Nutzung und Erzeugung von Bioenergie durch Überprüfung und ggf. Ausweitung der bestehenden Nachhaltigkeitsanforderungen, Förderung von Biokraftstoffen der zweiten Generation und Erschließung von Reststoffpotenzialen;
  • Sicherstellung eines kosteneffizienten Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien durch Weiterentwicklung des EEG, Überprüfung des Boni-Systems und die Prüfung der Förderung von Offshore-Windenergieanlagen per Ausschreibung;
  • Sicherstellung einer stärker bedarfsgerechten Erzeugung und Nutzung der erneuerbaren Energien durch Weiterentwicklung der Eigenverbrauchsregelung im EEG zur Entlastung der Netze, Anpassung der Messzugangsverordnung (MessZV), um die Bedingungen für den deutschlandweiten Einsatz intelligenter Zähler zu schaffen, und Verbesserung der Bedingungen für das Lastmanagement;
  • Bessere Integration der erneuerbaren Energien in die Energieversorgung durch Prüfung einer Marktprämie zur Förderung der Eigenvermarktung von EE-Strom, Beschleunigung des Netzausbaus auf deutscher und europäischer Ebene einschl. des Nordseenetzes, Akzeptanzsteigerung für den Netzausbau, Ausbau der Speicherkapazitäten und Einbeziehung der erneuerbaren Energien in die Märkte für Ausgleichs- und Reserveenergie (insbes. Biogasanlagen).

3. Analyse

3.1. Sind die vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend, um die Ziele für 2020 zu erreichen?

Der Aktionsplan geht davon aus, dass Deutschland sein Ziel von 18 Prozent bis 2020 erreichen und – sofern zusätzlich Effizienzmaßnahmen verwirklicht werden – sogar um 1,6 Prozent übertreffen wird. Im Stromsektor werde der Anteil der EE dann 35 bis 38 Prozent betragen – je nach Erfolg bei der Effizienzsteigerung.

Während insbesondere im Bereich Wärme und Kälte Zweifel angezeigt sind, ob das bisher angekündigte Instrumentarium ausreichen wird, um die Ziele zu erreichen, kann die Erreichung des EE-Ziels im Strombereich als sehr wahrscheinlich eingestuft werden. Voraussetzung dafür ist, dass das EEG in seinen wichtigsten Grundzügen erhalten bleibt, d.h. weder der Vorrang noch die kostendeckende Vergütung abgeschafft wird, und die Begleitmaßnahmen im Bereich Netzausbau und Verbesserung der planungsrechtlichen Rahmenbedingungen wie geplant fortgeführt werden.

Seit der Einführung des EEG im Jahr 2000 hat sich die Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen mehr als verdoppelt, und eine Abschwächung der Dynamik ist zurzeit nicht zu erkennen (vgl. Abbildung 1). Bisher konnten die formulierten Ausbauziele jeweils vor dem gesetzten Zieljahr erreicht werden. Sollte es wider Erwarten zu einer Abschwächung kommen, bietet die regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Gesetzes zudem die Möglichkeit der Nachsteuerung. Von dieser Möglichkeit ist in der Vergangenheit bereits Gebrauch gemacht worden, etwa um die Installation von Offshore-Windenergieanlagen stärker anzureizen. Das Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2020 auf mindestens 30 Prozent und danach kontinuierlich weiter zu erhöhen, ist in § 1 Abs. 2 des EEG festgeschrieben.

Mehrere Studien bestätigen die Machbarkeit des von der Bundesregierung geplanten Ausbaupfads der EE im Stromsektor (Nitsch 2009, Kirchner und Matthes 2009). Branchenverbände gehen sogar davon aus, dass eine weit zügigere Entwicklung möglich ist und dass die erneuerbaren Energien 2020 bereits 47 Prozent des Stromverbrauchs decken können (BEE 2009). Eine Studie der Forschungsinstitute IER, RWI und ZEW prognostiziert dagegen für 2020 nur einen Anteil von 27 Prozent an erneuerbaren Energien (Fahl, Frondel, Löschel u.a. 2010). Im Vergleich zum oben dargestellten Leitszenario gehen die Autoren der Studie von einer etwas geringeren Zubaurate bei den erneuerbaren Energien aus. Entscheidend für die knappe Verfehlung des Ziels ist jedoch die Annahme zur Entwicklung des Stromverbrauchs: Während im Leitszenario von einem leichten Rückgang des Bruttostromverbrauchs im Vergleich zum Jahr 2007 ausgegangen wird, prognostiziert die Studie von IER, RWI und ZEW für den Zeitraum 2007 bis 2020 einen Anstieg um 6 Prozent. Dieser Vergleich unterstreicht, welche Bedeutung von Effizienz- und Stromeinsparmaßnahmen auch für die Erreichung der erneuerbaren-Energien-Ziele hat.

