Hermesbürgschaft für brasilianisches Atomkraftwerk markiert Kehrtwende in deutscher Bürgschaftspolitik

Die geplante Bürgschaft für das brasilianische Atomkraftwerk Angra 3 hat am 27.1.2010 trotz hitziger Debatte den Haushaltsausschuss des Bundestages passiert.

Beim Thema Exportförderung wird damit die unter Rot-Grün 2001 vorgenommene Reform zurückgenommen: Bürgschaften für Atomkraftwerke in Entwicklungs- und Schwellenländern werden wieder möglich.

Wofür steht Schwarz-Gelb?

Damit bestätigt die schwarz-gelbe Regierung ihr atomfreundliches Gesicht: Nicht nur, dass sie die Atomkraft als Brückentechnologie verteidigt, jetzt ist sie sogar bereit, in Entwicklungs- und Schwellenländern mit der Exportförderung den Aufbau der Atomenergie zu unterstützen.

Areva/Siemens hatte sich bereits 2002 um eine Bürgschaft für Angra 3 bemüht. Schon damals sprachen viele gute Gründe - sicherheitspolitische wie ökologische und ökonomische -  gegen das Projekt. An den Rahmenbedingungen in Brasilien hat sich in der Zwischenzeit wenig geändert. In Angra soll immer noch eine veraltete Technologie aus den 80er Jahren an einem erdbebengefährdeten Standort in einem Land mit niedrigen Sicherheitsstandards und ohne unabhängige Atomaufsicht zum Einsatz kommen. Zudem gibt es für die Lagerung des Atommülls keinerlei angemessene Lösung.

Wer profitiert von dieser Entscheidung?

Mit seiner Entscheidung für die Bürgschaft ist der Haushaltsausschuss seiner Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern nicht nachgekommen und hat sich mehrheitlich mit oberflächlichen Angaben des Wirtschaftsministeriums abspeisen lassen.

Profitieren vom radikalen schwarz-gelben Kurswechsel werden vor allem Großkunden wie Siemens, die wieder auf Bürgschaften für Großprojekte aller Art in Schwellen- und Entwicklungsländern hoffen dürfen. Denn: Wenn ein Katastrophenprojekt wie Angra eine Bürgschaft bekommen kann, ist wieder alles möglich und Hermesbürgschaften werden zum Selbstbedienungsladen für Siemens und Konsorten. Wenn die Regierung so bedenkenlos Atomgefahren in alle Welt exportieren will, muss sie sich über massiven Widerstand aus der mehrheitlich atomkritischen Bevölkerung nicht wundern.

Areva NP (34 Prozent Siemens) hat kurz nach der Bundestagswahl einen Bürgschaftsantrag für Exporte zum Bau des brasilianischen Atomkraftwerks Angra 3 gestellt, den die Bundesregierung zum Anlass genommen hat, um das seit 2001 existierende Ausschlusskriterium für Atomexportbürgschaften abzuschaffen. Hermesbürgschaften werden Unternehmen gewährt, um diese in so genannten ‚schwierigen Märkten’, besonders Entwicklungs- und Schwellenländern, gegen die Zahlungsunfähigkeit lokaler Besteller abzusichern.

Dr. Barbara Happe und Regine Richter sind Referentinnen für Internationale Finanzinstitutionen bei urgewald

 
 
 

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