Mit Blick auf die Zielerreichung im Strombereich sind Engpässe am ehesten beim Netzausbau und beim Ausbau der Offshore-Windanlagen zu erwarten (zu Offshore siehe Abschnitt 3.2). Netzengpässe sind dabei nicht mehr nur auf der Hoch- und Höchstspannungsebene zu erwarten. Auch bei den Verteilernetzen auf der Niedrig- und Mittelspannungsebene zeigen sich regional erste Engpässe bei der Integration von PV-Anlagen, die hauptsächlich an diese Netzebene angeschlossen werden.

In der öffentlichen Debatte um das Energiekonzept der Bundesregierung wird außerdem diskutiert, wie sich die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre auf die Investitionen in EE auswirken wird. EE-Branchenverbände und Umweltverbände argumentieren, dass die Laufzeitenverlängerung die Macht der vier großen Energieversorger zementiere1 und Stadtwerke und andere kleinere Investoren abschrecke, in EE, KWK und effiziente Gaskraftwerke zu investieren. Eine weitere Sorge ist, dass der zunehmende Anteil volatiler Erzeugungskapazitäten, insbesondere in Zeiten geringer Last und starken Winds durch Atomkraftwerke nicht angemessen ausgeglichen werden kann, da eine schnelle Auf- und Abregelung technisch nur begrenzt möglich und zudem aus Sicht der Betreiber unwirtschaftlich ist. Mehrere Fälle, in denen sich kurzfristig negative Preise für überschüssigen Strom an der Strombörse in Leipzig gebildet hatten, unterstreichen die Bedeutung des Problems. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass der Ausbau der EE hauptsächlich durch das EEG vorangetrieben wird. Solange die Vorrang- und Vergütungsregeln erhalten bleiben, ist davon auszugehen, dass auch die Dynamik des Ausbaus grundsätzlich erhalten bleibt. Entscheidend ist dann, dass die sich daraus ergebenden Herausforderungen im Hinblick auf Netzintegration, Stromspeicherung und Ausgleichsenergie zügig angegangen werden. Wichtig ist hierbei auch, dass die Akzeptanz für das EEG in der Bevölkerung erhalten bleibt, auch wenn die EEG-Umlage ansteigt.

3.2. Ist die Aufteilung der Anteile zwischen den verschiedenen Quellen erneuerbarer Energien zur Erreichung des Ziels für 2020 angemessen und sinnvoll? Werden alle Quellen gleichbehandelt?

Das zentrale Instrument zum Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist das EEG, das 2009 novelliert wurde. Mit diesem Gesetz soll die Nutzung aller erneuerbaren Energien unterstützt werden. Die Höhe der Einspeisevergütungen wird für jede Sparte nach dem Prinzip der Kostendeckung individuell festgelegt. Somit werden grundsätzlich alle Quellen gleichbehandelt.

Laut Aktionsplan soll der Anteil der wichtigsten Quellen an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Jahr 2020 wie folgt betragen: Windenergie 48%, Biomasse 23%, Photovoltaik 19%, Wasserkraft 9%. Der stärkste Zubau erfolgt dabei bei der Wind- und der Solarenergie. Bei der Geothermie wird bis 2020 von einem erfolgreichen Einstieg in diese Technologie ausgegangen. Gezeiten-, Wellen- und sonstige Meeresenergie werden bis 2020 noch keinen nennenswerten Beitrag leisten.

Insgesamt erscheint die angestrebte Aufteilung zur Erreichung des nationalen Ziels für 2020 angemessen und sinnvoll. Am problematischsten dürfte der vorgesehene Anteil der Stromerzeugung aus Offshore-Windenergieanlagen sein. Wie der Aktionsplan selbst hervorhebt, setzt dies die erfolgreiche Installation und Inbetriebnahme der ersten Windparks sowie den rechtzeitigen Ausbau der entsprechenden Stromnetze und der Infrastruktur an der Küste voraus, was aus heutiger Sicht eine relativ optimistische Entwicklung darstelle (siehe auch Nitsch und Wenzel 2009). Ein Schwerpunkt des Sofortprogramms der Bundesregierung zur Umsetzung des Energiekonzepts liegt daher auf der verstärkten Förderung dieser Technologie.

3.3. Welche weiteren Maßnahmen wären notwendig, um die Transformation des Stromsektors hin zu einer vollständigen Erzeugung aus erneuerbaren Energien zu erreichen?

Wie in Abschnitt 2.3 dargestellt, kann von den im Aktionsplan für den Stromsektor benannten Instrumenten, insbesondere vom EEG, eine Wirkung über 2020 hinaus erwartet werden. Daneben werden im kürzlich verabschiedeten Energiekonzept weitere zentrale Handlungsfelder, z.B. die Integration der erneuerbaren Energien in das Stromnetz und der Ausbau der Offshore-Windenergie, durch weitere Maßnahmenvorschläge angegangen.

Insofern sind im Stromsektor nicht in erster Linie weitere Maßnahmen, sondern die Konkretisierung und zügige Umsetzung der bereits angedachten Maßnahmen notwendig. Hierbei gilt es auch zu klären, wie die weitere Entwicklung des konventionellen Kraftwerkparks gesteuert werden soll. So schweigt das Energiekonzept z.B. zu der Frage, ob und ggf. in welchem Umfang in Deutschland neue Kohle- und Gaskraftwerke benötigt werden. Angesichts der Tatsache, dass die Oppositionsfraktionen im Bundestag angekündigt haben, die geplante Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke im Fall eines Wahlsieges wieder rückgängig zu machen, stellt sich momentan beim konventionellen Kraftwerkspark stärker als bei den erneuerbaren-Energien-Anlagen die Frage der Planungssicherheit. Ein gutes Zusammenspiel zwischen den dynamisch wachsenden erneuerbaren- Energien-Anlagen und einem möglichst flexiblen konventionellem Kraftwerkspark ist jedoch für die Transformation der Stromerzeugung unerlässlich, so dass in diesem Punkt konsistente Rahmenbedingungen wünschenswert wären. Insgesamt zeigt sich an dieser Frage, dass zwischen Politik, Wirtschaft und Bevölkerung bisher keine Einigkeit über den richtigen Weg hin zu einer umweltverträglichen und sicheren Energieversorgung besteht. Bei der Bevölkerung zeigt sich zudem zunehmend Widerstand gegen alle Großprojekte, seien es Kraftwerksneubauten oder die Errichtung von Stromleitungen. Die unterstreicht die Bedeutung von Aufklärung und akzeptanzsteigernden Maßnahmen.

Neben der Förderung der erneuerbaren Energien ist für die Erreichung der langfristigen Ziele die Steigerung der Energieeffizienz und der Energieeinsparung von entscheidender Bedeutung, da die Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Quellen natürlich desto teurer und aufwendiger wird, je mehr Strom insgesamt bereitgestellt wird (SRU 2010). Da durch die Einführung von Elektrofahrzeugen voraussichtlich zusätzlicher Strombedarf im Verkehrssektor entstehen wird, muss in den anderen Sektoren der Strom wesentlich effizienter als heute eingesetzt werden, damit der Strombedarf insgesamt sinken kann oder zumindest auf gleichem Niveau gehalten werden kann. Der Aktionsplan enthält keine Angaben zur Energieeffizienz, sondern verweist auf das Energiekonzept und den für 2011 geplanten Aktionsplan für Energieeffizienz. Hier besteht jedoch noch weiterer Handlungsbedarf. Unter anderem sollten die folgenden Maßnahmen ergriffen werden:

  • Dynamische Anpassung der Effizienzstandards für Geräte;
  • Effektive Maßnahmen zur Verhinderung von Rebound-Effekten, z.B. Anstieg der Energiesteuern proportional zum Effizienzfortschritt;
  • Einführung wirksamer Instrumente zur Hebung der Energieeffizienzpotenziale in Unternehmen mit relevantem Energiekostenanteil;
  • Verbesserung der Effizienz bei der Nutzung der erneuerbaren Energien, insbesondere im Bereich Biomasse.

3.4. Könnten die Ziele für 2020 und das Ziel, den Strombedarf bis 2050 aus erneuerbaren Energien zu decken, leichter und kostengünstiger durch europäische Zusammenarbeit erreicht werden und wenn ja, durch welche Maßnahmen?

Nach Einschätzung mehrerer Studien (SRU 2010, UBA 2010, Barzantny, Achner und Vomberg 2009) wäre eine vollständige Selbstversorgung mit Strom aus heimischen erneuerbaren Energien in Deutschland möglich; es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass durch europäische Verbundlösungen die Sicherheit der Versorgung erhöht und die Kosten gesenkt werden könnten (SRU 2010, UBA 2010, Nitsch und Wenzel 2009, Saint-Drenan, v. Oehsen, Gerhardt et al. 2009, Schlesinger, Lindenberger und Lutz 2010). Ein Ausbau des europäischen Stromverbundes ermöglicht insbesondere den großräumigen europaweiten Ausgleich der fluktuierenden Einspeisung von Windenergie und Photovoltaik und reduziert so die Einspeisespitzen. Durch die damit einhergehende Verringerung des Bedarfs an Speicher- und Reservekraftleistung sinken die Gesamtkosten der Stromerzeugung. Der europäische Stromverbund bietet somit ein beträchtliches Optimierungspotential gegenüber nationalen Lösungen. Daher sind nationale Alleinversorgungslösungen jedenfalls mit Blick auf das Ziel für 2050 nicht zielführend (SRU 2010). Für das deutsche Ziel bis 2020 dürfte die europäische Zusammenarbeit dagegen noch keine wesentliche Erleichterung bringen. Auch entstehen durch den Ausbau der europäischen Netze zunächst zusätzliche Kosten, die sich aber längerfristig auszahlen werden (SRU 2010, Schlesinger, Lindenberger und Lutz 2010). Maßnahmen zur europäischen Zusammenarbeit müssen aber bereits vor 2020 zügig in die Wege geleitet werden, um das Ziel für 2050 zu erreichen (Brodersen und Nabe 2009, UBA 2010).

Als mögliche Maßnahmen zur europäischen Zusammenarbeit sind an erster Stelle Maßnahmen zum Ausbau der europäischen Verbundnetze zu nennen. So führt das Energiekonzept der Bundesregierung die Entwicklung gemeinsamer technischer Netzstandards, den verbesserten Zugang von Unternehmen zu Finanzierungsquellen, den Ausbau der Grenzkuppelstellen und die Intensivierung der Zusammenarbeit Deutschlands mit Frankreich und den BeNeLux-Staaten im Pentalateralen Energieforum, um Netzengpässe zu vermeiden, auf. Die beginnende Zusammenarbeit der Nordseeanrainer und Irlands im Rahmen der Nordsee-Offshore-Initiative sollte weiter entwickelt werden. Daneben besteht für Deutschland ein großes Potenzial in einer Kooperation insbesondere mit den skandinavischen Ländern, aber auch den Alpenländern, um die dort vorhandenen großen Pumpspeicherkapazitäten, insbesondere in Norwegen, zu nutzen (SRU 2010, UBA 2010, Bundesregierung 2010a). Ein noch größeres Potenzial, das jedoch ungleich schwerer zu realisieren ist, besteht im Aufbau einer Solarpartnerschaft der EU mit den Staaten Nordafrikas, etwa durch das Projekt „Desertec“ (Nitsch und Wenzel 2009, PWC 2010). Speziell hierfür sind in der EE-RL Erleichterungen für gemeinsame Projekte mit Drittstaaten vorgesehen worden. Die Debatten um dieses Projekt zeigen aber, dass es eine Kluft zwischen den Befürwortern der Nutzung heimischer erneuerbarer Energiequellen durch kleinräumige dezentrale Strukturen und jenen, die mittels „europäischer Großtechnik“ grünen Strom nach Deutschland importieren wollen, gibt (Werenfels und Westphal 2010). Beide Ansätze stellen aber nicht zwangsläufig einen Widerspruch dar, sondern können im Prinzip kombiniert werden (Nitsch und Wenzel 2009, UBA 2010, Brodersen und Nabe 2009, Werenfels und Westphal 2010).

Demgegenüber stand Deutschland Initiativen zur Harmonisierung der nationalen Fördersysteme bisher zurückhaltend gegenüber, wie die Diskussionen um die Einführung des Handels mit Grünstrom-Zertifikaten im Vorfeld der EE-RL gezeigt haben. Für die Zeit nach 2020 wird jedoch davon ausgegangen, dass es zunehmend darauf ankommen wird, an welchen Standorten und mit welchen Technologien in Europa Strom aus erneuerbaren Energien kostengünstig produziert werden kann. (Schlesinger, Lindenberger und Lutz 2010). Vor diesem Hintergrund signalisiert die Bundesregierung in der längerfristigen Perspektive des Energiekonzepts ihre Bereitschaft zu prüfen, inwieweit sich die Fördersysteme der Mitgliedstaaten weiter koordinieren und harmonisieren lassen.

4. Fazit

Die Maßnahmen des deutschen Aktionsplans für erneuerbare Energien Im Strombereich sind nicht allein auf die Erreichung des Ziels für 2020 ausgerichtet. Die Bundesregierung beabsichtigt vielmehr die erneuerbaren Energien solange zu fördern, bis sie mit den konventionellen Erzeugungsformen wettbewerbsfähig sind. Die Prognose für den Strombereich sieht für 2020 einen Anteil der erneuerbaren Energien von 35 bis 38 Prozent vor. Dies scheint aus heutiger Sicht erreichbar, sofern das EEG beibehalten und die Anstrengungen zum Ausbau der Stromnetze fortgeführt werden.

Neben dem Bekenntnis zur Weiterführung des EEG über 2020 hinaus enthält der Aktionsplan relativ wenige Maßnahmen mit langfristigem Horizont. Hintergrund ist, dass die Bundesregierung kurz nach der Veröffentlichung des Aktionsplans ein Strategiepapier zur Energieversorgung verabschiedet hat, das eben jene langfristigen Maßnahmen zum Schwerpunkt hat. Das Energiekonzept enthält das Ziel, Mitte des Jahrhunderts 80 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen zu versorgen, und skizziert verschiedene Maßnahmen, die zur Erreichung dieses Ziels umgesetzt werden sollen. Zentrale Handlungsfelder wie die Integration der erneuerbaren Energien in das Stromnetz und die Förderung von Offshore- Windenergieanlagen werden angegangen. Offen bleibt dagegen – und hier liegt die zentrale Schwäche des Konzepts – wie sich der konventionelle Kraftwerkspark angesichts der völlig neuen Anforderungen in einem Stromsystem mit mehrheitlich dezentraler und fluktuierender Erzeugung weiterentwickeln soll. Zudem sind wesentlich ehrgeizigere Maßnahmen zur Förderung der effizienten Nutzung von Strom und zur Stromeinsparung notwendig.

Das Potenzial der europäischen Zusammenarbeit wird im nationalen Aktionsplan erkannt, aber noch nicht ausgeschöpft. Maßnahmen zur Nutzung flexibler Kooperationsmechanismen werden bisher nur geprüft. Maßnahmen zum Auf- und Ausbau eines europäischen Netzverbundes und zur Kooperation mit Nachbarstaaten sind vor allem im Energiekonzept der Bundesregierung vorgesehen, aber noch recht allgemein gehalten. Insgesamt strebt der nationale Aktionsplan das Erreichen des nationalen Ziels für 2020 im Wesentlichen mit eigenen Mitteln an, während das Energiekonzept die europäische Zusammenarbeit als wichtigen Bestandteil zur Erreichung des Ziels für 2050 mit einbezieht. Langfristig wirkende Maßnahmen wie der Aufund Ausbau eines europäischen Netzverbundes müssen aber schnellstmöglich realisiert werden, um die erhoffte Wirkung bis 2050 zu erreichen.

5. Literaturverzeichnis

  • Barzantny, K.; Achner, S.; Vomberg, S. (2009): Klimaschutz: Plan B 2050. Energiekonzept für Deutschland. Studie von EU Tech im Auftrag von Greenpeace, Hamburg 2009.
  • Bundesregierung (2010): Nationaler Aktionsplan für erneuerbare Energie gemäß der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, 4. August 2010.
  • Bundesregierung (2010a): Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung, 28. September 2010.
  • Bundesregierung (2010b): 10-Punkte-Sofortprogramm, Monitoring und Zwischenbericht der Bundesregierung, 2010.
  • Bundesregierung (2010c): Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien), Stand: 20. Mai 2010.
  • BEE (2009): Ausbauprognose der Erneuerbare-Energien-Branche für Deutschland, Bundesverband Erneuerbare Energien 2009.
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